Rohstoffhändler horten Kupfer

Rohstoffhändler horten Kupfer

An den Rohstoffbörsen ist bezüglich Kupfer derzeit ein seltsames Phänomen zu beobachten. Schaut man auf die offiziellen Lagerbestände, beispielsweise an der London-Metal-Exchange (LME), so sind die Lagerbestände nahe dem vor kurzem markierten 5-Jahres-Hoch. Benötigt man jedoch kurzfristig Kupfer, so ist eine physische Lieferung nur unter großen Anstrengungen und/oder mit langen Wartezeiten möglich. Was steckt dahinter?

Derzeit gibt es ein Überangebot an Kupfer, industrielle Verbraucher sorgen sich jedoch, dass es schwierig werden könnte, an Kupfer zu kommen, sollte die Nachfrage plötzlich steigen oder die Produktion in den Minen unterbrochen werden. Schon jetzt beträgt die Wartezeit auf das Metall teilweise bis zu 25 Wochen.

Die beiden weltgrößten Rohstoffhändler, die schweizerische Glencore und deren niederländischer Konkurrent Trafigura, haben ihre großen Lagerstätten in New Orleans und Johor (Malaysia) bzw. in Antwerpen. Händler und Analysten haben in diesen Häfen – wo das Metall traditionell selten zu finden ist – deutlich höhere Kupferlieferungen entdeckt.

Das Kupfer wird dort in der Regel in Hallen gelagert, bis es gegen Terminkontrakte der Börse an Abnehmer geliefert wird. Die Betreiber kassieren hohe Gebühren nicht nur für die Lagerung, sondern auch dafür, wenn das Metall bewegt werden soll. Während der Kupferpreis derzeit mit ca. unter 7.100 Dollar je Tonne nahe dem 12-Monats-Tief liegt, stiegen die Gebühren in den letzten Monaten sowohl in den USA als auch in Europa in die Höhe.

Kupfer wird vor allem in der Bau- und Elektroindustrie eingesetzt, wird aber beispielsweise auch stark von Automobilherstellern und Zulieferern nachgefragt. Bei der Kupfernachfrage wird der Markt klar von China dominiert, wobei China zur Zeit etwa 40% der weltweiten Kupferproduktion verschlingt. Aber auch die USA, die weitere 10% der Kupferproduktion abnehmen, bewegen mit ihrer Nachfrage den Kurs. Die zuletzt schwachen Konjunkturdaten aus China waren deshalb auch verantwortlich für die in den letzten 12 Monaten sinkenden Kupferpreise und steigenden Lagerbestände.

Warum investieren die großen Rohstoffhändler gerade jetzt in Kupfer? Nun, augenscheinlich lässt sich mit dem roten Metall gutes Geld verdienen und scheinbar sind die beiden Konzerne davon überzeugt, dass in näherer Zukunft wieder mit höheren Kupferpreisen zu rechnen ist. Anscheinend sind Trafigura und Glencore sogar bereit, einen Aufschlag gegenüber den LME-Preis zu zahlen, damit physischen Kupferlieferungen in ihre eigenen Lager wandern. Von Rohstoffanalysten und Händlern werden hier Aufschläge von bis zu 120 USD/t genannt, damit die Kupferkathoden in den malaysischen Lagerhallen von Glencore landen, deutlich mehr, als es etwa in China und dem restlichen Asien bezahlt wird.

Durch diese Maßnahme, die zwar legal ist, aber von vielen Marktteilnehmern nicht als besonders "fair" empfunden wird, wird das Angebot zur kurzfristigen Lieferung quasi künstlich vom Markt genommen und verschafft Glencore und Trafigura eine entsprechende Position, um die Preise zu "diktieren".

Dieses Vorgehen ist nicht neu, wird jedoch trotzdem von den Unternehmen, die in ihrer Produktion dringend auf den Rohstoff Kupfer angewiesen sind, als extrem beunruhigend empfunden. Glencore hat sich schon während der Weltfinanzkrise 2008/2009, als der "offizielle" Kupferpreis kurzfristig von ca. 3,50 USD/lbs auf 1,30 USD/lbs einbracht ähnlich verhalten, auch damals war es für die Unternehmen schwierig, kurzfristig Kupfer geliefert zu bekommen. In dem nachfolgenden Aufschwung ab Mitte 2009 dürfte die Auflösung der Lagerpositionen für Glencore extrem lukrativ gewesen sein.

In diesem Jahr rechnen die Analysten mit einem Anstieg der Kupfernachfrage von ca. 3 – 3,5% gegenüber 2012. Die Produktion dürfte in etwa mit diesem Anstieg mithalten, sofern nicht weitere, unvorhergesehene Produktionsausfälle wie zuletzt auf der Grasberg-Mine auftreten.

Ob und wie weit sich Glencore und Trafigura mit ihren Forderungen nach höheren Kupferpreisen durchsetzen können, wird neben der wirtschaftlichen Entwicklung in China auch davon abhängen, wie viel Kupfer die industriellen Abnehmer noch in ihren eigenen Lagern haben. Durch die Tendenz, die eigenen Lagerbestände in den Industrieunternehmen zugunsten einer entsprechend höheren Liquidität möglichst gering zu halten, stehen die Chancen für Trafigura und Glencore wohl aber nicht schlecht…

Ihr Manuel Giesen