Rohstoffe: Zugreifen, bevor die Stimmung wieder gut wird!

Rohstoffe: Zugreifen, bevor die Stimmung wieder gut wird!

Wann soll man Aktien kaufen? Die Frage ist sicherlich so alt wie die Börse selbst und immer noch höchst umstritten. Es gibt verschiedene Ansätze mit unterschiedlichen Risiko- und Chancenstrukturen, manche bewegen sich mit dem Trend, sind damit risikoloser aber weniger lukrativ, andere arbeiten gegen den Trend und versuchen möglichst früh in einem Markt präsent zu sein, der nach oben dreht, für den die Stimmung aber noch nicht gut ist – das sind die Contrarians.

"Im Aufwind, aber keine gute Stimmung", ist ein Fazit, das derzeit zu 100 Prozent auf die Rohstoffmärkte zutrifft. Die Baisse im Sektor hat tiefe Spuren hinterlassen, doch die Situation bessert sich. "Der Minensektor hat viele Veränderungen zum Guten hin erlebt. Dieser Prozess ist aber noch nicht abgeschlossen", sagt Evy Hambro, Rohstoffexperte beim Fondsgiganten Blackrock, zur Branche im Interview mit "Das Investment". Doch Phasen der Unsicherheit, wie man sie derzeit im Rohstoffsektor sehe, seien Phasen, in denen Wertzuwachs entstehen könne. Sein Fazit ist typisch antizyklisch: "Wer wartet, bis die Stimmung am Markt durchweg optimistisch ist, könnte also Chancen verpassen", so Hambro.

Rohstoffbranche auf Erholungskurs

In der Tat befindet sich der Rohstoffsektor längst wieder auf dem aufsteigenden Ast. Nach der Krise und reichlich Kritik haben die Chefetagen der Bergbaunternehmen begonnen, ihre Hausaufgaben zu machen. Nachdem lange Zeit Akquisitionen in Massen getätigt wurden, um zu wachsen, sind nun Kostenkontrolle, Cashflow und Rentabilität wesentlich wichtigere Steuerfaktoren für die Manager geworden – der Druck des Kapitalmarktes auf die Unternehmenslenker wirkt also endlich. Hinzu kommt das Marktumfeld, das von steigenden Kosten und schwierigeren Explorationen neuer Vorkommen geprägt ist und die Gesellschaften ebenfalls zum Umdenken zwingt.

Mit dem Geleisteten allein ist Hambro aber nicht zufrieden. Der Finanzexperte fordert von der Branche nun ein, die verbesserte Ertragslage auch an die Anteilseigner weiterzugeben, indem man höhere Dividenden zahlt und Aktienrückkäufe tätigt.

Industrierohstoffe im Blickpunkt

Derweil verbessert sich das fundamentale Umfeld, in dem sich die Rohstoffbranche bewegt, spürbar. Es waren Enttäuschungen über die Entwicklung der chinesischen Konjunktur, die neben anderen Faktoren eine wesentliche Rolle in der Entstehung der Rohstoffbaisse spielten. Doch in China tut sich was, die Einkaufsmanagerindizes – wichtige konjunkturelle Frühindikatoren – liegen längst wieder über der 50-Punkte-Grenze, die Wachstum andeutet. Zuletzt schwächelte die Dynamik zwar etwas, aber die chinesische Regierung dürfte mit Argusaugen darüber wachen, dass es nicht erneut zu einer Wachstumsdelle kommt. Zu groß wären die negativen sozialen Folgen, die es zu bewältigen gilt, wenn das Wachstumsziel deutlicher verpasst wird.

Die Konjunktur stimulierenden Maßnahmen Pekings finden sich in der Nachfrage nach Rohstoffen wieder, insbesondere bei den Industrierohstoffen. China ist weltweit der größte Verbraucher von Bodenschätzen. Angesichts der wieder besser laufenden Wirtschaft ist es kein Wunder, dass sich das Nachfrageverhalten insgesamt stabilisiert hat. Die Lagerbestände, die lange Zeit stark auf den Preisen vieler Rohstoffe lasteten, sind zurück gegangen, bemerkt Blackrock-Experte Hambro. Zugleich sei das Wachstum beim Angebot schwächer geworden. Das ist ein Umfeld, in dem sich die Preise erholen können, was auch den Aktienkursen im Sektor gut tun sollte.

Kupfer und Gold im Blickpunkt

Für Hambro ist unter den konjunktursensitiven Rohstoffen vor allem Kupfer ein großes Thema. Nach einem schwachen Jahresauftakt 2014 konnte sich der Kupferpreis im Jahresverlauf zwar erholen, tendierte zuletzt aber wieder schwächer. Insgesamt aber tut sich wenig am Markt für das Metall, das unter anderem in der Elektroindustrie eine wichtige Rolle spielt. Hambro erwartet Verschiebungen beim Kupferangebot, denn bei dem Rohstoff gibt es nicht gerade eine volle Projektpipeline, die das zukünftige Angebot sicherstellen wird. Die Explorations- und Entwicklungskosten steigen, zugleich nimmt der Metallgehalt in den Vorkommen ab – das macht die Rentabilität der Projekte schwierig und belastet zukünftige Kupferangebote am Markt. "Auch andere Industriemetalle wie Zink und Nickel nehmen zurzeit einen höheren Stellenwert in unseren Portfolios ein", so Hambro im Interview mit "Das Investment".

Bei der Entwicklung des Goldpreises sieht Hambro Gegenwind, denn an der Börse richtet man sich auf ein Ende der quantitativen Lockerungspolitik seitens der US-Notenbank ein. Insgesamt ist davon auszugehen, dass die Zinsen wieder steigen, was für den Goldpreis steigende Konkurrenz von Seiten der Anleihen bedeutet. Auch ein im Zusammenhang mit der Normalisierung der Geldpolitik wieder stärker werdender Dollar könnte den Goldpreis belasten und Kurspotenziale im Goldsektor begrenzen.