Kolumne von Thomas Rausch

Wann kommt die Wende an den Rohstoff-Märkten?

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

es ist ein Blutbad. Seit 2011 fällt der Bloomberg Commodity Index wie ein Stein und hat ein neues 16-Jahrestief markiert, während die Aktienmärkte durch die Decke gehen.

Auf seinem Weg folgt ihm die TSX-Venture in die Tiefe. Das Geld der Investoren, der Schmierstoff der Juniors, ist für die meisten Unternehmen versiegt.

Aber längst bedroht die Krise auch die Giganten des Rohstoffsektors. Anglo American (WKN: A0MUKL, ISIN: GB00B1XZS820), der fünftgrößte Minenkonzern der Welt, kündigte bereits Massenentlassungen an (85.000 Stellen), sowie die Streichung der Dividenden an seine Aktionäre und den Verkauf von 60 Prozent seiner Projekte. Auf diese Weise wolle man das Kapital effektiver einsetzten, so CEO Mark Cutifani. Gemeint ist damit durch die Blume: Uns geht das Geld aus. In Zeiten des billigen Geldes ist das Unternehmen zu schnell gewachsen. Mit dem Ende des globalen Kreditzyklus, der 2011 durch das Fed eingeleitet wurde, wird nun offenbar, dass man sich verkalkuliert hat. Auf den Boom folgt nun die Bust-Phase.

"Für eine der größten Minengesellschaften läuft alles falsch". Quelle: Bloomberg

Aber Anglo ist kein Einzelfall. Verheerend ist auch die Situation bei Glencore (WKN: A1WY82, ISIN: US37827X1000), dem größten Rohstoffkonzern der Welt. Man wolle die Investitionen noch deutlicher senken als noch im November angekündigt, Projekte verkaufen und vor allem seine Schulden noch schneller senken als man noch vor wenigen Wochen angab. Die Schulden sind offenbar das größte Problem. Die abrupt steigenden Preise für die Kreditausfallversicherungen signalisieren bereits eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit für eine Pleite.

Im Sommer noch zeigten sich die Geldgeber demonstrativ gelassen und schossen neue Kredite nach. Schon damals erklärte ich meinen Premiumlesern, dass die Banken entweder den Ernst der Lage noch nicht verstanden haben oder aber versuchen – und das ist viel wahrscheinlicher -, ihre Kredite zu retten, indem sie das Unternehmen mit neuen Krediten über Wasser halten. Glencores Gesamtschulden auf den Kapitalmärkten wird auf ca. US$100 Mrd. geschätzt. Wenn die faul werden, könnte das einen Lehman-Effekt nach sich ziehen.

Das Fed ist ein unkalkulierbares Risiko

Können die Konzerne denn nicht rechnen? Wie können Stäbe von Experten, die kontinuierlich die Kreditrisiken für ihre Unternehmen kalkulieren, gleichzeitig so auf dem falschen Fuß erwischt werden? Die Ursache für diese systematischen Fehlkalkulationen, die mehr oder weniger alle Bereiche der Wirtschaft betrifft, liegt bei den Notenbanken und vor allem beim Fed. Künstlich niedrige Zinsen suggerieren einen höheren Wohlstand und eine zunehmende Nachfrage. Aufgrund dieser Fehlannahme werden Projekte angestoßen, die aber mit dem tatsächlichen Kapitalstock gar nicht verwirklicht werden können. Gelddrucken macht eben nicht reich. Wie groß der tatsächliche Kapitalstock ist, wird erst aufgedeckt, sobald die Notenbank den Zins anhebt und den Kreditzyklus beendet. Da bereits die Ankündigung einer möglichen Zinswende de facto eine Zinserhöhung ist, läuft dieser Anpassungsprozess schon seit einiger Zeit. Er beschleunigt sich im Moment, weil im Grunde kein Mensch weiß, welche Geldpolitik das Fed in den nächsten Monaten verfolgen wird. Und niemand kann kalkulieren, welche Effekte die Zinsanhebung, die am 16.12. mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartet wird, auf die globalen Kreditmärkte haben wird.

Eine Normalisierung der Geldpolitik ist unmöglich

Das Fed wird sehr wahrscheinlich im Dezember den Leitzins anheben. Sie tut damit das, was sie in der Vergangenheit immer getan hat: Sie löst eine Kettenreaktion aus. Unternehmen, die zu stark auf billige Kredite angewiesen sind, werden reihenweise in die Pleite gehen und andere Unternehmen mit sich reißen. Wir sehen das bereits in den Schwellenländern, aber auch erste deutliche Anzeichen zum Beispiel im US-Energiesektor. Je höher die Rate der Pleiten, desto wahrscheinlicher wird eine Rezession. Die letzte Zinserhöhung liegt fast 10 Jahre zurück! Haben Se auch nur eine Ahnung, wie viele marode Strukturen sich seither in der Weltwirtschaft gebildet haben, die ausschließlich nur dann funktionieren, wenn sie durch immer neue Kreditströme aufrechterhalten werden? Ich kann Sie beruhigen: das weiß niemand und kann auch niemand wissen. Das Fed ist genauso gespannt auf die konkreten Folgen der Zinswende wie der gesamte Markt.

Nach der Zinserhöhung ist vor der Zinserhöhung. Die Unsicherheit wird in den nächsten Wochen zunehmen. Unsicherheit bedeutet Risiko. Risiko bedeutet höhere Risikoprämien, also höhere Zinsen. Die Liquidität wird weiter austrocknen und die Wahrscheinlichkeit für Kreditausfälle wird steigen. Ein sich selbst beschleunigender Teufelskreislauf. Oder anders ausgedrückt: Das Fed lässt heiße Luft aus der Kreditblase. Wird die Liquidität so knapp, dass das Finanzsystem wankt, kommt die große Stunde von Janet Yellen: Sie wird ein gewaltiges QE5 auflegen. Um den Konsum der überschuldeten Haushalte anzukurbeln, wird die Notenbank vermutlich nicht nur Staatsanleihen kaufen, sondern auch Ausbildungs- und Autokredite. Banken horten im Moment das billige Fed-Geld in einer Größenordnung von US$2,5 Billionen. Die wissen einfach nicht, was sie damit machen sollen. Vielleicht wird man sie dazu zwingen, diese Liquidität in den Markt zu pumpen. Vielleicht als NINJA (No Income No Job no Assets)-Kredite. Wie auch immer, es wird keine Normalisierung der Geldpolitik geben. Notenbanken, die in jüngster Vergangenheit versucht haben, die Zinsen wieder anzuheben, mussten anschließend die Zinsen wieder senken.

Vielmehr wird sich die Interventionsspirale noch schneller drehen. Kurz: Das Fed zerstört kranke Strukturen, auf dessen Trümmern dann neue kranke Strukturen errichtet werden. Das ist zwar ebenfalls verheerend. Aber dieser Prozess des Zerstörens und Neuerichtens dauert länger, als wenn das Fed die Kreditausweitung ungebremst exponentiell vorantreiben würde.

Darauf sollten Sie setzen

Im Moment setze ich mit meinen Premium-Lesern auf die Zinswende, in dem ich auf fallende Aktienmärkte wette. Bei Goldminenaktien halte ich noch die Füße still, denn hier spekuliere ich auf die Wende von der Zinswende. Das Fed wird wahrscheinlich eine Rezession der US-Wirtschaft auslösen. Sobald sich die Konjunkturdate so deutlich verschlechtert haben, dass sich das Narrativ von der großen Erholung der US-Wirtschaft in Luft auflöst, wird der Goldmarkt QE5 einpreisen und damit die Erkenntnis, dass eine Normalisierung der Geldpolitik nicht mehr möglich ist. "Gold ist Geld, alles andere ist Kredit." So J. P. Morgan. Kredite können und werden platzen, Gold wird weiter glänzen.

Wenn QE5 und die Maßnahmen der anderen Notenbanken einen neuen Kredit- und Wirtschaftszyklus ankurbeln sollten und der US-Dollar und die Zinsen wieder fallen, dann dürften sich auch die Rohstoffpreise wieder deutlich erholen. Doch während ich dem Goldpreis neue Höchststände zutraue, bin ich bei den Rohstoffpreisen nicht so sicher, ob die Nachfrageseite etwa in China in absehbarer Zeit alte Höchststände erreichen kann.

Viel Erfolg wünscht Ihnen

Ihr Thomas Rausch

Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse nicht investiert.