USA: Fachkräftemangel im Bergbau könnte Rohstoffpreise treiben
Der Fachkräftemangel betrifft auch den amerikanischen Bergbau. Die Regierung versucht, die inländische Rohstoffproduktion mit steuerlichen Anreizen zu stimulieren. Doch Bergleute, LKW-Fahrer und andere Arbeitskräfte sind knapp.
"Es ist ein Krieg um Talente": Mit diesen Worten wird Mel Sanderson, Präsident für Nordamerika bei American Rare Earths, im Wall Street Journal zitiert. Das Unternehmen arbeitet an Projekten in den Bundesstaaten Wyoming, Arizona und Nevada.
Inflation Reduction Act setzt Anreize – aber die Arbeitskräfte sind knapp
Mit Maßnahmen wie dem Inflation Reduction Act soll die Produktion wichtiger Rohstoffe wie Lithium, Kobalt oder Seltenen Erden in den USA ausgebaut werden. Das Land will damit die Abhängigkeit von Importen und insbesondere vom größten Rivalen China verringern. Doch für das Wachstum der inländischen Produktion werden Ingenieure zur Baustellenplanung, Bergleute zur Erzförderung und viele weitere Arbeitskräfte benötigt.
Ähnlich wie hierzulande sind Fachkräfte jedoch auch in Nordamerika knapp. Großunternehmen und kleinere Explorationsgesellschaften konkurrieren mit höheren Löhnen, freiwilligen Sozialleistungen und weiteren Extras um die Gunst der wenigen verfügbaren Mitarbeiter.
Zusätzlich arbeitet die Branche an ihrem Image – etwa durch Maßnahmen zur Verbesserung des Umweltschutzes. Doch es bleibt dabei: Wer Rohstoffe fördern will, muss Arbeitnehmer dazu bringen, an abgelegene und weniger attraktive Orte umzuziehen.
Führt der Fachkräftemangel zu steigenden Metallpreisen?
Nicht wenige Beobachter gehen davon aus, dass der Fachkräftemangel die Metallpreise treiben wird. Rohstoffe wie Kupfer, Lithium, Nickel, Zinn und Zink könnten teurer werden, wenn Unternehmen mehr Geld für Personal ausgeben müssen. Luke Oliver, Leiter Klimainvestitionen bei KraneShares jedenfalls ist davon überzeugt: "Wir glauben nicht, dass das Angebot mit der Nachfrage mithalten kann."
Aktuell ist eine Rallye bei Rohstoffen nicht in Sicht. Im Gegenteil: Die Preise insbesondere für Basismetalle sind deutlich gefallen. Auch Lithium ist spürbar günstiger geworden. Doch dies muss nicht so bleiben.
Die Citibank jedenfalls prognostiziert, dass die Lithiumpreise bis zum Jahresende um bis zu 40 % steigen könnten. Eine der Ursachen: Der Arbeitskräftemangel. Den Kupferpreis sieht die Bank bis 2025 sogar um 50 % ansteigen. Kupfer, so die Analysten der Bank weiter, sei zudem weniger anfällig für die jüngsten Innovationen bei Batterien für Elektrofahrzeuge als andere Metalle wie Kobalt.
Über Jahrzehnte wurde zu wenig investiert
Die schwierige Situation auf dem Arbeitsmarkt trifft auf eine Branche, die mit dem Resultat jahrzehntelanger Unterinvestitionen kämpft. Dies erschwert das Hochfahren der Produktion zusätzlich.
Daten des Bureau of Labor Statistics zufolge ist die Anzahl der Beschäftigten in der Bergbaubranche in den USA seit 1990 um fast 40 % gesunken. Ein wesentlicher Grund für den Rückgang des Arbeitsvolumens besteht in der Abkehr vieler Stromerzeuger von der Kohle.
Manche dieser ehemaligen Mitarbeiter aus dem Kohlebergbau könnten für die heutigen Herausforderungen verfügbar sein. So arbeitet etwa Lithium Americas bei der Entwicklung der Thacker Pass Mine im Norden Nevadas mit einem Großunternehmen zusammen.
Doch das Problem reicht tiefer: Durch den Rückgang der Beschäftigung fehlt es an nachrückenden Kräften aus den Hochschulen wie Bergbauingenieuren.
Bergbau keine gefragte Branche mehr: Nachrücker aus den Universitäten fehlen
Höhere Löhne allein sind deshalb nicht die Lösung. Andrea Brickey, außerordentliche Professorin für Bergbautechnik und -management an der South Dakota School of Mines & Technology etwa betont, das Problem sei nicht, dass geeignete Fachkräfte in Wartestellung auf höhere Bezahlung verharrten. Es gebe schlicht nicht genügend geeignetes Personal.
Die Deutsche Welle berichtete Ende März auch über schwindendes Interesse der Studierenden an einer Karriere im Bergbau- und Rohstoffsektor. Zitat: "In Kanada und Teilen Europas gingen die Einschreibungen für Bergbauingenieurswesen in den vergangenen fünf bis sieben Jahren um bis zu 50 % zurück."
Sogar in Australien, wo Arbeitsplätze im Bergbausektor zu jenen mit den besten Einkommensperspektive gehörten, sei die Zahl der Studienanfänger in diesem Bereich rückläufig. "Ein großes Hindernis für die Anwerbung von Arbeitskräften ist die Einstellung vieler junger Menschen in Australien gegenüber der Rohstoffindustrie", stellte Australiens Bundesministerin für Ressourcen, Madeleine King fest.
In Polen – ebenfalls ein traditionelles Bergbauland – ging die Zahl der Erstsemester im Bereich Bergbauingenieurwesen zwischen 2015 und 2019 der Deutschen Welle zufolge um 50 % zurück.