Bericht: LME wegen Marktverzerrungen in der Kritik

Bericht: LME wegen Marktverzerrungen in der Kritik bigstockphoto

Die Nickel Chaostage lassen die Metallbörse London Metal Exchange (LME) nicht los. Nun konstatiert ein Bericht gravierende Mängel beim Monitoring des OTC Marktes und Instrumenten gegen Preisverzerrungen.

Das Beratungsunternehmen Oliver Wyman fordert von der LME eine Stärkung ihrer Regeln und Aufsichtsmechanismen zur Verhinderung kurzfristiger Marktverzerrungen. Die Studie beschäftigte sich mit dem chaotischen Nickelhandel im März und kam zu dem Schluss, dass es im Marktmodell der LME keine ausreichenden Instrumente gebe, die unkontrollierte Preisturbulenzen verhinderten. Dies berichtet die Financial Times.

LME Bericht: Börse wusste nichts von großen Nettopositionen

In dem Bericht finden sich  viele weitere Details zu den Nickel Chaostagen. Am 8. März hatte die LME den Handel mit Nickel ausgesetzt und zahlreiche Geschäfte storniert. Innerhalb von drei Handelstagen war der Nickelpreis um 270 % auf über 100.000 USD pro Tonne angestiegen.

Der Grund: Der chinesische Investor und weltgrößte Edelstahlproduzent Tsingshan hatte auf fallende Preise gewettet. In Folge des Kriegsausbruchs in der Ukraine erwies sich diese Position jedoch als problematisch. Der Short Squeeze in Verbindung mit einer generell hohen Nachfrage auf der Longseite führte direkt ins Chaos.

Laut dem Bericht tappte die LME sprichwörtlich im Dunkeln. Die Börse wusste demnach nichts von der Größe von zwei Shortpositionen in außerbörslichen Derivaten. Bei OTC Transaktionen werden Deals direkt zwischen zwei Parteien ausgehandelt. Eigentlich müsste die LME die Nettopositionen ihrer Mitglieder monitoren. Dies geschah laut dem Bericht jedoch "nicht routinemäßig". So war die Wahrscheinlichkeit, den Umfang außerbörslicher Positionen korrekt zu bemessen gering.

Der LME CEO Matthew Chamberlain räumte in einem Interview ein, dass in Kenntnis der im Bericht vorgelegten Daten am 7. März andere Entscheidungen möglich gewesen wären.

Mechanismen zum Management stärkerer Preisbewegungen mangelhaft

Doch das ist noch längst nicht alles. Der Bericht kommt auch zu dem Schluss, dass es große Mängel bei den Mechanismen der LME zum Management übergroßer Preisbewegungen gebe. So habe die Börse keine Limits, um den Handel für längere Zeit einzuschränken oder zu stoppen. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass "dort, wo Preiserhöhungen durch kurze Schließungen bei geringer Liquidität verursacht wurden, längere Handelsunterbrechungen am hilfreichsten gewesen wären."

Die Börse sieht sich umfangreichen Untersuchungen der Bank of England und der Financial Conduct Authority (FCA) gegenüber. Außerdem drohen gerichtliche Auseinandersetzungen. Der Hedgefonds Elliott Management sowie der Market Maker Jane Street verklagen das Handelshaus wegen stornierter Geschäfte auf insgesamt 470 Millionen USD.

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Marktteilnehmer zahlten Nachschussforderungen nicht

Wie gefährlich eine dysfunktionale Börse für Marktteilnehmer werden kann, zeigt ein Blick auf Details bei Clearing und Abwicklung. Demnach standen am 7. März offene außerbörsliche Nachschussforderungen im Volumen von 1,4 Milliarden USD zu Buche.

Dies entspricht mehr als dem Zehnfachen des sechsmonatigen Durchschnitts. Mindestens drei der zehn größten Halter von Shortpositionen waren demnach mit der Zahlung von Sicherheitsleistungen im Rückstand.

LME Clear, das Clearinghaus der Börse, hatte am 7. März um 13:30 Uhr Intraday Margin Calls für den Rest des Handelstages ausgesetzt. Der Grund: Nachschussforderungen im Umfang von 7,5 Milliarden USD. An jenem Tag war der Nickelpreis um 69 % gestiegen – mehr als dreimal so viel wie beim größten Preisanstieg aller Zeiten zuvor.

Die LME verwies auf bereits ergriffene Maßnahmen wie etwa die Einführung täglicher Preislimits und konsequentere Meldepflichten für außerbörsliche Positionen für alle physisch gelieferten Metalle. Der Bericht sei ein weiterer wichtiger Schritt zur Wiederherstellung des Vertrauens in den Nickelhandel an der LME, teilte die Börse mit. Nun werde ein Umsetzungsplan für die im Bericht enthaltenen Empfehlungen erstellt. Dieser Plan soll bis Ende März vorliegen.

Ob die Wiederherstellung des Vertrauens gelingt, bleibt offen. Das Handelsvolumen und Open Interest im Nickelkontrakt der LME ist deutlich zurückgegangen.

Das britische Unternehmen Global Commodities Holdings – zu den Anteilseignern gehören unter anderem Glencore (WKN: A1JAGV, ISIN: JE00B4T3BW64), Rio Tinto (WKN: 852147, ISIN: GB0007188757) und BHP (WKN: 850524, ISIN: AU000000BHP4) – will bereits im Februar eine Handelsplattform für physisches Nickel starten und damit eine Alternative zum LME Kontrakt schaffen.