Sprott sieht Geldpolitik in fiskalischer Geiselhaft
Der auf Rohstoffe spezialisierte Vermögensverwalter Sprott sieht in der Rallye an den Edelmetallmärkten einen globalen, strukturellen "Debasement-Trade" – also eine langfristige Bewegung von Anlegern hin zu realen Vermögenswerten als Reaktion auf die schleichende Entwertung von Papierwährungen durch Schulden, Defizite und expansive Geldpolitik.
In einem aktuellen Bericht heißt es zum starken Anstieg des Goldpreises in der ersten Oktoberhälfte: "Investoren erkannten zunehmend, dass die großen Industrieländer – darunter die USA, Europa und Japan – ihre Staatsverschuldung wohl kaum eindämmen, sondern ihre Haushaltsdefizite stattdessen auf noch höhere und besorgniserregendere Niveaus ausweiten würden." In dieser Zeit stieg der Preis pro Feinunze innerhalb von zwei Wochen von 3.860 USD auf 4.380 USD.
Industrienationen im Zustand fiskalischer Dominanz
Die Volkswirtschaften der Industrienationen befinden sich Sprott-Analyst Paul Wong zufolge zunehmend in einem "Zustand fiskalischer Dominanz": Eine Situation, in der die fiskalischen Bedürfnisse die Geldpolitik bestimmen und nicht umgekehrt. "Diese Verschiebung hin zu einer fiskalisch getriebenen Geldmengenausweitung hat mehr Investoren dazu veranlasst, in Sachwerte zu investieren, die nicht so leicht durch staatliche Maßnahmen entwertet werden können."
Wong sieht im laufenden Debasement-Trade ein längerfristiges Szenario. Dafür spreche nicht nur die fiskalische Dominanz als Hauptmotor des Wachstums und der Inflation. Auch ein "Feedback Loop" bei den Zinsausgaben der öffentlichen Hand verschärfe das Problem: "Höhere Zinssätze erhöhen die Schuldendienstbelastung des Staates, was wiederum die Defizite vergrößert und den Bedarf an fortgesetzter Geldschöpfung verstärkt."
Das prominenteste Beispiel dafür sind die USA: Laut dem US-Finanzministerium lag das Defizit im Haushaltsjahr 2025 (das im September endete) mit 1,78 Billionen USD nur geringfügig unter dem Vorjahreswert von 1,83 Billionen USD. Die Zinsausgaben erreichten 1,22 Billionen USD und damit den höchsten Wert aller Zeiten.
"Trennung zwischen monetärer und fiskalischer Autorität wird verwischt"
Um die Finanzierungskosten für die Schuldenlast zu drücken, setzen Regierungen Wong zufolge auf die Emission von Anleihen mit kürzerer Laufzeit. "Die Fed und das Finanzministerium arbeiten effektiv zusammen – die eine verknappt die Liquidität, die andere erhöht sie – wodurch die traditionelle Trennung zwischen monetärer und fiskalischer Autorität verwischt wird", warnt der Analyst.
Er sieht im Debasement nicht nur einen längerfristigen, sondern auch einen globalen Trend. Die USA, Europa, Japan und andere Industrieländer erlebten ähnlichen fiskalischen und geldpolitischen Druck. "Im Laufe der Zeit fließt das Kapital zunehmend in Gold, andere Edelmetalle und ausgewählte, an Sachwerte gekoppelte Aktien, da die Anleger nach Wertspeichern suchen, die weniger anfällig für monetäre Verwässerung sind." Dabei profitierten diese Anlagesegmente zum einen von den unattraktiven Renditen rein nominaler Assets und zum anderen von der neu geschaffenen Liquidität, die risikobehaftete Anlagen auch in einem wirtschaftlich schwachen Umfeld stützte.
Die Ursachen für Haushaltsdefizite und Währungsabwertung seien struktureller und nicht zyklischer Natur. Ohne grundlegende Änderungen in den fiskal- und geldpolitischen Trends dürfte sich der Debasement-Trade fortsetzen. Die US-Politik sei "faktisch darauf ausgerichtet, die Staatsausgaben hochzuhalten, um das nominale BIP schneller wachsen zu lassen als die Schuldenlast."
Debasement-Trade noch in einem frühen Stadium
Aus dieser Perspektive befinde sich der Debase-Trade noch in einem frühen Stadium eines längeren strukturellen Zyklus. Wong sieht die Goldrallye deshalb noch nicht am Ende. Er hält vorübergehende Korrekturen für wahrscheinlicher. "Überkaufte Phasen in einem säkularen Aufwärtstrend lösen sich typischerweise durch zeitlich begrenzte Korrekturen auf, wie beispielsweise im Zeitraum April bis August 2025." Während dieser Zyklen agierten Zentralbanken als Käufer.
Aufgrund des relativen Umfangs und der Preisunempfindlichkeit der Zentralbanknachfrage sei diese langfristig der Hauptanker des übergeordneten Goldpreistrends, wobei Investmentfonds und spekulative Kapitalflüsse die kurzfristige Volatilität bestimmten. Diese anhaltende Nachfrage des öffentlichen Sektors schaffe effektiv eine Art "Gold-Put der Zentralbanken" und trage dazu bei, Kursrückgänge zu begrenzen und den langfristigen Aufwärtstrend zu festigen.
Seit 2013 haben Zentralbanken Sprott zufolge netto kumulativ rund 264 Millionen Unzen (8.209 Tonnen) Gold gekauft und damit deutlich mehr als ETFs mit etwa 15 Millionen Unzen (467 Tonnen) im gleichen Zeitraum.

