Kolumne von Florian Grummes

Silber: "Kurz vor dem Zwischenhoch"

Silber in US-Dollar

Rückblick:

Am 1.April unterschritt der Silberpreis mit 14,78 USD nochmals kurzzeitig seine 200-Tagelinie. Die Freude der Bären währte aber nur diesen einzigen Tag, denn im Anschluss drehte der Silbermarkt scharf nach oben und ging in den Steilflug über. Wie entfesselt schossen die Notierungen in den letzten vier Wochen um knapp 22% nach oben und erreichten erst am vergangenen Freitag bei 18,02 USD einen vorläufigen Höchststand.

Silber Monatschart:

Mit vier grünen Monatskerzen in Folge hat der Silberpreis auf dem logarithmischen Monatschart den mehrjährigen fallenden Keil klar verlassen. Im März kam es bereits zu einem Test des Ausbruchs, welcher erfolgreich bestätigt wurde. Das große Bild hat also gedreht. Damit steht der Silberpreis höchstwahrscheinlich am Beginn einer mehrjährigen Aufwärtsbewegung.

Kurzfristig allerdings scheint das Potential nach oben fast ausgereizt zu sein, denn die Notierungen haben in der vergangenen Woche bereits das obere fallenden Bollinger Band (17,86 USD) erreicht. Statistisch betrachtet bewegt sich der Preis 95% der Zeit innerhalb der Bollinger Bänder. Ausreißer nach oben und unten kommen natürlich vor, bringen es aber insgesamt nur auf 5% der Zeit. D.h. wer jetzt oberhalb des Bollinger Bandes in Trendrichtung kauft hat die Wahrscheinlichkeiten massiv gegen sich. Grundsätzlich können die Bollinger Bänder in einem starken Aufwärtstrend auch nach oben aufgebogen werden. Dann klettert der Preis über maximal fünf bis sechs Zeiteinheiten am Bollinger Band entlang nach oben. Da das obere Bollinger Band auf unserem Monatschart aber gerade erst nach oben dreht, ist diese spezielle Sondersituation fast ausgeschlossen. Für den Silberpreis lässt sich daraus ableiten, dass wir vermutlich noch ein bis drei starke Wochen und ein kurzes Überschießen bis auf 18,50 – 18,75 USD sehen könnten. Die Kerze für den Monat Mai wird aber vermutlich nicht oberhalb von 17,80 USD schließen können. Darüber hinaus endet eine solche Übertreibung fast immer mit einer heftigen Korrektur. Gelingt es den Silberbullen also, in den nächsten Wochen noch eine letzte Schippe draufzulegen, dürften die Kurse im Anschluss dann aber innerhalb von ca. 4 – 8 Wochen in sich kollabieren.

Übergeordnet positiv und konstruktiv sind die Kaufsignale beim MACD und bei der Stochastik. Eine Zwischenkorrektur dürfte dies nicht verändern. Zusammengefasst verbessert sich der Monatschart durch die starke Performance und kann nun längerfristig mit "bullisch" bewertet werden. Das oberen Bollinger Band sendet aber ein kurzfristiges Warnsignal. Vermutlich kommt es in Kürze zu einer ersten Korrektur innerhalb des neuen Aufwärtstrends.

Übergeordnet muss noch erwähnt werden, dass erst ein Monatsschlusskurs oberhalb von 25,00 USD den Befreiungsschlag für den Silbermarkt bringt. Davon sind wir aktuell noch weit entfernt.

Silber Wochenchart:

Mit dem logarithmischen Wochenchart zoomen wir wie immer weiter in das Kursgeschehen hinein. Der erfolgreiche Ausbruch aus dem fallenden Keil hat ohne Zweifel ein mittelfristiges Kursziel von 25,00 USD aktiviert. Bis dahin hat Silber aber noch einen weiten Weg und jede Menge Arbeit vor sich. Ein direkter Durchmarsch bis zu dieser Ziellinie ist denkbar, aber doch extrem unwahrscheinlich, denn die Bullen treffen in Kürze im Bereich 18,50 – 18,75 USD auf eine beinharte Widerstandszone. An dieser waren die Preise 2013/2014 insgesamt dreimal nach oben abgeprallt, bevor sie beim vierten Anlauf krachend nach unten durchbrochen wurde. Die Erholung im Januar 2015 scheiterte mit 18,50 USD ziemlich genau an diesem Bereich. Aus einer ehemaligen Unterstützung ist also ein starker Widerstand geworden. Aufgrund der überkauften Lage beim RSI als auch bei der Stochastik, ist ein Scheitern an dieser Widerstandszone praktisch vorprogrammiert.

Die absehbare Korrektur dürfte den Silberpreis bis mindestens etwa 16,00 USD zurückwerfen. Hier verläuft nun eine neue Unterstützungslinie. Zeitlich müsste sich das ganze bis ca. Ende Juni manifestieren.

In der Summe ist der Wochenchart zunächst noch klar bullisch. Die Bullen werden sich einen Test der Zone 18,50 – 18,75 USD wohl nicht entgehen lassen. Im Anschluss muss aber ein heftiger Rücksetzer bis 16,00 USD oder sogar 15,50 USD eingeplant werden.

Silber Tageschart:

Der Tageschart fängt den parabolischen Anstieg der letzten Wochen ein. Seit Anfang April stehen knapp 22% Kursgewinn zu Buche. So erfreulich die dynamische Rally auch ist, sie trägt bereits den Keim einer heftigen Korrektur in sich. Man muss kein Fachmann sein, um die fahnenstangenartige Übertreibung der letzten Wochen zu erkennen. Besonders Privatanleger werden, getrieben von der Angst etwas zu verpassen, in dieser finalen Phase noch in den Markt gelockt. Der Blick auf die Indikatoren macht klar aber, dass der Silbermarkt kurzfristig heiß gelaufen ist, denn MACD, RSI und Stochastik sind allesamt deutlich überkauft. Das Potential auf der Oberseite ist wie aufgezeigt begrenzt und beträgt maximal noch 0,50 – 1,00 USD. Das Risiko auf der Unterseite liegt schon jetzt bei mindestens 2,00 USD. Auch wenn Silber langfristig mindestens bis auf 25,00 USD (vermutlich deutlich höher) steigen wird, ist man derzeit gut beraten, geduldig an der Seitenlinie zu warten.

Derartige Fahnenstangen korrigieren häufig zurück bis zur 200-Tagelinie (14,96 USD), aber bereits ein Rückfall bis zur 50-Tagelinie (15,77 USD) dürften die meisten Papierspekulanten nicht durchstehen. Setzt die Welle der Gewinnmitnahmen erst ein, wird schnell eine Kaskade an Stopp-Loss Orders über den engen Silbermarkt hereinbrechen.

Wie bereits dargelegt, sind auf der Oberseite noch 18,50 -18,75 USD möglich, im Anschluss dürfte der Silberpreis bis ca. 16,20 USD und eventuell sogar bis 15,50 USD zurückfallen. Am Ende dieser Korrekturwelle bietet sich dann eine außerordentlich gute Einstiegschange, welche unbedingt genützt werden sollte.

Der mit physischem Silber hinterlegte Silber ETF (SLV) dürfte die Silber-Futures in den letzten Wochen übrigens technisch betrachtet nach oben getrieben haben, denn hier bewegt sich die Stochastik bereits seit Wochen auf dem Tageschart eingebettet oberhalb von 80. Damit ist der Aufwärtstrend vorläufig festgezurrt. Gleichzeitig gilt, dass ein Verlust der "embedded" Stochastik wohl auch das Ende der Aufwärtsbewegung einläuten wird.

Gold / Silber-Ratio

Mittelweile ist das Top beim Gold/Silber-Ratio recht gut sichtbar. Auch wenn auf den steilen Abfall der letzten Wochen zunächst eine Gegenreaktion immer wahrscheinlicher wird, dürfte das Ratio, wie vor zwei Monaten prognostiziert, zugunsten von Silber gedreht haben. In jedem Fall ist es in die alte Seitwärtszone zwischen 70 und 77 zurückgefallen.

Mittelfristig lässt sich hier also für Silber weiterhin ein enormes Anstiegspotential herauslesen. Kurzfristig sendet aber auch dieser Chart klare Signale einer Übertreibung und mahnt auf Sicht der kommenden Wochen zur Vorsicht.

Silberminen-ETF

Die Gold- und Silberminenaktien sind in den letzten vier Wochen weiter nach oben explodiert. Der Global X Silver Miners ETF erreichte am vergangenen Freitag mit 36,85 USD ein neues Verlaufshoch. Damit hat sich der ETF seit Mitte Januar um 146% verteuert – ohne Zweifel eine grandiose Performance. Allen Skeptikern zum Trotz kennen die Minenaktien derzeit kein Halten und haben in den letzten dreieinhalb Monaten bereits die Verluste der letzten zwei Jahre fast komplett aufgeholt.

Dennoch muss unbedingt darauf hingewiesen werden, dass die Gefahr eines größeren Rücksetzers mit jedem weiteren Anstieg deutlich zunimmt. Egal um welchen Markt es sich handelt, ein Abstand von mittlerweile 70% zur 200-Tagelinie (21,70 USD) ist ungesund und nicht mehr lange durchhaltbar. Selbst die Abweichung zur 50-Tagelinie (27,51 USD) beträgt bereits 33%. Darüber hinaus sind sowohl die Indikatoren MACD und RSI klar überkauft.

Um die Marke von 37,00 USD stößt der ETF an einen horizontalen Widerstand. Sollte auch diese Zone überwunden werden können, hätten die Bullen nochmal Platz bis ca. 44,50 USD – 45,00 USD. Allerspätestens hier dürfte die Stimmung kippen und Gewinnmitnahmen einen Kurssturz lostreten.

Nicht auszuschließen ist übrigens, dass die Minen und evtl. auch Silber in den kommenden Tagen und Wochen bereits vor dem Goldpreis toppen werden. Sobald die Minen ihr Zwischenhoch erreicht haben, dürfte die zurückgelegte Aufwärtsstrecke zügig um ca. 50 – 55% zurückgenommen werden. D.h. im Juni/Juli könnte sich eine Kaufgelegenheit im Bereich um 25,00 – 26,00 USD ergeben. Auf dem aktuellen Niveau kauft der Anleger in jedem Fall weit oben in eine Fahnenstange hinein. Das Chancen/Risiko-Verhältnis ist extrem ungünstig. Auch muss man sich immer wieder klarmachen, dass andere Anleger deutlich tiefer gekauft haben und nun auf außerordentlichen Gewinnen sitzen.

Die Konklusion fällt daher gemischt aus. Einerseits ist das Kursgeschehen bis hierher natürlich megabullisch und beeindruckend, andererseits dürfte sich dieser parabolische Kursanstieg in seinen letzten Zügen befinden und kurz vor einem wichtigen Zwischenhoch stehen. Der Profi wird dieser Übertreibung äußerst skeptisch gegenüber stehen und geduldig auf den kommenden Rücksetzer warten.

Silber in EUR

Rückblick:

Auch in Euro gerechnet fiel die Kursentwicklung der letzten vier Wochen spektakulär aus. Selbst der stärkere Euro bremste die gewaltige Kursexplosion kaum ab, so dass unterm Strich eine fulminante und beeindruckende Performance in Höhe von 21,3% in gerade einmal vier Wochen verbleibt. Damit ist der Euro-Silberpreis klar aus seinem sechzehnmonatigen Konsolidierungsdreieck nach oben ausgebrochen.

Euro-Silber Wochenchart:

Auf dem logarithmischen Wochenchart hatte sich seit Dezember 2014 ein symmetrisches Dreieck entwickelt, welches im April eindeutig nach oben aufgelöst wurde. Immer wieder hatte ich in den vergangenen Monaten über den aufgestauten Druck geschrieben. Nun hat er sich in einer Kursexplosion nach oben entladen. In kürzester Zeit hat der Euro-Silberkurs damit bereits die nächste Widerstandszone zwischen 15,80 EUR und 16,10 EUR sowie die obere Begrenzung des fünfjährigen Abwärtstrendkanals (15,70 EUR) erreicht.

Der Anstieg hat jedoch zu einer überkauften Lage beim RSI als auch bei der Stochastik geführt. Die Stochastik ist derzeit noch weit entfernt vom "eingebetteten trendverstärkenden" Zustand. Insofern müssen wir davon ausgehen, dass wir in den nächsten zwei Wochen das vorläufige Ende der im Dezember gestarteten Aufwärtsbewegung beobachten werden können. Evtl. reicht den Bullen noch die Kraft bis maximal 16,55 EUR.

Summa summarum ist der Chart bullisch, hat aber gleichzeitig sehr starke Widerstände erreicht und dürfte diese im ersten Anlauf wohl nicht überwinden. Eine schmerzliche Korrektur ist auch hier in den kommenden Wochen absehbar.

Euro-Silber Tageschart:

Wie vor vier Wochen an gleicher Stelle vermutet, war der zwischenzeitliche Rückgang beim Silberpreis kein Aprilscherz, sondern eine handfeste Kaufchance. Auf dem logarithmischen Tageschart hat der fulminante Anstieg mittlerweile jedoch zu einer klar überkauften Lage geführt. Die Luft nach oben ist extrem dünn geworden. Kurzfristig bietet das obere Bollinger Band (16,05 EUR) noch etwas Platz. Allerdings wartet hier um 16,00 EUR eine starke Widerstandszone. Sollten die Bullen auch diese Bastion überrennen können, müssten sie allerspätestens bei 16,50 EUR auf massive Gegenwehr der Bären treffen.

Die Indikatoren RSI und Stochastik sind deutlich überkauft. Das MACD Kaufsignal scheint zwar noch ungefährdet weiter nach oben marschieren zu wollen, das dazugehörige Histogramm hat aber bereits nach unten abgedreht. Lange werden die Silberbullen dieses Tempo also nicht mehr durchhalten können.

Die anvisierte Korrektur dürfte heftig werden. Erst die schnell steigenden 50-Tagelinie (14,07 EUR) könnte eine erste Auffangstation darstellen. Deutlich darunter verläuft die 200-Tagelinie (13,53 EUR).

In der Konklusion gilt es jetzt Nerven und Geduld zu bewahren. Der Preis für eine Feinunze in Silber ist klar nach oben ausgebrochen, hat aber gleichzeitig eine kurzfristige Übertreibungsphase erreicht. Hier hat sich zweifelsohne binnen kürzester Zeit jede Menge Korrekturpotential aufgebaut. Die Wahrscheinlichkeit für einen baldigen scharfen Rücksetzer in Richtung 14,00 EUR bis 14,30 EUR ist deutlich erhöht. Wie vor vier Wochen geschrieben, sind Kurse unterhalb von 13,50 EUR aber kaum noch denkbar.

Handelsempfehlung:

Zwischen dem 28.März und dem 10.April hatten sie gut zwei Wochen Zeit das empfohlene Nachkauflimit unterhalb von 13,50 EUR zu nutzen. Nun ist der Zug vorerst abgefahren und wir müssen auf den kommenden Rücksetzer geduldig warten. Dieser könnte den Silberpreis im Juni zurück bis auf ca. 14,00 EUR – 14,30 EUR führen. Es empfiehlt sich daher, das neue Nachkauflimit bei 14,25 EUR zu platzieren.

Zusammenfassung und Konklusion

Um es noch einmal ganz klar zu sagen. Gold und Silber stehen am Beginn eines neuen Bullenmarktes. Ich sehe für Gold ein mittelfristiges Kursziel bei 1.500 USD und für Silber bei 25,00 USD (vermutlich bis zum Frühjahr 2017).

Gleichzeitig befindet sich der Edelmetallsektor in einer steilen Anstiegsphase, die nicht mehr lange gut gehen wird, sondern eine Zwischenkorrektur erzwingen wird. Allerdings gibt es noch keine bestätigenden Signale dafür, dass die seit Mitte Dezember laufende Rally bereits das Top erreicht hat. Vielmehr scheint es, als ob wir beim Gold mit dem Ausbruch über 1.260 USD erst in der letzten Woche in die kurzfristige Übertreibungsphase eingetreten sind, welche die Notierungen in den nächsten ein bis drei Wochen noch bis auf 1.325 bis 1.355 USD vorantreiben sollte. Im Anschluss wird es aber – wie immer – einen bösen Rücksetzer geben. Die Minenaktien und auch Silber könnten ihr Hoch schon vor dem Goldpreis erreichen.

Alle diejenigen, die noch nicht ausreichend investiert sind, sollten sich daher unbedingt gedulden und erst in den Rücksetzer im Sommer (Juni/Juli) kaufen. Papierspekulanten sind jetzt gut beraten, nicht den letzten Cent aus dem Markt quetschen zu wollen, sondern lieber mit engen Stopps für eine Sicherung der aufgelaufenen Gewinne zu sorgen.

Die absehbaren Gewinnmitnahmen werden in den kommenden sechs bis acht Wochen an den Nerven der Trader und Investoren nagen und das Sentiment wieder deutlich abkühlen. Erst dann sind die Edelmetalle für die nächste Aufwärtswelle bereit. Achten sie auf die 200-Tagelinie beim Gold, Silber und den einzelnen Minenaktien. Erst dort ist ein sicherer und chancenreicher Einstieg wieder möglich.