Kolumne von Hannes Zipfel

Aktien, Anleihen, Gold – kauft die EZB bald alles?

Die EZB ist immer wieder für eine Überraschung gut. Zuletzt beglückte Yves Mersch, EZB-Direktor aus Luxemburg, die Finanzwelt mit der Ankündigung, dass die Europäische Zentralbank neben ABS-Papieren und Covered Bonds auch Staatsanleihen, Aktien, ETFs und, man höre und staune, auch Gold zu kaufen gedenkt. Aus der Ankündigung könnte sehr schnell Realität werden, wenn man dem Vizepräsidenten Vítor Constâncio glauben darf.

Merkwürdige Vorstellung von Geldwertstabilität

Mit allen Mitteln werde die Europäische Zentralbank verhindern, dass die Inflation in Europa auf Dauer zu niedrig bleibe. Das stellte EZB-Präsident Mario Draghi jüngst bei einer Rede vor Bankern in Frankfurt klar. Schließlich sei dies das Mandat der EZB und dies bestehe einzig und allein in der Wahrung der Geldwertstabilität. Doch die Herren Notenbanker verstehen darunter etwas völlig anderes, als es einem der gesunde Menschenverstand vorgaukelt. Steigen darf die Kaufkraft des Geldes nämlich nicht! Sie hat gefälligst um mindestens zwei Prozent pro Jahr zu fallen, nur dann ist nach Meinung der Zentralbanker der Geldwert stabil.

Da die Statistiken für November aber nur eine Geldentwertung von 0,3% für die Gemeinschaftswährung Euro offenbarten, ist das Abendland in höchster Gefahr. Die böse Deflation droht die europäische Wirtschaft in den Abgrund zu reißen. Dass die Überschuldung Grund für die Lähmung der Wirtschaft ist, ist dann wohl doch zu weit hergeholt. Fakt ist aber, dass hohe Staatsschulden auf Dauer nur dann erträglich sind, wenn die Inflation beim Tilgen hilft.

Und so werden wir es am kommenden Donnerstag erleben, dass die EZB weitere Maßnahmen ankündigt, um den Wert des Euro sowohl gegenüber anderen Währungen als auch gegenüber Waren und Dienstleistungen weiter zu drücken.

Indien gibt wieder Gas

Gerade einmal sechs Monate ist es her, dass in der größten Demokratie der Welt, in Indien, eine neue Regierung gewählt wurde. Mit großen Erwartungen wählten die Inder den politischen Newcomer und Rechtsaußen Narendra Modi und seine hindunationalistische BJP zu ihren neuen Interessenvertretern. Vor allem die indische Goldindustrie hatte den bekennenden Gold-Fan Modi finanziell im Wahlkampf unterstützt. Nun, sechs Monate später, löst die neue Regierung in Mumbai ihr Versprechen ein und schafft die verhassten Goldimportbeschränkungen, die zum Einbruch der Goldimporte im Jahr 2013 geführt hatten, wieder ab. Bereits seit einigen Monaten hatten sich die Importzahlen schleichend erholt, mit Duldung der neuen Machthaber.

Indische Goldimporte 01

Quelle: The World Gold Council | Grafik: GoldSilberShop.de GmbH

In den kommenden Monaten dürften sich die Importzahlen wieder auf den Stand vor den Restriktionen Anfang 2013 erholen und Indien wieder zum Importweltmeister des glänzenden Edelmetalls aufsteigen lassen und damit China wieder auf den zweiten Platz verweisen.

Schweizer Referendum bereits abgehakt

Die Tatsache, dass der Goldpreis trotz deutlicher Ablehnung des Referendums der Initiative "Rettet unser Schweizer Gold" am Montag danach höher notierte ist ebenfalls vor dem Hintergrund der Entwicklungen in Indien zu sehen. Dazu ist eine einfache Rechnung hilfreich. Die Schweizer Nationalbank hätte bei Annahme des Plebiszits ca. 1.800 Tonnen Gold in den nächsten fünf Jahren kaufen, also am Markt absorbieren müssen. Demgegenüber wiegt die Abschaffung der Importbeschränkungen in Indien auf der Nachfrageseite deutlich schwerer. Bedingt durch die Handelshemnisse wurden von Juni 2013 bis Mai 2014 lediglich 384 Tonnen Gold importiert.

Ohne die Einfuhrbeschränkungen lagen die Einfuhren noch im Mai 2013 bei 161 Tonnen. Aktuell liegen sie bereits wieder bei über 100 Tonnen pro Monat. Annualisiert kann man sehr konservativ gerechnet von Mehrimporten Indiens in der vergleichbaren Zwölfmonatsperiode ohne Importbeschränkungen von einem Mehrimport von 816 Tonnen ausgehen. Auf fünf Jahre gerechnet bedeutet die Einstellung der Imoprthemnisse also eine Mehrnachfrage nach Gold von mehr als 4.000 Tonnen Gold und damit doppelt so viel wie der Effekt, den eine Annahme der Schweizer Goldinitiative im Idealfall, also bei echter physischer Nachfrage bedeutet hätte.

Für Goldinvestoren ist es also ein lauter Weckruf, der uns in diesen Tagen von dem Subkontinenten erreicht und er lautet: Die Goldnachfrage steigt!