Platin wird an den Märkten zur Gold-Alternative

Der Platinpreis war Ende Mai aus einer langfristigen, charttechnischen Konsolidierungsphase ausgebrochen. Aktuell kostet eine Feinunze Platin knapp 1.300 USD. Zwischenzeitlich stieg der Preis sogar auf knapp 1.340 USD und erreichte damit den höchsten Stand seit mehr als zehn Jahren. Zum Jahreswechsel lag der Preis noch bei rund 950 USD. Allein seit Ende Mai beträgt das Kursplus 25 %. Was sind die Gründe dafür?
Momentum-Investoren wechseln von Gold zu Platin
Ein Grund ist die Konsolidierungsphase auf dem Goldmarkt. Der Goldpreis verharrt unter dem Widerstand bei rund 3.450 USD pro Feinunze. Nicht zuletzt dürften sich momentum-fokussierte Spekulanten deshalb dem Platinmarkt als Alternative zugewandt haben. Dafür spricht das historisch günstige Gold-Platin-Preisverhältnis: Für einen bestimmten Dollarbetrag lässt sich fast dreimal so viel Platin wie Gold erwerben.
Das wachsende Interesse ist greifbar: Am Futures-Markt ist das offene Interesse an Platin-Futures seit Anfang Mai um 34 % gestiegen. Bei Gold beträgt das Plus lediglich 2 %. Die Platinbestände von ETFs sind im selben Zeitraum um 1,17 % auf 3,22 Millionen Unzen angestiegen. Zum Vergleich: Bei Gold belief sich der Anstieg im selben Zeitraum auf 0,5 %.
Vorsicht geboten: Long-Positionen erreichen Extremwerte
"Dies deutet darauf hin, dass Platin jetzt proportional mehr Aufmerksamkeit erhält – vor allem dank seiner Preisentwicklung – und dass die FOMO-Trades einsetzen könnten", notieren die Analysten von Heraeus Precious Metals in einer Notiz. Solche Trades treten üblicherweise relativ spät in einer Trendbewegung auf. Dafür spricht laut Heraeus auch, dass die jüngste Nettoposition der Spekulanten in Long-Positionen ein Extrem erreicht hat. "Daher könnte der Preis in Kürze zu korrigieren beginnen", heißt es deshalb vorsichtig in der Notiz.
Für die Platinrallye lassen sich fundamentale Gründe anführen. Das World Platinum Investment Council (WPIC) hatte im Mai die Prognose für das Defizit auf dem Markt gegenüber den im Platin-Quartalsbericht vom März 2025 gemeldeten 848 Tausend Unzen (koz) auf 966 koz erhöht und dies in erster Linie auf die höher als erwartet ausgefallene weltweite Platinnachfrage zurückgeführt. Die Prognose zur Gesamtnachfrage wurde gegenüber März 2025 um 115 koz nach oben korrigiert. Bereits 2024 lag das Defizit bei 992 koz.
Platinangebot bleibt strukturell schwach
Die Angebotsseite bleibt dabei schwach. Im ersten Quartal 2025 ging das Angebot aus dem Bergbau gegenüber dem Vorjahr um 13 % zurück und verzeichnete damit den niedrigsten Stand seit dem zweiten Quartal 2020. Die Situation ist nicht neu: Seit 2015 ist das Platinangebot jährlich um durchschnittlich 1,2 % gesunken.
"Während der Bergbau im weiteren Jahresverlauf von einer verbesserten Verfügbarkeit von Verarbeitungskapazitäten profitieren dürfte, wird für 2025 weiterhin ein Rückgang der Raffinerieproduktion um 6 % erwartet, der jedoch durch einen Anstieg des Recyclings um 3 % gegenüber dem Vorjahr teilweise ausgeglichen wird. Dennoch führt ein Rückgang des Gesamtangebots an Platin um 4 % im Jahr 2025 gegenüber dem Vorjahr zu einer anhaltenden strukturellen Erosion des Platinangebots", heißt es im Bericht des WPIC.
Dennoch ist Platin kein "heißes" Metall im Sinne wachsender Nachfrage. Auch wenn die Prognose zur Gesamtnachfrage nach oben korrigiert wurde, sinkt die Nachfrage dieses Jahr um 4 % gegenüber dem Vorjahr. Dies ist unter anderem auf eine zyklische Schwäche der Glasnachfrage zurückzuführen. In der Schmuckindustrie könnten Änderungen der Handelspolitik die Nachfrage dämpfen. Zur Aufwärtskorrektur der Nachfrage hat die hohe chinesische Schmuck- und Investitionsnachfrage beigetragen.