Seltenerdmagneten ohne China: Produktion in Europa und Nordamerika wächst
Die Produktion von Seltenerdmagneten außerhalb Chinas nimmt Fahrt auf. Zu diesem Schluss kommt der Branchendienst Fastmarkets in einer aktuellen Vorschau auf das Jahr 2024. Seltenerdmagnete werden in Motoren von Elektroautos, in Windturbinen und vielen weiteren Bereichen benötigt.
Im Westen herrscht derzeit die Sorge vor, China könnte seine Dominanz auf dem Markt für Restriktionen nutzen. So verhängte die Volksrepublik kurz vor Weihnachten ein Ausfuhrverbot für Technologien und Maschinen zur Herstellung von Seltenen Erden. Rund 90 % der weltweiten Produktion von Seltenerdmagneten entfällt nach Schätzungen des US-Energieministeriums auf China.
Inflation Reduction Act und Co. wirken
Die Politik hat bereits reagiert. In Europa gibt es den Critical Raw Materials Act, der die Abhängigkeit von Importen bei bestimmten Rohstoffen reduzieren soll. In den USA könnte bald eine Art Inflation Reduction Act für Seltene Erden verabschiedet werden – im Dezember hatte der US-Kongress dies zuletzt vorgeschlagen.
Auch bestehende Regelungen wie das Bipartisan Infrastructure Law (BIL) und das Inflation Reduction Act (IRA) aus dem Jahr 2022 zielen darauf ab, die Abhängigkeit von China oder anderen Ländern zu verringern.
Der Inflation Reduction Act etwa sieht steuerliche Anreize für die Verwendung kritischer Materialien aus dem Inland oder Ländern mit Freihandelsabkommen vor. Das BIL unterstützt Investitionen in die Lieferketten.
Insbesondere Kooperation zu befreundeten Ländern werden durch die Gesetzgebung unterstützt. Der "National Defense Authorization Act for Fiscal Year 2024", der im Dezember unterzeichnet wurde, erweitert die Definition einer "inländischen Quelle" auf Großbritannien und Australien.
Offenbar zeigen die Maßnahmen erste Wirkung. Fastmarkets jedenfalls nennt mehrere Unternehmen, die aufgrund der Förderprogramme in den USA Investitionen tätigen.
E-VAC Magnetics, Lynas Rare Earths, MP Materials und weitere Akteure
E-VAC Magnetics – die US-Tochter des deutschen Magnetherstellers VAC Group – etwa erhält 94,1 Millionen USD vom US-Verteidigungsministerium für den Kauf und die Installation von Produktionsanlagen.
"Die VAC ist dankbar für die Unterstützung des US-Verteidigungsministeriums und ermutigt durch die Verfügbarkeit zusätzlicher Investitionsanreize durch die BIL und IRA", zitiert Fastmarkets einen Unternehmenssprecher.
Diesem zufolge sind die "Steuergutschriften für die Herstellung von Seltenerdmagneten von entscheidender Bedeutung" für die Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit in den USA hergestellter Magnete.
E-VAC Magnetics kündigte kurz vor Weihnachten den Bau eines Werks für gesinterte Neodym-Eisen-Bor (NdFeB)-Seltenerdmagnete in der Stadt Sumter im US-Bundesstaat South Carolina an. Das Werk soll im Spätherbst 2025 in Betrieb gehen und mit einer bislang noch nicht kommunizierten Kapazität unter anderem den US-Automobilhersteller GM im Rahmen eines im Januar 2023 abgeschlossenen Liefervertrags beliefern.
Seltene Erden aus Bergbauprojekten weltweit
Für gesinterte Hochleistungs-NdFeB-Magnete sind vier Seltene Erden notwendig: Neodym, Praseodym, Dysprosium und Terbium. Diese Stoffe gewährleisten, dass Leistung und Effizienz auch unter hohen Temperaturen erhalten bleiben. VAC will Fastmarkets zufolge diese schweren Seltenen Erden aus "zahlreichen Bergbauprojekte in verschiedenen Stadien auf der ganzen Welt" beziehen.
Es gibt weitere Beispiele für konkrete unternehmerische Aktivitäten. Das australische Unternehmen Lynas Rare Earths (ASX: LYC) – der größte Produzent Seltener Erden außerhalb Chinas – baut derzeit mit Hilfe eines Zuschusses der US-Regierung in Höhe von 258 Millionen USD eine Anlage zur Trennung schwerer Seltener Erden in Seadrift in Texas.
MP Materials (NYSE: MP), das in Kalifornien die Seltenerdmine Mountain Pass betreibt, hat im April 2022 mit dem Bau einer Anlage für gesinterte NdFeB-Magnete in Fort Worth in Texas, begonnen. Die Produktionskapazität soll in der ersten Phase 1.000 Tonnen pro Jahr betragen. Dies entspricht rund 1 % der aktuellen Weltproduktion.
Doch auch außerhalb der USA gibt es Bewegung. Im Juli begann der in Kanada ansässige Werkstoffproduzent Neo Performance Materials (TSX: NEO) mit dem Bau einer Anlage für Seltenerdpermanentmagnete im estnischen Narva. Ab 2025 soll eine anfängliche Kapazität von 2.000 t NdFeB-Magnetblöcken pro Jahr zur Verfügung stehen. Später soll die Kapazität auf 5000 t pro Jahr erhöht werden.
GKN Power Metallurgy baut Pilotanlage in Radevormwald
GKN Powder Metallurgy – Teil des börsennotierten britischen Industrieunternehmens Dowlais – gab im Dezember Pläne für den Aufbau einer Gesamtkapazität von 4.000 t Seltenerdmagneten pro Jahr in Europa und Nordamerika bekannt. Eine Pilotanlage im kleinen Maßstab in Radevormwald soll Anfang 2025 betriebsbereit sein. Das Unternehmen hatte im Oktober eine Absichtserklärung mit Schaeffler zur Lieferung von Permanentmagneten für die Automobilindustrie unterzeichnet.