Silber und Platin treten aus dem Schatten von Gold

Der Silberpreis hat in diesem Jahr um mehr als 20 % zugelegt: Wurden zum Jahreswechsel noch 30,38 USD pro Feinunze bezahlt, notiert der Kurs aktuell bei 36,60 USD.
In charttechnischer Hinsicht lässt sich weiteres Potenzial erahnen: In der vergangenen Woche kam es zum Ausbruch über eine Widerstandszone im Bereich von 34,57 USD bis 34,85 USD, der durch ein steigendes Volumen begleitet wurde und durch die Fortsetzung der Aufwärtsbewegung in dieser Woche bestätigt wird.
Es gibt eine Reihe von Gründen für die Rallye, die bislang weitgehend im Schatten des Goldpreisanstiegs stattgefunden hat und auch deshalb keinerlei Anzeichen von Überhitzung im Sentiment durch übertriebene Erwartungen oder im Chart (z.B. durch auffällige Kurslücken) zeigt.
Die Silber-Rallye geht auf fundamentale Ursachen zurück
Die industrielle Nachfrage nach Silber steigt. Die wichtige Rolle des Edelmetalls in grünen Technologien – insbesondere in Solarmodulen und Elektrofahrzeugen – trägt dazu entscheidend bei. Die Produktion von Solarmodulen und EVs erfordert jährlich mehr als 300 Millionen Unzen.
Die industrielle Silberproduktion wird in diesem Jahr voraussichtlich um 3 % wachsen, wobei die verbrauchten Mengen dem Silver Institute zufolge voraussichtlich erstmals die Marke von 700 Millionen Unzen (Moz) überschreiten werden.
Auch im Markt für Unterhaltungselektronik werden Zuwächse erwartet, weil es durch den Fortschritt im KI-Bereich neue Produkte gibt. Die physischen Silberinvestitionen dürften laut Silver Institute in Europa und Nordamerika um 3 % steigen.
Das Silberangebot wächst zwar: Die Minenproduktion könnte 2025 um 2 % auf 844 Millionen Unzen steigen, und das Recycling voraussichtlich um 5 % auf über 200 Millionen Unzen – der höchste Wert seit 2012. Trotzdem bleibt der Markt im Minus. Für ein Gleichgewicht fehlen 149 Millionen Unzen – das fünfte Defizitjahr in Folge.
Das persistierende Defizit hat die Lagerbestände geschrumpft. Lagen diese 2021 noch bei 400 Mio. Unzen, waren es Mitte 2024 noch 291 Mio. Unzen.
Wirtschaftliche Unsicherheiten, darunter die Angst vor einer möglichen Rezession und anhaltender Inflation, erhöhen die Attraktivität von Silber als Absicherungsinstrument. Dabei achten die Anleger zunehmend auf die langfristige Bewertung von Silber im Vergleich zu Gold: Die Gold-Silber-Ratio von aktuell etwa 1:91 deutet darauf hin, dass Silber im Vergleich zu Gold unterbewertet ist. Im langfristigen Durchschnitt liegt die Ratio bei 50-70.
Platinpreis seit Jahresbeginn um 32 % gestiegen
Neben Silber sorgt derzeit noch ein weiteres Edelmetall für Aufsehen: Der Platinpreis ist seit Jahresbeginn um 32 % gestiegen. In der vergangenen Woche wurde ein charttechnisch signifikantes früheres Hoch überwunden und damit eine langfristige Konsolidierungsphase verlassen.
Auch für den Platinmarkt wird 2025 ein (weiteres) Defizit erwartet. Ein Grund dafür: Anfang 2025 flossen erhebliche Mengen Platin in die USA, weil Anleger befürchteten, dass unter Präsident Trump Zölle auf das Metall erhoben werden könnten.
Doch das ist nicht alles. Alexander Zumpfe von Heraeus Metals kommentierte die Rallye: "Dies wird durch eine Kombination aus knappen Angebotserwartungen, einer Verbesserung der Stimmung in der Industrie und technischen Folgeerscheinungen der breiteren Edelmetallrallye unterstützt."
Die Knappheit ist mit den Händen zu greifen: So liegen die Bestände börsengehandelter Fonds (ETFs) mit Platindeckung auf einem Zehnmonatshoch, die Spotpreise übersteigen die Terminpreise. Letztere Konstellation wird auch als Backwardation bezeichnet und gilt als starkes Signal für akute Verknappung physischer Ware. Auch die Leihekosten für Platin sind deutlich gestiegen – auf etwa 13,5 % pro Jahr.
Der World Platinum Investment Council (WPIC) prognostiziert für dieses Jahr ein Angebotsdefizit von fast 1 Million Unzen, das auf die starke Nachfrage und die eingeschränkte Produktion zurückzuführen ist.