Kolumne von Florian Grummes

Erholung und Sommerrally bis 1.235US$

Gold in US-Dollar

Rückblick:

Seit dem letzten Tief Mitte März bei 1.141,60US$ konnte sich der Goldpreis zwar immer wieder kurzzeitig erholen, insgesamt kamen die Bullen aber kaum voran. Die Marke von 1.200,00US$ wurde zwischenzeitlich wieder verloren, ist aber nach wie vor in Reichweite. Mein bevorzugtes Szenario einer finalen Kapitulation ist noch nicht eingetreten, bleibt aber grundsätzlich virulent. Ausgehend von 1.232,00US$ rutschte Gold in den letzten vier Wochen zunächst bis auf 1.162,10US$ nach unten. Dennoch konnten die Bullen die Marke von 1.171,00US$ auf Tageschlusskursbasis verteidigen. Seitdem versuchen sie sich an einer bisher erfolglosen Fortsetzung der Erholung.

Gold in USD Monatschart:

Auf dem logarithmischen Monatschart bewegt sich Gold weiterhin im unteren Teil des klar definierten vierjährigen Abwärtstrendkanals. Mittlerweile liegt die untere Kanalbegrenzung bei knapp 1.000,00US$ und damit ziemlich genau im Bereich meines "worst case" Szenarios für den Goldpreis. Immerhin bietet das untere Bollinger Band (1.131,62US$) gute Unterstützung nach unten. Ein Anstieg über 1.260,00US$ hingegen würde das Kursgeschehen in den oberen Bereich des Abwärtstrendkanals verlagern und gleichzeitig ein Kaufsignal beim "ParabolicSar" – Indikator auslösen. Im großen Bild könnte sich der Abwärts- trendkanal mittelfristig als Bullenflagge erweisen. Beendet ist der Abwärtstrend aber erst mit einem Kursanstieg über die massive Widerstandszone um 1.500,00US$. Davon ist der Goldpreis derzeit noch meilenweit entfernt.

Eine alternative Sicht auf den langfristigen Chart spricht für eine Bodenbildungsformation ähnlich der zwischen 1998 und 2002. Ein Anstieg bis an das obere Bollinger Band (1.340,53US$) in Verbindung mit einem klaren Kaufsignal beim "MACD"-Indikator wäre ein erstes Indiz dafür, dass die Bodenbildungsformation zu einem Abschluss kommt. Auch davon ist derzeit aber noch nichts auf dem Chart zu erkennen.

Solange sich der Goldpreis also in der unteren Hälfte des Abwärtstrendkanals bewegt, behalten die Bären übergeordnet klar die Oberhand.

Gold in USD Wochenchart:

Auf dem logarithmischen Wochenchart ist die immer geringer werdende Schwankungsbreite des Goldpreises deutlich zu erkennen. Das Tief vor 10 Tagen lag bei 1.162,10US$, und damit klar unter der für das absteigende Dreieck entscheidenden waagrechten Linie. Erneut wurde die Marke von 1.180,00US$ also unterschritten. Dadurch verliert sie zunehmend an Aussagekraft. Spielt aber die waagrechte rote Linie keine Rolle mehr, dann handelt es sich auch nicht um ein absteigendes Dreieck! Obwohl preistechnisch noch überhaupt gar keine Bestätigung vorliegt, gewinnt der bullische Keil dadurch an Wahrscheinlichkeit. Dieser wäre mit Kursen oberhalb von 1.300,00US$ nachhaltig bestätigt wäre.

Gleichzeitig ist aber das obere Bollinger Band (1.234,73US$) in den letzten Wochen deutlich gefallen, so dass die Bullen allerspätestens um 1.240,00US$ auf massiven Widerstand treffen würden. Das untere Bollinger Band (1.154,86US$) hingegen bewegt sich leicht nach oben. Beide Bänder ziehen sich also weiter zusammen. Mittelfristig kündigt sich damit eine größere Bewegung an. Ob diese nach oben oder unter erfolgen wird, lässt sich noch nicht sagen. Die Indikatoren helfen bei der Suche aktuell leider ebenfalls nicht wirklich weiter. Die trendlose Seitwärtsphase der letzten Monate macht sich hier zunehmend bemerkbar. So läuft der "MACD"-Indikator bereits seit März ohne Aussagekraft seitwärts. Ebenso der "RSI"-Indikator. Die Stochastik hat zuletzt Ende Mai ein Verkaufssignal erzeugt.

Insgesamt muss der Wochenchart derzeit als neutral eingestuft werden. Auf Sicht der kommenden 1-2 Monate sollte der Goldpreis zwischen 1.155,00US$ und 1.235,00US$ verharren.

Gold in USD Tageschart:

Auf dem Tageschart notiert der Goldpreis derzeit knapp unter seiner 50-Tagelinie (1.194,08US$) und etwas deutlicher unterhalb seiner immer noch fallenden 200-Tagelinie (1.208,77US$). Die letzten Monate waren von Fehlausbrüchen und einer schwierigen Seitwärtsphase geprägt. Positiv bleibt aber die Tatsache, dass es den Bären nicht gelungen ist, einen ihrer zahlreichen Matchbälle in den letzten Monaten zu verwandeln. Allerdings fehlt den Bullen bisher jegliche Durchschlagskraft. Die nun anstehenden sehr günstigen Sommermonate könnten jedoch für Rückenwind sorgen.

Bei den Indikatoren steht der "MACD" kurz vor einem Kaufsignal. Die Stochastik hat bereits vor einigen Tagen nach oben gedreht. Der "RSI"-Indikator hingegen bleibt neutral. Ein erstes bullisches Kursziel liegt bei ca. 1.210,00US$. Hier bilden das obere Bollinger Band (1.210,15US$), die fallende 200-Tagelinie (1.208,77US$) also auch die Abwärtstrendlinie der letzten beiden Hochs eine gebündelte Widerstandszone. Darüber hinaus lässt sich mit dem Kursgeschehen der letzten Monate ein expandierendes Dreieck konstruieren. Die nun anstehende Welle e ist die längste Welle in dieser Formation und könnte uns in den Sommermonaten nochmals Kurse im Bereich von ca. 1,235,00US$ oder höher bescheren. Übergeordnet handelt es sich bei einem expandierenden Dreieck aber um eine bearishe Formation. D.h. nach einer Sommerrally dürften deutlich tiefere Kurse auf dem Programm stehen.

Sollte den Bären jedoch bereits jetzt oder in den kommenden Wochen ein Tagesschlusskurs unterhalb von 1.170,00US$ (noch eindeutiger unterhalb von 1.160,00US$) gelingen, wird mein oft beschriebenes Kapitulationsszenario wieder akut und Gold könnte zügig bis auf zunächst 1.130,00US$ abverkauft werden.

Zusammengefasst hat der Tageschart einen leicht bullischen Unterton.

Gold/Silber-Ratio:

Das Gold/Silber-Ratio ist in den letzten Wochen wieder deutlich gestiegen und wirft damit kein gutes Licht auf den Edelmetallsektor. Der Fehlausbruch unter die 200-Tagelinie (72,18) als auch unter die monatelange Seitwärtsbegrenzung lasten schwer auf dem Chart. Eigentlich müsste nun konsequenterweise die obere Begrenzung (ca. 77 Punkte) zügig getestet werden. Insgesamt ist die Aussagekraft angesichts des neunmonatigen Seitwärtsgeschiebes zwischen 70 und 77 Punkten derzeit stark begrenzt.

Erfreulicherweise hat sich die Lage am Terminmarkt vor allem in der letzten Woche wieder deutlich entspannt. Bei einem Tagesschlusskurs von knapp 1.180,00US$ hielten die kommerziellen Händler kumuliert 78.589 leerverkaufte Kontrakte auf den Goldpreis. Diese relativ niedrige Positionierung liefert aktuell ein Kaufsignal für den Analysebaustein CoT-Report. Gleichzeitig haben die Profis auch am Silbermarkt ihre Shortpositionen deutlich reduziert.

Sentiment:

Die aktuellen Sentimentdaten liefern für den Goldpreis ein antizyklisches Kaufsignal. Die Stimmung ist derzeit von exzessivem Pessimismus gekennzeichnet. Wie weit dieses Kaufsignal den Goldpreis tragen kann, wird sich zeigen. Die Stimmung am Platinmarkt jedenfalls liegt derzeit auf dem tiefsten Stand seit 10 Jahren! Auch beim Silber sehen die Sentimentwerte mittlerweile konstruktiver aus. Insgesamt deutet alles auf eine Erholung der Edelmetalle in den Sommermonaten hin.

Tatsächlich kam der Goldpreis ab Mitte Mai gemäß dem saisonalen Muster deutlich unter Druck. Auf Sicht der nächsten drei Monate schalten die Ampeln nun aber ganz klar auf grün. Ab Mitte Juni bis Anfang Oktober waren in den letzten dreißig Jahren massive Kursanstiege zu beobachten. Es beginnt damit die beste Phase des Jahres für die Gold und Silber.

Gold in Euro

Rückblick:

In Euro gerechnet geriet der Goldpreis in den letzten Wochen deutlich unter Druck. Meine Erwartung steigender Kurse erwies als falsch. Vielmehr rutschte €-Gold ausgehend von 1.119€ bis auf 1.038€ zurück.

Gold in EUR Wochenchart:

Auf dem logarithmischen Wochenchart konsolidiert der Goldpreis in Euro weiterhin den starken Jahresauftakt oberhalb des Ausbruchsniveaus bei 1.000€. Ein klares charttechnisches Muster lässt sich derzeit jedoch nicht erkennen. Die beiden Bollinger Bänder (1.034€ und 1.130€) haben sich wieder etwas zusammengezogen, dennoch ist die Range noch deutlich zu groß, als das eine impulsive Ausbruchsbewegung möglich wird. Hier ist noch mehr Konsolidierungsbedarf vorhanden.

Bei den Indikatoren finden wir ein eher eingetrübtes Bild. Der "MACD"-Indikator fällt seit dem sehr späten Verkaufssignal Anfang April zwar nach unten, wirklich bereinigt ist die überkaufte Lage hier aber trotz der monatelangen Konsolidierung immer noch nicht. Die Stochastik hat im Mai ein Fehlsignal geliefert und dreht aktuell wieder nach unten ab. Der RSI verläuft neutral. Insgesamt ist der übergeordnete Aufwärtstrend aber weiterhin intakt. Ein letzter Rücksetzer bis auf das Ausbruchsniveaus um 1.000€ kann aber nicht ausgeschlossen werden.

Gold in EUR Tageschart:

Auf dem Tageschart kam es nach dem Durchbruch unter eine parallele Trendlinie zum Kursrutsch, welcher erst knapp oberhalb der steigende 200-Tagelinie (1.031€) aufgefangen werden konnte. Auch wenn diese wichtige Durchschnittslinie bisher nicht wirklich erreicht wurde (zuletzt im Dezember 2014), ist der Rücksetzer übergeordnet sehr positiv und gesund. Die Erholung der letzten Handelstage ist jedoch mehr als zäh und macht eher den Eindruck, als ob erneut tiefere Kurse und damit ein zweiter Test der 200-Tagelinie bevorstehen.

Bei den Indikatoren dreht die Stochastik bereits wieder nach oben und auch der "MACD" könnte in Bälde ein neues Kaufsignal erzeugen. Insgesamt hat sich die Lage mit einem erneut tieferen Hoch und nun auch einem tieferen Tief aber weiter eingetrübt. Mein "worst case"-Szenario der letzten Monate war immer ein Rücksetzer bis an das Ausbruchsniveau um 1.000€ – 1.010€. Dies ist mit dem Kursgeschehen der letzten Wochen deutlich wahrscheinlicher geworden.

Handelsempfehlung:

In den letzten zwei Wochen hatten sie zum Drittenmal in 2015 die Möglichkeit, Gold unterhalb meines Nachkauflimits von 1.050€ zu erwerben. Während der €-Goldpreis seit Jahresbeginn die meiste Zeit oberhalb von 1.050€ und unterhalb von 1.140€ hin- und herschwankte, haben wir günstig und antizyklisch in die Abverkaufsspitzen hinein gekauft.

Ich senke mein Limit nun auf 1.015€, um bei einem möglichen Rücksetzer an das Ausbuchsniveau nochmals günstig zum Zuge zu kommen.

Euro & US-Dollar

Gold in EUR logarithmischer Tageschart

Der Euro hatte Mitte Mai eigentlich seine 50-Tagelinie (1,1048US$) schon deutlich hinter sich gelassen und schien auf dem Weg in Richtung der 200-Tagelinie (1,1771US$) zu sein. Ein schneller und tiefer Rücksetzer bis auf 1,0815US$ sorgte jedoch für Ernüchterung. In den letzten drei Handelswochen konnten sich die Euro-Bullen aber wieder nach oben arbeiten. Die starke Widerstandszone um 1,1400US$ dürfte in Kürze erneut angelaufen werden. Darüber ergibt sich dann zunächst Anstiegspotential bis zur 200-Tagelinie (1,1771US$). Am Terminmarkt sind die Profis weiterhin klar auf eine Euro-Erholung positioniert, während die Saisonalität erst ab September nachhaltig grünes Licht für den Euro gibt. Insgesamt scheint die Erholung des Euro aber auf Sicht der kommenden Wochen und Monate erst einmal weiterzugehen. Dies sollte auch den Goldpreis unterstützen.

Goldminen GDX

GDX Goldminen Chart

Der vor vier Wochen erwähnte bearishe Keil hat mittlerweile ganze Arbeit verrichtet und den Goldminen ETF "GDX" auf den tiefsten Stand seit Mitte März gedrückt. Auch die 50-Tagelinie (19,66US$) würde klar und deutlich zurückgelassen. Die Stochastik ist zwar "embedded", aber vollkommen überverkauft und dürfte in Kürze mindestens eine Gegenreaktion erzwingen. Gleichzeitig hat der GDX die flache Aufwärtstrendlinie aus den Tiefs vom letzten November und Anfang März erreicht. Insofern scheint mir aktuell ein vielversprechendes Chancen/Risiko-Verhältnis bei den Minenaktien vorzuliegen. Eine Erholung ist höchstwahrscheinlich und könnte zunächst bis ca. zur übergeordneten Abwärtstrendlinie (19,80US$) laufen. Das sind immerhin knapp 8% Anstiegspotential auf Sicht der nächsten Wochen. Darüberhinaus ist natürlich auch die etwas höher verlaufende 200-Tagelinie (20,17US$) ein mögliches Kursziel. Erst unterhalb von 17,20US$ ist eine Erholung hinfällig und die Bären sollten in diesem Fall die Tiefs vom November 2014 ansteuern.

Insgesamt ist der Chart zwar noch klar bearish, ich sehe aktuell aber eine sehr schöne antizyklische Einstiegschance in den schwierigen Goldminensektor.

Zusammenfassung & Konklusion

Immer wieder hatte ich in den letzten 12 Monaten vor einer Kapitulation am Goldmarkt gewarnt. Dazu ist es bisher nicht gekommen. Meine Zurückhaltung war aber richtig und sollte sie vor einer schwierigen trendlosen Phase bewahrt haben.

Nun sehe ich auf Sicht der nächsten Wochen und möglicherweise zwei Monate gute Chancen für eine Erholung bei den Edelmetallen. Mit etwas Glück schafft es der Goldpreis dabei bis auf 1.235,00US$. Die Grundlage für meinen kurzfristig positiven Ausblick bilden die antizyklischen Kaufsignale beim Sentiment und den CoT-Daten in Verbindung mit den typischerweise starken Sommermonaten Juli und August.

Übergeordnet befürchte ich aber, dass die Korrektur danach weiter gehen wird und sich die Bären in ein dann euphorisches Sentiment massiv zurückmelden werden. Natürlich ist die vierjährige Korrektur bei den Edelmetallen weit vorangeschritten, ein Abschluss ist aber bisher nicht vollzogen.

Nach dem jetzigen Stand der Dinge dürfte wohl erst 2016 die Trendwende nach oben anstehen. Spannend bleibt die offene Frage, ob der Goldmarkt seine Baisse mit einer langgezogenen Bodenbildung ähnlich wie 1998-2002 beendet oder ob es doch noch zu einer finalen Kapitulation und Kursen im Bereich um 1.035,00US$ kommt, bevor ein neues Bullenmarkt starten kann. Langfristig bleibe ich sehr optimistisch für den Goldpreis und erwarte ab 2018/2019 neue Allzeithochs sowie im weiteren Verlauf auch Preise oberhalb von 5.000,00US$.