Volatiles Lithium: Segen oder Fluch?

Volatiles Lithium: Segen oder Fluch?

Warum die Lithium-Kurse trotz Materialnachfrage fallen

Ohne Lithium kommt die Elektromobil-Industrie nicht in Fahrt. Der Bedarf an dem kostbaren Batteriemetall ist ungebrochen hoch. Dennoch erleben Lithium-Aktien derzeit einen Kurseinbruch. Chris Berry, Autor beim Disruptive Discoveries, hat die aktuelle Situation auf dem Lithiummarkt analysiert.

Während die Börsenstimmung rund um Lithium eigentlich tendenziell bullisch ist, kann die derzeitige Schlappe in den Stammaktien-Börsenkursen nur auf zwei Ursachen zurückgeführt werden: Entweder entsprachen die Bewertungen nicht den realen Bedingungen oder ein besonderer Auslöser hat wieder eine Spur Realitätssinn in die Märkte gebracht. Wie auch immer: Wer auch weiterhin eine bullische Einstellung gegenüber Lithium hat, kann Nutzen aus dem Preisverfall der letzten Zeit ziehen.

Der Lithium-Hunger der Elektroindustrie

Der Mark für Lithium schlummerte bis etwa Mitte 2015 vor sich hin, ungeachtet der Gerüchte um Elon Musks Pläne um diverse Riesenfabriken für Tesla. Denn bei Lithium handelt es sich bekanntlich um ein Oligopol: Wenige Anbieter bedienen die Anfrage vieler Interessenten. Also, so die allgemeine Ansicht, könnten die Big Player SQM (Chile) und Albemarle (USA) die mit der Weiterentwicklung der Elektrofahrzeuge entstehende Nachfrage decken, indem sie einfach die Produktionskapazitäten erhöhen. Größere Kapitalinvestitionen schienen unnötig.

Das war vor drei Jahren. Zwischenzeitlich kündigt gefühlt wöchentlich ein neuer Wettbewerber im Lithium-Business an, in großem Stil zu expandieren, um die Nachfrage der Industrie zu befriedigen. Ob Erstausrüster oder Kathodenhersteller: Alle wollen ihr Stück vom Lithium bekommen. Der Anreiz kommt aus der Fahrzeugindustrie: Die großen Fabrikanten BMW, Daimler, Ford und VW verpflichteten sich zur Investition von 90 Milliarden USD für die Elektrifizierung ihrer Fahrzeuge, der belgische Recyclingkonzern Umicore investiert in die Kapazitätserweiterung der Kathoden. Nicht zuletzt das ehrgeizige Vorhaben Chinas, dass bis 2025 sieben Millionen Elektrofahrzeuge durch das Reich der Mitte rollen sollen, legt die Schlussfolgerung nahe, dass allein der asiatische Elektromarkt mehr Bedarf an Lithium erzeugen könnte als das gesamte aktuelle Output-Angebot.

Alles in allem sollte die Nachfrage der Industrie ein bedeutender Antrieb für das Lithium Förder- und Verarbeitungsbusiness sein. Warum aber dann der dramatische Kursrückgang in der jüngeren Vergangenheit? Immerhin zog die Nachfrage nach Lithium die Kurse zunächst in gleichem Maße nach oben.

SQM-Megadeal verstört Anleger

Auslöser für den Wendepunkt war das Abkommen zwischen CORFO und SQM. CORFO, die chilenische Wirtschaftsförderungsbehörde, erteilte dem Marktriesen SQM die Genehmigung, seine Produktionskapazitäten bis 2025 auf 216.000 Tonnen jährlich zu erweitern. Das daraus entstehende potenzielle Überangebot an Lithium verleitete Investoren zu der Annahme, dass eine Geldanlage in die vielen neuen Junior-Wettbewerbern obsolet sei. Nicht bedacht wurde allerdings, dass diese Erlaubnis enormen Kapitaleinsatz – womöglich mehr als eine Milliarde USD und eine belastende Lizenzgebühr – nach sich zog.

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Bullenmarkt und Börsenschlappe: Wie man mit Lithium Kapital verbrennt

All dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass der für die Zukunft erwartete Bedarf an Lithium nach wie vor unverändert ist: Voraussichtlich wird 2025 die vierfache Menge an Lithium benötigt und entlang der Lieferkette müssen entsprechende Investitionen stattfinden, um das zu gewährleisten. Damit das befürchtete Szenario des Überangebots tatsächlich eintrifft, müsste eine Reihe von Faktoren zusammenfallen. Die Förderung von Lithium beziehungsweise die Bereitstellung von Lithium-Karbon-Äquivalent (LCE) bis 2022 müsste erfolgreich, pünktlich und im Rahmen der Budgetierungen erfolgen. Die Erfahrung aus dem letzten Lithium-Boom von 2010 bis 2012 zeigt, dass das wahrscheinlich nicht der Fall ist. Kapital in einem bullischen Markt zu generierten und durch Fehlplanungen zu versenken, ist nicht schwer. Während des letzten Börsenzyklus wurde etwa eine Milliarde USD generiert und weniger als 20.000 Tonnen Lithium-Äquivalent kamen in den Markt. Eine solche Fehlwirtschaft darf sich nicht wiederholen. Die Kosten für die erneuerbaren Energien sinken und der technologische Fortschritt macht die Produktion preiswerter.

Die Lieferkette stärken und Schutz vor Volatilität schaffen

Um die prognostizierte Vervierfachung der Nachfrage bis 2025 finanziell zu stemmen, sind nach Ansicht von Chris Berry etwa 9 Milliarden USD nötig. Dazu müssten allerdings nicht nur strategische Lithium-Käufer mobilisiert werden. Die Frage ist vielmehr, welche Großinvestoren in das Geschäft einsteigen. Ganz abgesehen von der Herausforderung der Finanzierung besteht für die Protagonisten innerhalb der Lieferkette eine noch nie dagewesenen Druck, Investoren zu finden. Die Rolle der Konversionsanlagen und die Produzenten von Kathoden wird darüber entscheiden, wie der erfolgreiche Weg zur Elektromobilität und umweltfreundlicher Energie aussehen wird.

Alles in allem ist die Volatilität der Märkte, so unberechenbar sie sich auf die Investitionsfreude der Aktionäre auswirkt, ein positiver Effekt. Die geschickte Allokation von Kapital an den richtigen Stellen zahlt sich aus. Sie spornt alle Marktteilnehmer dazu an, neue wirtschaftliche Unternehmen innerhalb einer sich festigenden und wachsenden Lieferkette zu etablieren. Die Konsolidierung in der Lithiumindustrie ist ein wichtiges Thema für Anleger: Eine vertikale Integrationsstrategie bietet Möglichkeiten der Absicherung gegen Rohstoffzyklen und Makrovolatilität.