Bergbau in Europa
Bergbau und Rohstoffe in Europa
Europa blickt auf eine lange Bergbautradition zurück. Besonders gilt dies für den Südosten des Kontinents, der einst für die Versorgung der Hochkulturen des Nahen Ostens von Bedeutung war. So wurde in Bulgarien und Jugoslawien bereits im 4. Jahrtausend v.Chr. Kupfer abgebaut. Feuersteinbergwerke in Frankreich reichen bis 4.500 v. Chr. Zurück. Im Mittelalter boomte der Abbau von Silber, Kupfer, Eisen, Blei und Zinn.
Im Verhältnis zur Bevölkerungsdichte und zur wirtschaftlichen Aktivität gibt es in Europa weniger Rohstoffe als auf anderen Kontinenten. Dennoch finden sich gewaltige Vorkommen etwa an Schiefergas in Osteuropa und Großbritannien.
Im Bereich der Nordsee gibt es große Mengen Erdöl und Erdgas. Deutschland beherbergt große Vorräte an Stein- und Braunkohle. In der Ukraine gibt es große Vorkommen an Eisenerz und Manganerz.
In Skandinavien lagern Graphit und Seltene Erden, im Oberrheingraben und im Erzgebirge werden Lithium und andere kritische Mineralien vermutet. In Schweden und Finnland gibt es Goldvorkommen.
In Schweden lagern zudem rund 90 % der europäischen Eisenerzvorkommen. Außerdem gibt es große Vorkommen an Steinkohle in der Ukraine, Polen, Frankreich und Großbritannien. In Polen gibt es Silber und Kupfer, in Griechenland Bauxit.
In Russland – das geographisch zu Europa gehört, politisch derzeit aber isoliert scheint – gibt es große Vorkommen an Erdöl und Erdgas. Die Russische Föderation zählt darüber hinaus zu den wichtigsten Produzenten von Eisenerz, Nickel, Platin, Palladium und Naturdiamanten.
Tatsache ist trotz der Vorkommen: Bei vielen wichtigen Industrie- und Edelmetallen ist Europa auf Importe aus dem Ausland angewiesen.
Bergbau in Europa: Die Geologie
Europas vielfältige Geologie ist prägend für den alten Kontinent, dem in so vielerlei Hinsicht belebende Gegensätze nachgesagt werden. Das gebirgige Südeuropa trifft auf den flachen Norden, der teils unter dem Meeresspiegel liegt. Von den schottischen Highlands bis zu den hügeligen Ebenen Ungarns gibt es eine Vielzahl von Landschaftsbildern.
Prägend ist die Trennung zwischen Nord und Süd durch Pyrenäen, Alpen und Karpaten. Im Norden des Kontinents befindet sich der baltische Schild, der auf Granit, Schiefer und Gneisen fußt. Dieser Schild taucht nach Südosten unter die osteuropäische Tafel ab – dem von Sedimenten bedeckten Teil des Osteuropäischen Kratons.
Ökonomische Bedeutung des Bergbaus in Europa
Gemessen am Anteil am Bruttoinlandsprodukt kommt dem Bergbau in Europa nur eine Nebenrolle zu. Dies liegt vor allem am weitreichenden Rückzug aus dem Kohleberg- und Tagebau. Viele Rohstoffe besitzen jedoch eine geopolitische Komponente, die derzeit massiv an Bedeutung gewinnt. Dies gilt etwa für Seltene Erden und Batteriemetalle, aber auch für wichtige Basismetalle wie Kupfer. Europa versucht, seine Importabhängigkeit in diesen Bereichen zu verringern – durch eine Diversifikation der Importe, mehr Recycling, aber auch durch die Exploration eigener Vorkommen.
Europas Weltanteil an den Reserven verschiedener Metalle
Kupfer | Die weltweiten Kupferreserven von 890 Mio. t lagern zum Teil auch in Europa. Vor allem der Osten des Kontinents verfügt mit 92 Mio. t über größere bekannte Vorkommen (60 Mio. t in Russland und 30 Mio. t in Polen). |
Gold | 52.000 t umfassen die weltweiten bekannten Goldvorkommen. Relevant sind in Europa dabei vor allem die russischen Vorkommen von rund 6.800 t. |
Graphit | Auf 330 Mio. t werden die bekannten Vorkommen geschätzt. In Norwegen lagern 600.000 t, in Russland 14 Mio. t, in der Türkei 90 Mio. t. |
Eisenerz | Vor allem in Russland, der Ukraine und – mit deutlichem Abstand – in Schweden lagern Vorkommen. |
Lithium | Die weltweiten Vorkommen werden auf 98 Mio. t geschätzt. 3,2 Mio. t davon befinden sich in Deutschland, 1,3 Mio. t in Tschechien, 1.2 Mio. t in Serbien und 1 Mio. t in Russland. Auch in Spanien (320.000 t), Portugal (270.000 t), Finnland (68.000 t) und Österreich (60.000 t) gibt es Lagerstätten. |
Nickel | Die globalen Reserven betragen mehr als 100 Mio. t. 7,5 Mio. t davon lagern in Russland. |
Silber | Von den rund 550.000 t an bekannten Reserven entfallen 65.000 t auf Polen und 45.000 t auf Russland. |
Zinn | Weltweit gibt es 4,6 Mio. t an bekannten Reserven. 430.000 t davon lagern in Russland. |
Zink | 210 Mio. t umfassen die bekannten Reserven. 22 Mio. t davon entfallen auf Russland und 4 Mio. t auf Schweden. |
Europas Weltmarktanteil an der Minenproduktion verschiedener Metalle
Kupfer | Die weltweite Minenproduktion erreichte 2022 rund 22 Mio. t. Davon entfielen 1 Mio. t auf Russland und 390.000 t auf Polen. Bei der Raffinerieproduktion liegt der europäische Anteil etwas höher. |
Gold | Russland produzierte 2022 320 t Gold. |
Graphit | Weltweit wurden 2022 1,3 Mio. t. natürliches Graphit produziert, knapp 29.000 t davon in Deutschland, Österreich, Norwegen, der Ukraine und Russland. |
Eisenerz | Die weltweite Produktion lag 2022 bei 2,6 Mrd. t. 212 Mio. t davon entfielen auf größere europäische Produzenten. |
Lithium | Portugal steuerte 2022 immerhin 600 t zur weltweiten Lithiumproduktion (130.000 t) bei. |
Nickel | Die weltweite Minenproduktion lag 2022 bei 3,3 Mio. t 220.00 t davon stammten aus Russland. |
Zinn | 310.000 t wurden 2022 weltweit produziert. 2.700 t davon kamen aus Russland. |
Zink | 13 Mio. t wurden 2022 produziert. 520.000 t der weltweiten Minenproduktion stammten aus Russland und Schweden. |
Die größten Minen Europas
Auch wenn Europa global gesehen im Bergbaubereich eher in der zweiten Liga spielt, gibt es einige beeindruckende Minen mit wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung.
Aitik Mine (Boliden, Kupfer)
Die Aitik-Mine im schwedischen Norrbotten im Besitz von Boliden AB ist eine der größten Tagebauminen in Europa und produzierte im Jahr 2021 80.000 t Kupfer. Als Nebenprodukte werden in dem 3 km langen und 1,1 km breiten Tagebau Gold, Silber und Molybdän gewonnen. Betriebsbeginn war bereits 1968.
Kiruna Mine (LKAB, Eisenerz)
Die Kiruna Mine in der Provinz Norrbotten im schwedischen Lappland gehört zu den größten und modernsten Untertage-Minen weltweit. Im Jahr 2018 produzierte die Mine 26,9 Millionen Tonnen Eisenerz, das aus einem 4 km langen und 80-120 m dicken Erzkörper gewonnen wird.
Die Mine gehört Luossavaara-Kiirunavaara AB (LKAB), einem großen schwedischen Bergbauunternehmen. 2004 wurde klar, dass das Stadtzentrum von Kiruna aufgrund des Bergwerks verlegt werden muss. Dies soll nun schrittweise geschehen.
Lubin Mine (Kupfer, KGHM)
Lubin liegt rund 347 km südwestlich von Warschau und beherbergt eine der größten Kupfer- und Silberreserven in Polen mit geschätzten Reserven von 347 Millionen Tonnen Erz mit einem Gehalt von 1,26 % Kupfer und 58 g/Tonne Silber. Zuletzt wurden pro Jahr 92.000 Tonnen Kupfer und 423 Tonnen Silber gewonnen.
Der Status Quo der Handelsabkommen
Europa arbeitet an der Ratifizierung des CETA-Abkommens mit Kanada. Das umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada wurde ab 2009 verhandelt und am 30. Oktober 2016 vom Europäischen Rat, der EU-Kommission und der kanadischen Regierung unterzeichnet.
Zu diesem Zeitpunkt hatten bereits alle 28 europäischen Regierungen zugestimmt. 2017 traten Teile des Abkommens vorläufig in Kraft. Für das vollständige Inkrafttreten müssen jedoch die nationalen Parlamente noch zustimmen. Im Januar 2023 hatten 16 EU-Mitgliedstaaten sowie das Vereinigte Königreich CETA ratifiziert.
Langsame Fortschritte gibt es auch beim MERCOSUR Abkommen. Dabei handelt es sich um ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Nach fast 20-jähriger Verhandlungsdauer wurde im Juni 2019 eine Einigung über den Handelsteil erzielt. Das Abkommen befindet sich derzeit in der forma juristischen Prüfung. Sollte es zum Abschluss kommen, entstünde die weltweit größte Freihandelszone mit über 770 Millionen Einwohnern.
Mit den USA besteht nach dem Scheitern von TTIP kein Freihandelsabkommen.
Politische Entwicklungen
In der EU wachsen die Sorgen bzgl. geopolitischer und ökonomischer Risiken für die Sicherheit bei Rohstoffversorgung und Lieferketten. Die EU hat darauf mit dem EU Critical Raw Materials Acts geantwortet. Dieser sieht vor, die Abhängigkeit von Rohstoffimporten zu verringern. Dazu sollen Importe stärker diversifiziert und Vorräte angelegt werden. Außerdem soll der Anteil bei der Rohstoffförderung und Weiterverarbeitung innerhalb Europas gesteigert werden.
Ein Problem im Hinblick auf die Klassifizierung europäischer Rohstoffvorkommen besteht in gravierenden politischen Abgrenzungen innerhalb Europas. So entfallen große Teile der europäischen Rohstoffvorkommen auf Russland, das infolge des Ukrainekrieges als weitgehend politisch isoliert und als unsicherer Rohstoffpartner gilt.