Rohstoffe: China greift nach Lateinamerika
Chinas Einfluss in Lateinamerika wächst seit der Jahrtausendwende parallel zum Aufstieg der Volksrepublik zur Supermacht. Das Reich der Mitte ist längst größter Handelspartner der Region – und weitet seine Präsenz auf allen Ebenen aus.
USA sorgen sich um Pekings Einfluss in Lateinamerika
In den USA machen sich deshalb Sorgen breit. Peking könnte seiner immer engeren Beziehungen nutzen, um eigene geopolitische Ziele durchzusetzen – etwa die Isolation Taiwans. Außerdem wird befürchtet, dass China Regierungen in Ländern wie Kuba oder Venezuela den Rücken stärken könnte.
Erst vor wenigen Tagen bekannt geworden, dass Peking eine neue militärische Übungseinrichtung in Kuba plant. US-Präsident Joe Biden hat bislang nicht viel mehr geschafft, als Lateinamerika eine stärkere wirtschaftliche Zusammenarbeit zu versprechen – geschehen ist wenig.
Biden rief die Initiative "Build Back Better World (B3W)" mit der G7 ins Leben. Die Initiative zielt darauf ab, Chinas Expansion durch den Ausbau der Infrastruktur in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, darunter auch in Lateinamerika, entgegenzuwirken. Mehr als 6 Mrd. USD stellte die US-Regierung für das Projekt zunächst jedoch nicht bereit.
Ein Blick auf die Dynamik der letzten 20 Jahre zeigt, dass Washington das Rennen gegen den "strategischen Konkurrenten" China in Lateinamerika verlieren könnte. Noch im Jahr 2000 wurden weniger 2 % der Exporte der Region nach China exportiert. Bereits 2010 war das Exportvolumen auf 80 Milliarden USD, 2021 bereits auf 450 Milliarden USD angewachsen.
China kauft in großem Stil lateinamerikanische Rohstoffe
Auf der Liste der Exportgüter stehen viele Rohstoffe wie Kupfer und Öl. Im Gegenzug liefert China Fertigprodukte mit höherer Wertschöpfung. In diesem Jahr traten Freihandelsabkommen zwischen China und Chile, Costa Rica, Ecuador und Peru in Kraft. Mit Uruguay laufen Gespräche über ein Freihandelsabkommen. 21 lateinamerikanische Länder haben sich bisher der chinesischen Belt and Road Initiative (BRI) angeschlossen.
Der wachsende Einfluss Pekings wird nicht nur im Handel deutlich. Die Volksrepublik steht mit Direktinvestitionen und Krediten parat. Im Jahr 2022 beliefen sich die chinesischen Direktinvestitionen in Lateinamerika und der Karibik auf rund 12 Milliarden USD, was rund 9 % der Direktinvestitionen in der gesamten Region entsprach.
Die staatliche China Development Bank und die Export-Import Bank of China sind mittlerweile entscheidende Kreditgeber Lateinamerikas. Zwischen 2005 und 2020 wurden Darlehen über 137 Milliarden USD an Regierungen vergeben – oft im Tausch gegen Rohstoffe. 60 Milliarden davon entfallen auf Venezuela.
Energie, Kupfer, Lithium
Zwischen 2000 und 2018 investierte China 73 Milliarden US-Dollar in den lateinamerikanischen Rohstoffsektor, unter anderem durch den Bau von Raffinerien und Verarbeitungsanlagen in Ländern mit großen Vorkommen an Kohle, Kupfer, Erdgas, Öl und Uran.
Seit einigen Jahren steht auch Lithium auf dem Programm: Chinesische Unternehmen sind insbesondere in Argentinien, Bolivien und Chile aktiv – den drei Ländern des "Lithiumdreiecks", in dem etwa die Hälfte der weltweiten Vorkommen des begehrten Batteriemetalls vermutet werden.
In Bolivien erklärte Präsident Luis Arce im Januar den "Beginn der Ära der Industrialisierung des bolivianischen Lithiums". Anlass war die Unterzeichnung eines Abkommens mit dem chinesischen Konsortium CBC über die Entwicklung von zwei Industriekomplexen zur Gewinnung des Rohstoffs.
Der chilenische Botschafter Mauricio Hurtado wurde kürzlich in der regierungsnahen chinesischen "Global Times" mit lobenden Worten über die Belt and Road Initiative zitiert. Der Botschafter betonte das große Potenzial für den weiteren Ausbau der bilateralen Zusammenarbeit – obgleich die chilenischen Exporte nach China im Jahr 2022 bereits 38,11 Milliarden US-Dollar erreichten, was 38,9 Prozent der gesamten Exporte des Landes entsprach.