Kolumne von Florian Grummes

Gold: Die Ruhe vor dem Sturm

Gold in US-Dollar

Rückblick:

In den letzten vier Wochen konnte sich der Goldpreis zunächst wie erwartet bis an seine 200-Tagelinie erholen. Im Anschluss daran jedoch übernahmen die Bären sofort wieder die Kontrolle und drückten die Notierungen Schritt für Schritt bis auf 1.145,90US$ und damit auf den tiefsten Stand seit vier Monaten. In den vergangenen vier Handelstagen versucht sich der Goldpreis nun an einer ersten Stabilisierung, welche aber immer noch auf sehr wackeligen Füßen steht. Insgesamt war meine Erwartung einer anstehenden Sommer-Rally eindeutig verfrüht.

Gold in USD Monatschart:

Der logarithmische Monatschart hat sich kaum verändert. Wie gehabt bewegt sich der Goldpreis hier ziemlich lethargisch im unteren Teil des klar definierten vierjährigen Abwärtstrendkanals. Gleichzeitig sind die letzten zwei Jahre als eine trendlose Seitwärtsphase zu klassifizieren. Unklar bleibt weiterhin wie dieses Seitwärtsgeschiebe aufgelöst werden wird. Kommt es noch zu einem finalen Ausverkauf bis zur nächsten massiven Unterstützung um 1.000,00US$ – 1.035,00US$ oder aber gelingt dem Goldpreis eine Bodenbildungsformation ähnlich der zwischen 1998 und 2002?

Die Indikatoren jedenfalls verharren weiterhin im Bärenmarktmodus. Der "MACD"-Indikator läuft seitwärts ohne klares Signal. Der "RSI"-Indikator bewegt sich seit über zwei Jahren seitwärts auf niedrigem Niveau. Die Stochastik schließlich hat wieder die überverkaufte Zone erreicht. Positiv ist immerhin die Tatsache, dass der "Parabolic Sar"-Indikator mittlerweile bereits bei Kursen oberhalb von 1.246,79US$ erstmals seit dem Dezember 2011 zu einem Kaufsignal wechseln würde. Natürlich sind wir davon noch ein gutes Stück entfernt, theoretisch sind die fehlenden 7,7% Kursanstieg allerdings durchaus in wenigen Wochen erreichbar.

Das untere Bollinger Band (1.120,36US$) ist wieder ein Stück gefallen. Insofern verschiebt sich die nächste Unterstützung auf dem Monatschart weiter nach unten.

Zusammengefasst bleibt der Monatschart leicht negativ. Erst Kurse oberhalb von 1.230,00US$ würden das Bild deutlich aufhellen. Oberhalb von 1.300,00US$ dürfte Gold bereits zum Befreiungsschlag und zur übergeordneten Trendwende ausgeholt haben.

Gold in USD Wochenchart:

Auf dem logarithmischen Wochenchart hat sich seit Jahresbeginn ein Dreieck entwickelt. Die untere relativ flach verlaufende Kante wird dabei durch die höheren Tiefs seit Ende November 2015 definiert. Demnach wären jetzt Kurse unterhalb des Tiefs der letzten Woche bei 1.145,90US$ äußerst bedenklich. Allerdings stützt das untere Bollinger Band (1.148,56US$) den Goldpreis genau an dieser kritischen Marke. Auf der Oberseite bietet das Dreieck derzeit noch Platz bis ca. 1.190,00US$.

Die überverkaufte Stochastik spricht eher für eine in Kürze anstehende Erholung, während der "MACD" bereits seit März ohne klares Signal seitwärts läuft. Auffällig bleibt die Tatsache, dass sich der Goldpreis seit dem Frühjahr nur noch sehr lethargisch durch die Gegend schleppt. Manchmal scheint es gar, also ob der Markt vollständig zum Stillstand gekommen wäre. Vermutlich ist es aber "nur" die Ruhe vor dem Sturm, welche sich über den Goldmarkt ausgebreitet hat. Wie auch immer das Dreieck auch aufgelöst werden wird, es dürfte Bewegung in den Markt kommen. Auf der Oberseite hätte der Goldpreis mit einem Anstieg über 1.190,00US$ zunächst Platz bis zum oberen Bollinger Band (1.220,97US$). Ein Durchbruch unter 1.146,00US$ hingegen dürfte zu einem zügigen Kursrutsch in Richtung 1,100.00US$ führen.

Insgesamt bleibt der Wochenchart noch neutral, aber mit stark bärischem Unterton.

Gold in USD Tageschart:

Der logarithmische Tageschart bringt die Malaise auf den Punkt. Hier bewegt sich der Goldpreis weiterhin klar unterhalb seiner 50-Tagelinie (1.185,04US$) als auch unterhalb seiner 200-Tagelinie (1.202,42US$). Seit letzter Woche hängen die Notierungen nun auch nur noch knapp oberhalb der entscheidenden Unterstützungszone zwischen 1.131,00US$ – 1.141.00US$. Spätestens unterhalb von 1.130,00US$ dürften die noch verbliebenen Bullen ihre Stopps gelegt haben und könnten damit einen möglichen Kursrutsch erst recht beschleunigen. Das oft beschriebene Kapitulationsszenario bleibt also akut. Allerdings konnten die Bären bisher kein Momentum entfachen und den Sack endgültig zu machen.

Für eine Erholung hingegen spricht charttechnisch derzeit nur die überverkaufte Stochastik, welche in den letzten Handelstagen ein Kaufsignal gebildet hat.

Das expandierende Dreieck ist auch noch nicht endgültig vom Tisch. Sollte Gold vom aktuellen Niveau aus eine klare Erholung gelingen, wären sogar Kurse zwischen 1.240,00US$ – 1.260,00US$ denkbar. Realistisch erscheint mir aber aufgrund der überverkauften Lage in Verbindung mit der günstigen Saisonalität, dem ausgebombten Sentiment sowie der Lage am Terminmarkt eine Erholung bis zumindest 1.185,00US$ evtl. auch 1.190,00US$.

Zusammengefasst bleibt der Tageschart klar bearish.

Gold/Silber-Ratio:

Wie vor vier Wochen an gleicher Stelle erwartet, kam es beim Gold/Silber-Ratio zu einem Test der oberen Begrenzung der Seitwärtszone. Das Ratio schnellte aufgrund des schwachen Silberpreises zwischenzeitlich bis auf 77,95 Punkte nach oben. Kurzfristig sah es dabei so aus, als ob der Ausbruch aus der fast 10 monatigen Seitwärtsbewegung gelingen könnte. Mittlerweile ist der Ausbruch aber klar gescheitert und das Ratio ist folgerichtig schnell zurückgekommen. Mindestens ein Test der steigenden 200-Tagelinie (72,91) wäre nun eigentlich logisch.

Insgesamt bleibt die Aussagekraft innerhalb der Seitwärtszone zwischen 70 und 77 Punkten aber weiterhin stark begrenzt.

CoT-Report:

Mit dem deutlichen Preisrückgang in den letzten drei Wochen hat sich die Lage am Terminmarkt nun stark verbessert. Die kommerziellen Händler halten derzeit "nur noch" 52.589 leerverkaufte Kontrakte auf den Goldfuture. Langfristig betrachtet war eine derart niedrige Shortposition immer ein Garant für eine Erholungsrally in den darauffolgenden Wochen.

Während die Charttechnik also noch keine Anzeichen für eine Trendwende sendet, liefert der CoT-Analysebaustein ein klares und starkes Kaufsignal. Allerdings kann dieser Zustand durchaus mehrere Wochen anhalten bis sich die Preise dann zu erholen beginnen.

Sentiment:

Die aktuellen Sentimentdaten bestätigen meine persönliche Wahrnehmung, dass die Stimmung unter den Edelmetallanlegern zuletzt einen neuen Tiefpunkt erreicht hat. Bullische Analysen haben derzeit Seltenheitswert. Vielmehr ist ein anstehender Ausverkauf bis auf 1.000,00US$ mittlerweile klar die Mehrheitsmeinung. Ein derart extremer Pessimismus lag zuletzt im Juni 2013 vor. Damals konnte sich der Goldpreis im Anschluss um knapp 250,00US$ erholen. Resignation umschreibt die aktuelle Lage wohl am besten. Und selbst wenn der Bärenmarkt übergeordnet bei den Edelmetallen noch weiter gehen sollte, der extrem hohe Pessimismus spricht in jedem Fall für eine Erholung in den Sommermonaten.

Das saisonale Muster lässt bis Anfang Oktober klar steigende Goldpreise erwarten. Bereits im Juli legt der Goldpreis statistisch betrachtet 0,5% zu. Im August sind es dann sogar 1,5%

Gold in Euro

Rückblick:

In Euro betrachtet läuft der Goldpreis seit der zweiten Juniwoche in einer engen Handelspanne zwischen 1.035€ und 1.065€ seitwärts. Immerhin konnte sich €-Gold dabei oberhalb seiner 200-Tagelinie (1.039€) halten.

Gold in EUR Wochenchart:

Auf dem logarithmischen Wochenchart konsolidiert der Goldpreis in Euro noch immer den starken Jahresauftakt. Ein klares charttechnisches Muster lässt sich derzeit nicht erkennen, allerdings ist die ehemals überkaufte Lage vollständig bereinigt. Die Stochastik notiert klar im überverkauften Bereich, während die Indikatoren "MACD" und "RSI" als neutral eingestuft werden können.

Eigentlich sollte man nach dem Ausbruch über den monatelangen Widerstand um die psychologische Marke von 1.000€ einen Test derselben von oben erwarten. Bisher kam es aber nicht dazu. Vielmehr gelingt es dem €-Goldpreis sich um die Marke von 1.050€ zu halten.

Insgesamt ist der übergeordnete Aufwärtstrend nach wie vor intakt. Ein letzter Rücksetzer bis auf das Ausbruchsniveaus um 1.000€ kann aber weiterhin nicht ganz ausgeschlossen werden.

Gold in EUR Tageschart:

Die wichtigste Erkenntnis auf dem logarithmischen Tageschart kommt vom Bollinger Band (1.042€ und 1.059€). Die beiden Bänder haben sich seit Ende Juni dramatisch zusammengezogen. Hier baut sich Druck auf und eine größere Kursbewegung ist bereits absehbar, wobei die Richtung zunächst noch nicht bestimmt werden kann. Allerdings spricht das Kaufsignal beim MACD als auch die Wende bei der Stochastik durchaus für einen Anstieg nach oben. Da zudem die 200-Tagelinie (1.039€) weiterhin ansteigt und übergeordnet die gesamte Bewegung seit Ende Januar als Konsolidierung im Aufwärtstrend verstanden werden muss, haben die Bullen also die klar besseren Karten. Sollte der Ausbruch wieder erwarten nach unten erfolgen, so müsste die Unterstützungszone um 1.000€ halten.

Zusammengefasst ist der Tageschart zwar kurzfristig noch neutral aber eine (vermutlich bullische) größere Kursbewegung ist bereits absehbar.

Handelsempfehlung:

Nachdem wir in den vergangen Monaten immer wieder antizyklisch die Abverkaufsspitzen unterhalb von 1.050€ zu Käufen genutzt haben, hatte ich vor vier Wochen mein Nachkauflimit auf 1.015€ herabgesetzt. Dabei bleibt es auch bis auf weiteres. Wer allerdings bis jetzt immer noch keine physischen Edelmetalle besitzt oder aber deutlich weniger als 10% seines gesamten Vermögens in dieser Anlageklasse hält, sollte die noch günstigen Kurse unterhalb von 1.050€ unbedingt zu Käufen nutzen.

Goldminenindex GDX

Die Minenaktien liefern erneut ein Trauerspiel ab. Seit dem 14.Mai verlor der GDX fast 23% und erreichte gestern zwischenzeitlich die Tiefststände vom letzten November. Einzelwerte wurden teilweise noch stärker abgestraft. Einziges Hoffnungssignal ist das gestrige Kursgeschehen. Nach anfänglichen Verlusten konnten der GDX noch ins Plus drehen. Allerdings bewegt sich die Stochastik weiterhin klar mit beiden Signallinien unterhalb von 20 und hat den Abwärtstrend damit festgezurrt. Auch das "MACD"-Verkaufssignal von Mitte Mai ist weiterhin aktiv. Der "RSI" ist mittlerweile leicht überverkauft. Insgesamt ein erschreckend schwaches Bild. Gleichzeitig könnte man natürlich argumentieren, dass die aktuelle Konstellation den idealen Nährboden für eine überraschende Sommer-Rally bietet. Der Abstand zur fallenden 200-Tagelinie (19,62US$) beträgt jedenfalls über 14%. Und auch die fallende 50-Tagelinie (18,99US$) ist deutlich vom aktuellen Marktgeschehen entfernt. In der gleichen Region liegt zudem auch noch das obere Bollinger Band (19,31US$) als auch die übergeordnete Abwärtstrendlinie. Kurse deutlich oberhalb von 19,00US$ sind daher in den kommenden Monaten nur schwer vorstellbar. Eine mögliche Erholung trifft zunächst bei ca. 17,60US$ auf ersten Widerstand. Darüberhinaus wartet bei ca. 18,50US$ die gebrochene ehemalige Unterstützungslinie.

Insgesamt ist der Chart klar bearish, die Chance auf eine Erholung bzw. Sommer-Rally steigen aber zunehmend an