Zieht China die Weltwirtschaft mit in den Abgrund?
Das Schreckgespenst einer chinesischen Wirtschaftsflaute ist seit geraumer Zeit allgegenwärtig. Fallende Rohstoffpreise und fallende Wirtschaftsleistungen Chinas prägen die Medien, bringen Rohstoffproduzenten und Investoren gleichermaßen in die Verlustzone und lassen viele Fragen offen. Unter vielen Analysten herrscht aktuell die Meinung dass Chinas Entwicklung die Weltwirtschaft direkt oder indirekt mit in den Abgrund ziehen wird. Wie groß ist diese Gefahr wirklich? Werfen wir daher heute einen genaueren Blick auf die Entwicklung des Giganten und seinen Einfluss auf die Weltmärkte.
Eine Grafik veranschaulicht deutlich die seit 2012 kontinuierlich fallende Wirtschaftsleistung, die zuvor, im Jahresschnitt gesehen, nicht einmal in den Rezessionsjahren unter 10% fiel.
Quelle: tradingeconomics.com
Um die Auswirkungen dieses permanent anhaltenden Rücklaufes der Wirtschaftsleistung Chinas besser zu verstehen ist es notwendig sich den Anteil des Landes am Weltwirtschaftswachstum anzusehen und in Kontext zu stellen.
Da China 51% Anteil am weltweiten Wirtschaftswachstum hat, so beeinflusst jede Entwicklung des Landes selbst ganz klar auch die Märkte weltweit. Nur eine geringe Anzahl an Analysten vertritt nach wie vor noch die Meinung, dass die Welt auch ohne China prosperieren könne. Wenn mehr als 50% des Weltanteiles schwächeln, dann beeinflusst dies sehr wohl auch den Rest der Welt. Natürlich steht die USA ebenfalls als Gigant am Markt und dominiert gemeinsam mit China mit insgesamt 82% das weltweite Marktgeschehen. Doch, wie auch in anderen Bereichen, der größte Partner bestimmt in hohem Maße die Richtung in die alles läuft.
Quelle: IMF
Und wie sehr sich China auch bemüht die Wirtschaft anzukurbeln mit Programmen und mit Kapitalspritzen und niedrigeren Zinsen, die Erfolge blieben bislang weitgehend aus. Denn sonst würde die Wirtschaftsleistung nicht kontinuierlich sinken. Betrachten wir einmal die Zinsentwicklung des Landes und stellen sie geistig der nachlassenden Wirtschaftsentwicklung gegenüber, dann erkennen wir schon alleine daraus, dass diese Maßnahme nichts gefruchtet hat.
Quelle: tradingeconomics.com
Darüber hinaus hat sich der Verschuldungsgrad des Landes auf 292% des Bruttonationalproduktes dramatisch erhöht. Dies zeigt einmal mehr dass die Investitionspolitik hier nicht zum gewünschten Ziel führte. Seit Mitte 2014 gab es 6 Herabsetzungen des Zinssatzes und man erreichte damit auch nicht das "neue Normal" von 7% Wirtschaftswachstum. So wächst der deflationäre Druck auf Chinas Wirtschaft und es sieht nicht danach aus, als würde sich dieser Trend in nächster Zeit wieder umkehren.
Kommen wir zum Bereich der Rohstoffe und lassen einmal die Grafik auf uns wirken, die aufzeigt, welchen Anteil China am Weltbedarf tatsächlich besitzt
Quellen: BP, Antaika, IAI, CRU, Woodmac, Metal Bulletin, BofA, Merrill Lynch, Global Commodity Research
Der obige Chart spricht für sich und viele Länder wie Brasilien oder Australien sind abhängig vom Export nach China. So ist es kein Wunder wenn bei nachlassendem Bedarf versucht wird durch Produktionskürzungen und Stilllegungen dem Abwärtstrend entgegen zu wirken. China selbst hat für den inländischen Kohlebergbau erlassen, bis 2019 keine neuen Minen mehr zu genehmigen. China macht das natürlich nicht um die Weltmarktpreise alleine zu stützen, sondern auch um den eigenen Kohleminen ein Überleben bei den extrem tiefen Preisen einigermaßen zu bieten.
Die Gesamtbetrachtung wäre einseitig, würde man nur China unter die Lupe nehmen, aber auf die USA vergessen. Als wichtiger Faktor muss man auch die USA, zumindest im Groben, beleuchten, um das Gesamtbild rund zu bekommen.
Speziell in der Energiepolitik kann sich für die USA eine Problematik aufbauen, da das Land in den letzten Jahren bemüht war um mehr Unabhängigkeit vom Ölmarkt und verstärkt auf eigene Gas- und Ölgewinnung setzte. Zwar bringt der künstlich auf tiefes Niveau gedrückte Ölpreis der heimischen Wirtschaft und den Endverbrauchern Vorteile durch günstigere Preise. So schätzt man den wirtschaftlichen Gesamtgewinn aus dem Energiebereich für 2015 in den USA mit rd. 100 -120 Mrd. USD. Sicherlich ein warmer Regen für die Bevölkerung und Wirtschaft. Aber das Ganze hat auch eine Negativseite. Bei diesen Kursen ist ein Großteil der inländischen Betriebe nicht mehr fähig Gewinne aus der Produktion zu erzielen. Wodurch die große Gefahr einer Insolvenzwelle heimischer Öl- und Gasproduzenten erkennbar wird, was künftig wieder zu einer größeren Abhängigkeit von den Energieimporten führen sollte. Da die USA mehr Import- als Exportorientiert ist, würde dies verstärkt auf die Wirtschaftsleistung des Landes drücken und ebenfalls eine Negativspirale bewirken.
Aber auch weitere Spitzenprodukte, vor allem im Premiumpreissegment, die sehr stark ihr Wachstum auf den Absatzmarkt in China ausgerichtet hatten, müssen künftig mit Abnahme- und Erlösrückgängen rechnen. Apple zum Beispiel hatte in China mehr verkauft als im Inland.
Somit ist klar, dass auch die USA künftig verstärkt unter der nachlassenden Wirtschaftsleistung zu leiden haben werden. Denn es ist nicht gesichert, dass die chinesischen Bemühungen (neuer 5-Jahres-Plan, Schwenk von Investitionsstaat zu verstärktem Binnenmarkt) so stark greift, wie von politischer Seite gewünscht und verlautbart. Die aktuell laufende Korrektur der chinesischen Börse war zwar nach dem steilen Anstieg mehr als gerechtfertigt, kann aber durchaus einen weiteren Vertrauensverlust der Investoren nach sich ziehen. Und wie wir bisher gesehen haben, reagieren die Weltbörsen zeitgleich nervös mit ebenfalls deutlichen Abschlägen. Von dieser Negativspirale würden sich auch die Weltbörsen nicht entbinden können.
Zusammenfassend kann man daher sagen, dass es sehr wohl von China abhängen wird, ob sich die Weltmärkte an den Börsen und auch die Rohstoffe nach einer Bereinigungsphase wieder normalisieren, oder ob wir auf eine noch viel weiterreichende Talfahrt zulaufen. Wenn ja, dann haben wir nicht nur den weiteren Abwärtstrend in China bestätigt bekommen, sondern werden mehr als deutlich die Auswirkungen über die USA und Europa zu spüren bekommen. Dann bewahrheitet sich leider die Überschrift: China reißt die Weltwirtschaft mit in den Abgrund. Denn viele Firmenpleiten und sich verschlechternde Handelsbilanzen der Länder würden bis in die Politik reichen. Etwas, was kein schönes Zukunftsbild zeichnet.