Kolumne von Florian Grummes

Silber: Also doch – die finale Kapitulation ist im Gange

Silber in US-Dollar

Rückblick:

In den letzten vier Wochen durchbrach der Silberpreis klar und deutlich die monatelange Unterstützungszone zwischen 15,00US$ und 15,50US$. Erst am vergangenen Freitag fiel der Preis auf ein neues 8-Monatstief bei 14,33US$. Der gesamte Edelmetallsektor steht seit Wochen unter starkem Abgabedruck. Im Gegensatz zum Gold kann sich der Silberpreis aber noch über dem Tief vom letzten Dezember halten.

Mein immer wieder dargelegtes finales Kapitulationsszenario ist damit in vollem Gange. Allerdings hatte ich vor vier Wochen im Sommer eher mit einer nochmaligen Erholung gerechnet, denn es ist doch etwas untypisch, dass die Edelmetalle in den starken Sommermonaten derart unter die Räder geraten. Aber im Endstadium eines Bärenmarktes in eben alles möglich.

Der logarithmische Monatschart für den Silberpreis fasst das Kursgeschehen der letzten 15 Jahre zusammen. Der Ende 2001 bei einem Preis von 4,01US$ begonnene Aufwärtstrend führte den Silberpreis unter deutlichen Schwankungen bis auf ein Hoch bei 49,82US$ im Mai 2011. In weniger als zehn Jahren hatte sich der Silberpreis in US-Dollar also mehr als verzwölffacht! Die seit Mai 2011 aktive Korrektur warf den Silberpreis in einem klar definierten Abwärtstrend bis auf 14,15US$ zurück. Damit hat der Silberpreis in den letzten vier Jahren 71,5% verloren! Seit Ende 2001 bleibt unterm Strich dennoch ein beachtlicher Kursanstieg von knapp 260% in dreizehneinhalb Jahren. Allerdings dürfte eher die Minderheit bei Kursen unterhalb von 14,00US$ in den letzten 10 Jahren gekauft haben. Die große Mehrheit sitzt vermutlich auf Verlusten, und das obwohl Silber seit Beginn des neuen Jahrtausends sicherlich eines der besten Investments gewesen ist. Wieder einmal ein absurdes Beispiel dafür wie trickreich und kompliziert die Finanzmärkte doch sind.

Der gebrochene Aufwärtstrend (grün gestrichelte Linie) ist in den letzten Wochen wieder ein Stück weiter in die Ferne gerückt, allerdings gelingen den Bären nicht mehr wirklich dramatische Einbrüche. Dennoch bietet der Abwärtstrendkanal theoretisch noch Platz bis ca. 12,30US$. Erst ein Anstieg über 17,80US$-18,00US$ würde den vierjährigen Abwärtstrendkanal nach oben aufbrechen. In diesem Fall würde auch der Parabolic Sar Indikator (17,93US$) erstmals seit dem September 2011 wieder ein Kaufsignal geben. Damit wird klar, dass Kurse oberhalb von 18,00US$ ziemlich sicher das Ende der Baisse bedeuten würden. Bis dahin fehlt aber natürlich noch ein gutes Stück. Die anderen drei Indikatoren verharren allesamt im Bärenmarktmodus und geben noch keine bullischen Signale.

Mit dem Rutsch unter die Marke von 15,00US$ hat sich der Monatschart vorerst weiter eingetrübt.

Silber Wochenchart:

Mit dem Rutsch unter die Marke von 15,00US$ ist auf dem logarithmischen Wochenchart möglicherweise ein weiteres absteigendes Dreieck (hellblau) aktiviert worden. Allerdings ist dieses deutlich weniger markant als die beiden vorangegangen. Das theoretische Kursziel läge jedenfalls bei 12,50US$.

Gleichzeitig spricht aber die immer stärkere werdende positive Divergenz beim MACD Indikator eher für eine baldige Trendwende nach oben. Der Indikator hat alle Preistiefs seit Mitte 2013 nicht mehr bestätigt. Dieses Verhalten ist typisch am Ende eines Trends und passt sehr gut zu meiner vor acht Monaten aufgestellten These, dass Silber die Tiefs vom Dezember 2014 nicht mehr oder zumindest nicht mehr deutlich unterschreiten wird.

Auch der Stochastik Indikator ist wieder klar überverkauft und dürfte das Kursrisiko nach unten ebenso begrenzen wie das untere Bollinger Band (14,56US$). Bedenken sie, dass die Wahrscheinlichkeit für Kurse außerhalb der Bollinger Bänder bei lediglich 5% liegt. Insofern dürfte es den Bären schwer fallen, die Preise deutlich und für einen längeren Zeitraum unter das Bollinger Band zu drücken.

Zusammengefasst behalten die Bären den Wochenchart unter ihrer Kontrolle. Es mehren sich aber zunehmend die Anzeichen einer im Herbst anstehenden Trendwende.

Silber Tageschart:

Auf dem Tageschart lassen sich aktuell zahlreiche Varianten einzeichnen. Am trefflichsten erscheint ein symmetrisches Konsolidierungs-Dreieck, welches Anfang Juli nach unten aufgelöst wurde und im Anschluss kurz getestet wurde. Fakt ist jedenfalls, dass die monatelange Unterstützungszone oberhalb von 15,00US$ klar gebrochen wurde, gleichzeitig aber das Tief von Anfang Dezember 2014 bei 14,15US$ bisher nicht unterboten wurde.

Während das seit Ende Mai aktive MACD-Verkaufssignal mittlerweile weit gelaufen ist und langsam aber sicher an Kraft verliert, bewegt sich die Stochastik mit beiden Signallinien im überverkauften Bereich und benötigt nur noch einen weiteren Handelstag um in den ultrabearishen "embedded" Status zu wechseln.

Die fallende 200-Tagelinie (16,38US$) als auch die fallenden 50-Tagelinie (15,90US$) notieren weit vom aktuellen Preisgeschehen entfernt. Beide Durchschnitte dürften im Falle einer deutlichen Erholung zunächst als starke Widerstände fungieren. Auf der Unterseite liefern das Bollinger Band (14,36US$) als auch das Dezembertief Unterstützung.

Zusammengefasst bleibt der Tageschart bearish. Möglicherweise gelingt dem Silberpreis in den kommenden Wochen nun zwischen 14,00US$ und 15,00US$ eine Seitwärtskonsolidierung, während der Goldpreis sein finales Tief im Bereich zwischen 980,00US$ – 1.035,00US$ auslotet.

Gold/Silber Ratio:

Monatelang schon läuft das Gold/Silber-Ratio seitwärts zwischen 70 und 77 Punkten. Da die Aussagekraft somit begrenzt ist, wollen wir dieses Mal den Blick auf das große Bild vornehmen. Seit April 2011 ist das Ratio von 32 bis auf fast 78 Punkte angestiegen. Silber hat somit deutlich mehr als Gold in den letzten vier Jahren verloren. Der "MACD"-Indikator hat dabei aber recht ambitionierte Höhen erreicht, kommt seit Jahresbeginn nicht mehr voran und wirkt "müde". Zudem dreht das dazugehörige Histogramm bereits nach unten. Dem "RSI"-Indikator ist es trotz der jahrelangen Aufwärtsbewegung nicht gelungen bis in den überkauften Bereich vorzudringen. Insgesamt mehren sich die Anzeichen einer anstehenden Trendwende, welche aber erst mit Werten klar unterhalb 69 Punkten bestätigt wird.

Silberminen ETF:

Ganz besonders schlimm hat es in den letzten Wochen die Gold- und Silberminenaktien erwischt. Stellvertretend für den Silberminensektor benutze ich zur Analyse die Preisentwicklung des Silver Miners ETF (Symbol: SIL).

Seit der letzten Analyse fiel der ETF von 8,63US$ bis auf ein Tief bei 6,34US$ – ein Abschlag von 26,7%! Mit dem Rutsch unter die mittlerweile weit entfernte 50-Tagelinie (8,51US$) nahm der Crash seinen Lauf. Alle Indikatoren sind mittlerweile deutlich überverkauft, eine unmittelbare Trendwende ist aber noch nicht absehbar. Die Abweichung von der 200-Tagelinie beträgt aktuell knapp 29%. Das ist ein extremer Wert, welcher typischerweise nur wenige Wochen anhalten kann. Insofern ist allerspätestens im September der finale Boden zu erwarten. Im Anschluss sollte der Beginn einer neuen Mega-Hausse folgen. Auf dem Weg dorthin wäre in den kommenden Wochen noch ein weiteres Tief zu erwarten, welches aber idealerweise von den Indikatoren nicht mehr bestätigt werden sollte.

Für den Silberpreis lässt sich zur Stunde jedenfalls noch keine positive Vorläuferindikation der Minen ermitteln. Vielmehr scheint das Drama noch nicht ganz ausgestanden zu sein.

Wer meiner Kaufempfehlung vor vier bzw. acht Wochen gefolgt ist, hat hoffentlich den damals genannten Stoppkurs berücksichtigt. Dieser hat uns rechtzeitig vor dem Crash aus dem Markt genommen. Die jetzt ausgebombten Kurse sind verführerisch, der ETF kann aber ohne weiteres nochmal 10-20% verlieren. Insofern würde ich sehr vorsichtig und nur in ganz kleinen Schritten einen Einstieg wagen. Der Stoppkurs sollte dabei sehr viel Platz zum atmen haben und am besten bei 5,00US$ platziert werden. Hier gibt es zwar keine charttechnischen Marken, aber ein Polster von 25% nach unten sollte genug Luft geben, um die finalen Attacken der Bären durchzustehen. Bedenken sie daher bei ihrer Positionsgröße ihr Risikomanagement und halten die Position entsprechend klein. Es empfiehlt sich ein Einstieg in Trippelschritten verteilt über die nächsten Wochen.

Auch der pro aurum Value Flex Fond (ISIN: DE000A0YEQY6) ist jetzt interessant. Der Fond hatte einen schwierigen Start, hält aber mit Werten wie Silver Wheaton und Fresnillo einige der Top-Silberaktien im Portfolio und sollte sich in den kommenden Jahren locker verdoppeln können.

CoT-Report:

In den Kurssturz der letzten Wochen haben die professionellen Spieler ihre Leerverkäufe weiter reduziert. Mit Stand vom 21.Juli hielten sie bei einem Silberpreis von 14,81US$ kumuliert nur noch 11.167 leerverkaufte Kontrakte auf den Silberfuture an der COMEX. Gleichzeitig haben die großen Spekulanten ihre Long-Positionen kumuliert mittlerweile fast vollständig abgebaut. Am Papier-Goldmarkt sind sie zusammengerechnet bereits erstmals short!

Hinter den großen Spekulanten verbergen sich zumeist Hedgefonds mit Trendfolgestrategien, welche derzeit also auf weiter fallende Kurse spekulieren. Im langfristigen Vergleich liefert die derzeitige Konstellation am Terminmarkt jedoch sowohl für Gold als auch für Silber ein klares Kaufsignal. Allerdings beinhalten diese Signale keine Zeitkomponente (Timing). Vielmehr kann der aktuell extreme Zustand durchaus noch einige Woche anhalten und sich auch noch verstärken, bevor das "Smart Money" die Hedgefonds wie immer zur Schlachtbank führen wird.

Sentiment:

Die Stimmung unter den Edelmetallanlegern befindet sich mittlerweile ohne Zweifel im zweiten Untergeschoß der Tiefgarage. Auch die Online Ausgabe der Bildzeitung ist auf den Crash aufmerksam geworden. Allerdings ist mir das noch nicht prominent genug. In den kommenden Wochen wäre noch ein lauter Abgesang einer großen Investmentbank auf den Goldpreis (am besten auf einer Mainstream-Titelseite) wünschenswert. Dann wären alle Zutaten für ein epochales Stimmungstief vorhanden. In jedem Fall kann auch jetzt schon ein völlig übertriebener Pessimismus eindeutig festgestellt werden. Im Umkehrschluss liefert das Sentiment also ein Kaufsignal.

Saisonalität:

Der Monat Juli knüpft bisher nahtlos an die miserabel Vorstellung der letzten Monate an. Aktuell stehen seit Monatsbeginn 6,77% Verlust zu Buche. Statistisch betrachtet, ist das eine krasse Standardabweichung, denn im Durchschnitt der vergangenen 40 Jahren legte der Silberpreis im Juli 2,3% zu.

Für den August liegt die statistische Erwartung bei einem Anstieg von 0,4%. Im aktuell äußerst volatilen Marktumfeld dürfte sich der Silberpreis aber sicherlich stärker bewegen. Obwohl das saisonale Muster bereits seit Wochen grünes Licht gibt, vermute ich dass wohl erst der September mit klar grünen Vorzeichen aufwarten wird.

Silber in EUR

Rückblick:

Wochenlang hing der Silberpreis in Euro gerechnet lethargisch zwischen der Unterstützung bei 14,00€ und seiner 200-Tagelinie (14,25€) fest. Anfang Juli dann wurde die Unterstützung klar unterschritten. Ein kurzes Aufbäumen führte die Notierungen nochmal bis 14,45€, bevor es in den letzten zwei Wochen deutlich bergab ging. Neben dem schwachen Silberpreis in US-Dollar war vor allem auch die in diesem Umfeld etwas überraschende stabile Entwicklung des Euros für die fallenden Preise verantwortlich. Meine Erwartung einer Sommerrally war jedenfalls eindeutig falsch.

Euro-Silber Wochenchart:

Auf dem logarithmischen Wochenchart verbleibt der €-Silberpreis in seinem klar definierten Abwärtstrendkanal. Da die Unterstützung um 14,00€ nun erneut unterschritten wurde, ist der Weg in Richtung 12,00€ im Grunde genommen frei. Der Abwärtstrendkanal bietet sogar Platz bis 10,50€. Das untere Bollinger Band (13,00€) stoppt die Bären derzeit aber und dürfte auch in den kommenden Wochen Übertreibungen nach unten abfedern.

Auffällig bleibt die positive Divergenz beim "RSI"-Indikator. Die Stochastik ist klar überverkauft, bewegt sich aber noch im trendverstärkenden "embedded" Modus. Solange das so bleibt, ist jede Erholung Makulatur.

Die nächste Unterstützungszone zwischen 11,50€ und 12,00€ sollte eigentlich halten und zusammen mit dem Tief vom letzten Dezember ein tragfähiges Doppeltief abgeben. Bis auf weiteres bleibt der Wochenchart aber klar negativ.

Euro-Silber Tageschart:

Auf dem Tageschart ist das absteigende Dreieck mittlerweile bestätigt. Das Kursziel liegt bei ca. 12,00€ und könnte bereits in den kommenden Wochen erreicht werden. Ausgehend von der breiten und starken Unterstützungszone zwischen 11,35€ und 12,42€ könnte dann eine nachhaltige Trendwende nach oben erfolgen. Noch fehlt bis dahin aber knapp 1,00€ bzw. knapp 7,5%.

Die Indikatoren geben noch keine Signal für eine Trendwende, sondern bestätigen aktuell den etablierten Abwärtstrend. Allerdings sind sowohl der "RSI"-Indikator als auch die Stochastik mittlerweile überverkauft. Der "MACD" hat ein aktives Verkaufssignal und noch Platz nach unten.

Insgesamt ist der Tageschart bearish und lässt einen finalen Ausverkauf Richtung 12,00€ erwarten. Zwischengeschaltete Erholungen müssten allerspätestens um 14,00€ enden, vermutlich wird €-Silber in den kommenden Wochen aber nicht über 13,50€-13,75€ hinauskommen. Je nachdem wie sich das Finale in den kommenden Wochen darstellt, sollte im September das Ende der Korrektur erfolgen.

Handelsempfehlung:

Ich reduziere das aktuelle Nachkauflimit leicht von 12,50€ auf 12,35€. Damit sollten sie mit hoher Wahrscheinlichkeit in den kommenden Wochen nochmals günstig nachkaufen können.