Northvolt-Pleite: Europas Batteriekrise als Chance für heimische Wertschöpfungsketten

Northvolt-Pleite: Europas Batteriekrise als Chance für heimische Wertschöpfungsketten picture alliance/dpa / Marcus Brandt

"Die Ergebnisse zeigen Ähnlichkeiten mit Voisey’s Bay", sagt Kuniko CEO Anthony Beckmand. Er spielt damit auf eines der bedeutendsten Nickelvorkommen Kanadas an, gelegen an der Westküste in Labrador.

Die Geologen des australischen Explorationsunternehmens Kuniko sehen beim Ringerike-Projekt in Mittel-Südnorwegen die geologischen Ähnlichkeiten zu der Lagerstätte auf der anderen Seite des Atlantiks, nach denen gesucht wurde: Magmatische Ni-Cu-Sulfid-Lagerstätten.

Kuniko exploriert Nickel, Kupfer und Kobalt in Norwegen

Ringerike beinhaltet einige sehr vielversprechende mafische Intrusionen mit dem Potential für größere orthomagmatische Ni-Cu-Co Vorkommen. Auf dem insgesamt 405 km² großen Lizenzgebiet eine Autostunde von Norwegens Hauptstadt Oslo entfernt befinden sich den Geologen zufolge wichtige Intrusionen und Trends dargestellt, die für Nickelmineralisierungen in Frage kommen.

Kupfer, Nickel, Kobalt: Im Fokus der Explorationsanstrengungen von Kuniko stehen Metalle, die für die Energiewende im Allgemeinen und europäische Batterie-Lieferketten im Speziellen unverzichtbar sind.

Gerade die europäische Batterieindustrie musste zuletzt einige herbe Rückschläge hinnehmen. Ein solcher Rückschlag war die jüngst erklärte Insolvenz des Batterieherstellers Northvolt. Doch die Probleme begannen viel früher. Seit 2018 wurden in Europa bis zur ersten Hälfte des Jahres 2024 zehn geplante Batteriefabriken gecancelt.

Häufig wird dies mit einer schwächer als geplant wachsenden Nachfrage nach Elektroautos begründet. Doch diese These zielt am Kern des Problems vorbei, wie Daten des Researchunternehmens S&P Global zeigen. Zwar rechnet auch S&P Global mit einem geringeren europäischen Batteriebedarf im Jahr 2028: 1852 GWh werden es den Analysten zufolge dann sein. Vor gut einem Jahr ging die Prognose noch von 2.382 GWh aus.

Dennoch wächst die Nachfrage dynamisch. Das Wachstum und die Probleme beim Aufbau von Batteriefabriken deuten laut S&P Global Commodity Insights auf eine prognostizierte Unterversorgung von 72 % allein für die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen hin. "Da die inländische Produktion fast drei Viertel der Nachfrage nicht decken kann, wird Europa weiterhin stark auf Importe angewiesen sein".

Batteriefabriken: Europa drohen 72 % Unterversorgung

Genau diese Importabhängigkeit aber will die EU verringern. Die wohl bekannteste gesetzliche Maßnahme dazu bildet der Critical Raw Materials Act (CRMA). Dieser definiert Benchmarks für die Rohstoffgewinnung- und Verarbeitung in der EU. 40 % der Verarbeitung, 25 % des Recyclings und 10 % des Bergbaus sollen so unabhängig von Lieferungen aus Drittländern zur Verfügung stehen.

Doch neben der Verarbeitung (zu Batterien) steht auch das Recycling von Batteriemetallen in Europa zunehmend unter Druck. BASF etwa legte im Sommer ein geplantes Projekt am Standort Tarragona in Spanien auf Eis. Der Autohersteller Stellantis und der französische Energiekonzern Orano verabschiedeten sich von einem geplanten Joint Venture.

Dennoch besteht weiterhin Hoffnung auf europäische Batterie-Lieferketten. Denn: Die Probleme sind im Wesentlichen hausgemacht und damit – den entsprechenden politischen Willen vorausgesetzt – behebbar.

S&P Global sieht "inkonsistente staatliche Unterstützung und regulatorische Rahmenbedingungen" als wesentliche Ursache für die europäische Batteriemisere an. "Zahlreiche Insolvenzen neuer Batteriehersteller vor Fertigstellung der Fabriken unterstreichen die Notwendigkeit starker Investitionen und klarer Vorschriften zur Unterstützung der Batterieversorgungskette", mahnen die Analysten an.

Der Inflation Reduction Act in den USA hat die europäischen Probleme verschärft. Dieser sieht klare Vorschriften und Unterstützungsmechanismen vor und lockt Batteriehersteller damit zur Verlagerung der Produktion.

Auch die europäische Rohstoffgewinnung leidet S&P Global zufolge vor allem unter Rahmenbedingungen, die sich durch beherztes gesetzgeberisches Eingreifen ändern ließen. Zu den "Herausforderungen" zählen Analysten nur im Hinblick auf Kupfer und Kobalt "begrenzte Vorkommen". Bei Graphit sei der Umgang mit Prozessabfällen und Umweltauswirkungen ein Problem, bei Lithium der Widerstand der Anwohner.

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Zu wenige Mittel für kritische Mineralien führen zu Transparenzmangel

Nicht zuletzt im Bereich des Rohstoffabbaus fehlt es den Analysten zufolge an staatlicher Unterstützung. "Es gibt keine neuen Mittel für kritische Mineralien, die die ehrgeizigen Ziele (des CRMA, Anm. d. Red.) unterstützen. Die begrenzte Verfügbarkeit dieser Materialien in Europa schafft Schwachstellen in der Lieferkette und mangelnde Transparenz für diejenigen, die investieren möchten".

Diese Sichtweite bestätigt auch Kuniko CEO Beckmand. Die Vision des Unternehmens bestehe in einer Lieferkette "von der Mine bis zur Batterie". Diese Lieferkette soll nicht nur ohne geopolitische Risiken auskommen, sondern auch im Hinblick auf ESG-Kriterien handfeste Vorteile bieten. Dazu trägt die CO2-arme Stromerzeugung des Landes ebenso bei wie geringer Transportbedarf. Auch umweltfreundliche Prozessmethoden wie hydrometallurgische Laugung werden auf ihre Eignung für das Projekt hin geprüft.

Auf Teilen des Lizenzgebiets ist die Exploration schon weit vorangeschritten. Das Ertelien Ni-Cu-Co-Projekt verfügt seit April über eine Mineralressourcenschätzung (MRE) nach JORC 2012 Standard.

Die MRE skizziert eine Gesamtressource von 23,3 Mio. t abgeleiteter Ressourcen mit 0,31 % NiEq (0,21 % Ni, 0,16 % Cu und 0,014 % Co) darunter 49,7 kt Nickel, 37 ,3 kt Kupfer und 3,3 kt Kobalt, einschließlich hochwertiger Sulfidressourcen von 4,59 Mio. t mit 0,64 % NiÄq und disseminierter Sulfidressourcen von 18,68 Mio. t mit 0,22 % NiÄq. 17 Mio. t der Gesamtressourcen befinden sich in einer Tiefe von bis zu 250 m unter der Oberfläche und sind damit potenziell für einen Tagebaubetrieb geeignet.

"Von der Mine bis zu Batterie": Kuniko kann Investoren überzeugen

Investoren jedenfalls scheinen trotz der Schwierigkeiten auf dem europäischen Batteriemarkt von Kuniko überzeugt. Zu den wichtigsten Investoren des an der Börse derzeit mit gut 12 Mio. EUR bewerteten Unternehmens zählt seit 2023 Stellantis.

Der Autobauer erwarb 19,4 % der Anteile an dem Explorer und sicherte sich über ein Offtake-Agreement zusätzlich 35 % des Nickelsulfats und Kobaltsulfats aus Kunikos Explorationsprojekten in Norwegen für einen Zeitraum von neun Jahren. 15,9 % der Anteile hält Vulcan Energy Resources. Durch diese beiden Investoren ist Kuniko in Kombination mit den Projekteigenschaften die begehrte "vertikale Integration" in die Batteriewertschöpfungskette gelungen.

Beckmand glaubt, dass Investoren den "First Mover Advantage" zu schätzen wisse, den das Unternehmen bei der Entwicklung einer "Mine-to-Battery"-Lieferkette in Norwegen innehabe. Die Aktie hatte wie die meisten Batteriemetallaktien zeitweise spürbar nachgegeben, zeigt jedoch Anzeichen einer Bodenbildung.

Das Konzept der Australier könnte Schule machen: Wer als (künftiger) Rohstoffproduzent nicht nur Batteriemetalle anbietet, sondern auch Kompatibilität für den nachgelagerten Teil der Wertschöpfungskette vorweist, kann Investoren in einem unsicheren Umfeld offenbar leichter gewinnen. In Kombination mit einem tragfähigeren regulatorischen Rahmen könnte die europäische Batteriefertigung so wieder an Fahrt gewinnen.