Kolumne von Florian Grummes

Gold: Immer noch keine Entscheidung

Rückblick:

Quälend lange acht Wochen bewegte sich der Goldpreis in einer immer enger werdenden Range zwischen 1.180,00US$ und 1.220,00US$. Weder die Bullen noch die Bären konnten sich nachhaltig durchsetzen. Die Volatilität sank immer weiter und der Goldmarkt machte einen fast schon apathischen Eindruck.

Seit Mitte letzter Woche aber kommt Bewegung in den Markt. Zunächst übernahmen die Bullen die Kontrolle. Ausgehend von 1.180,00US$ gelang bis zum letzten Montag der Ausbruch aus der Seitwärtszone und ein Anstieg bis auf 1.232,20US$. Wirklich überzeugend war das ganze jedoch nicht, denn gestern folgte schon wieder ein scharfer Abverkauf und Gold fällt heute Morgen bis 1.203,30US$ und damit in die Seitwärtszone zurück. Der bullische Ausbruch wurde also umgehend zurückgenommen. Mein seit Monaten bevorzugtes Szenario einer finalen Kapitulation bleibt damit bis auf weiteres virulent. Zwar war es den Bären in den letzten Wochen nicht gelungen (und dass obwohl sie dazu alle Chancen gehabt hätten) den Goldpreis nachhaltig unter 1.170,00US$ zu drücken, aber das gestrige Kursgeschehen legt einmal mehr die Schwäche der Bullen offen.

Gold in USD Monatschart:

Auf dem logarithmischen Monatschart hat sich in den letzten vier Wochen nicht viel getan. Nach wie vor steckt der Goldpreis übergeordnet in einer Korrektur. Gleichzeitig wird aber auch klar, wie viel Anstiegspotential sich hier aufgebaut hat. Alle regelmäßig beobachteten Indikatoren bewegen sich auf mehrjährigen Tiefstständen und hätten im Fall der Trendwende sehr viel Platz nach oben. Die wichtigste Botschaft kommt jedoch vom "Parabolic Sar" – Indikator. Denn sobald dem Goldpreis ein Anstieg über 1.274,09US$ gelingt, würde dieser Indikator erstmals seit Ende 2011 in den Bullenmodus wechseln. Das wäre ein sehr starkes Kaufsignal und würde die ersehnte Trendwende bestätigen. In der Folge müsste dann auch das obere Bollinger Band (1.350,28US$), welches zuletzt im November 2011 kurz touchiert wurde, angelaufen werden. Damit wären endlich wieder höhere Hochs etabliert. Noch ist es aber nicht soweit, denn dem Goldpreis fehlen bis zu diesem Kaufsignal aktuell immerhin knapp 70,00US$.

Solange sich der Goldpreis in der unteren Hälfte des Abwärtstrendkanals befindet, bleibt der Monatschart überwiegend bearish. Erst ein Anstieg über 1.275,00US$ hellt die Lage deutlich auf. Auf der Unterseite bietet das Bollinger Band (1.137,71US$) gute Unterstützung.

Gold in USD Wochenchart:

Auf dem logarithmischen Wochenchart konnten die Goldbullen die Unterstützungszone um 1.180,00US$ in den letzten Wochen immer wieder verteidigen. Schließlich gelang ihnen in der vergangenen Woche der Befreiungsschlag nach oben.

Damit ergeben sich zwei mögliche Szenarios. Das erste bleibt das bereits oft beschriebene absteigende Dreieck, welches zu einem finalen Abverkauf in Richtung 1.000,00US$ führen sollte. Da die Marke von 1.180,00US$ nun aber erneut gehalten hat, obwohl sie vorher bereits zweimal unterschritten wurde, sinkt die Wahrscheinlichkeit für diese Formation zunehmend. Alternativ handelt es sich bei der Bewegung seit Juni 2013 daher um einen bullischen Keil, welcher mittelfristig mit Kursen oberhalb von 1.300,00US$ nachhaltig bestätigt wäre. In diesem eher seltenen Fall würde ein bullischer Keil als Umkehr- bzw. Bodenbildungsformation den vorherrschenden Abwärtstrend zunächst konsolidieren und schließlich mit einem Ausbruch nach oben auch beenden. Auch hier wird zur Bestimmung des Kursziels die Höhe des Keils auf den Ausbruchspunkt projiziert. Im Ergebnis landen wir im bullischen Fall bei ca. 1.525,00US$!

Da sich seit Beginn des Jahres die Bollinger Bänder seitwärts bewegen, könnte sich eine übergeordnete Entscheidung aber noch hinauszögern. Das obere Bollinger Band (1.285,60US$) verläuft derzeit in der Nähe der entscheidenden Abwärtstrendlinie. Der Wochenchart lässt unmittelbar keine größeren Widerstände nach oben erkennen, dafür treffen die Bullen dann aber eben zwischen 1.280,00US$ und 1.300,00US$ auf massivsten Widerstand.

Bei den Indikatoren liefert der "MACD"-Indikator ein neues Kaufsignal. Die Stochastik hat das Kaufsignal von Mitte März zudem erneut bestätigt, der RSI hingegen verläuft weiterhin neutral.

Zwar ist der übergeordnete Abwärtstrend auf dem Wochenchart immer noch intakt, die Entwicklung der letzten Wochen erzwingt jedoch eine neutrale Beurteilung, welche mit Kursen oberhalb von 1.300,00US$ klar bullisch wird. Ein erneutes Abrutschen unter die Marke von 1.180,00US$ und vor allem ein Tageschlusskurs unterhalb von 1.170,00US$ wären nun aber tödlich.

Gold in USD Tageschart:

Nachdem die Notierungen auf dem Tageschart wochenlang um die fallenden 50-Tagelinie (1.191,27US$) hin und her oszillierten, gelang am vergangenen Donnerstag der befreiende Sprung über die ebenfalls fallende 200-Tagelinie (1.219,22US$). Da diese beiden wichtigen Durchschnittslinien jedoch immer noch fallen, ist auf Sicht der nächsten Wochen und Monate weiterhin Zurückhaltung angebracht. Ein nachhaltig bullisches Setup liegt sicherlich noch nicht vor. Allerdings könnte ein mehrwöchiges Verbleiben zwischen der 50-Tagelinie und der 200-Tagelinie tatsächlich das Fundament für einen neuen und dann auch nachhaltigen Anstieg legen.

Kurzfristig mahnt die überkaufte Stochastik klar zur Vorsicht und dürfte in den nächsten Tagen auch Kurse unterhalb von 1.200,00US$ provozieren. Der "MACD"-Indikator hat das Kaufsignal von Mitte März kürzlich bestätigt, das zugehörige Histogramm dreht aber bereits nach unten. Der "RSI"-Indikator läuft seit zwei Monaten seitwärts und bleibt neutral.

Insgesamt ist der Tageschart trotz des gestrigen Abverkaufs leicht bullisch. Auf Sicht der nächsten Wochen ist ein Verbleiben zwischen 1.180,00US$ und 1.220,00US$ das wahrscheinlichste Szenario. Unter 1.180,00US$ darf der Goldpreis jetzt nicht mehr fallen, sonst wird das zarte bullische Pflänzchen sofort zerstört. Bei einem Tagesschlusskurs unterhalb von 1.170,00US$ wird mein hinreichend dargelegtes Kapitulationsszenario umgehend aktiviert.

Gold/Silber-Ratio:

Das Gold/Silber-Ratio rutschte bis zum gestrigen Dienstag unter die untere Begrenzung der monatelangen Seitwärtszone. Mit dem gestrigen Abverkauf jedoch wurde dieser Ausbruch zunichte gemacht. Es könnte sich also um einen Fehlausbruch handeln. Nun kommt es darauf an, ob das Ratio in den nächsten Tagen wieder über seine 200-Tagelinie (71,57) ansteigen kann. Sollte dies gelingen, wäre das sehr negativ für den gesamten Sektor. Verbleibt das Ratio unterhalb dieser Durchschnittslinie nehmen die Zeichen einer Trendwende hin zum Besseren deutlich zu.

Kurzfristig macht Silber charttechnisch einen besseren Eindruck als Gold. Allerdings dürfte sich durch den Anstieg bis auf 17,75US$ am Terminmarkt bereits wieder deutliches Korrekturpotential aufgebaut haben.

Bei einem Tagesschlusskurs von ca. 1.193,00US$ hielten die kommerziellen Händler in der vergangenen Handelswoche kumuliert 77.502 leerverkaufte Kontrakte auf den Goldpreis. Diese relativ niedrige Shortposition hat ähnlich wie Mitte März ein Kaufsignal erzwungen. Nun kommt es darauf an wie stark die Profis den Anstieg der letzten Tage wieder zur Ausweitung ihrer Leerverkäufe genutzt haben.

Bemerkenswert ist, dass derartige chancenreiche Engstellen am Terminmarkt für Goldkontrakte zuletzt nur für ganz kurze Zeit auftauchen und nicht wie im vergangenen Jahr beispielsweise über mehrere Wochen bestehen bleiben.

Am Silbermarkt war die Konstellation übrigens bei weitem nicht so günstig.

Sentiment:

Beim Sentiment wurde in der vergangenen Handelswoche für den Goldpreis ein zu hoher Pessimismus erreicht. Konsequenterweise und im Gegensatz zur überwiegenden Erwartung der Marktteilnehmer zog der Goldpreis daraufhin zügig um fast 50,00US$ an. Silber und die Minenaktien hingegen verzeichneten eher neutrale Werte. Die gestern veröffentlichten Sentimentdaten melden nun ein eher ausgeglichenes Bild. Ähnlich wie bei den CoT-Daten hält ein extrem niedriger Gold-Sentimentwert nur noch für wenige Tage an und erzwingt eine umgehend bullische Reaktion. Dieses Verhalten ist positiv und liefert Argumente für eine fortgeschrittene Bodenbildung.

Da die monatelange euphorische Stimmung beim US-Dollar in Windeseile abgekühlt ist, baut sich hier Potential für eine US-Dollar Erholung auf, welche sich – wie gestern – natürlich negativ auf die Edelmetalle auswirkt.

In den ersten beiden Maiwochen sind traditionell oft noch Kursanstiege zu beobachten, während sich die saisonale Komponente dann ab Monatsmitte stark verschlechtert. Trotz Zwischenerholung bleibt die Saisonalität für die nächsten vier Wochen bzw. bis zum 20.Juni ungünstig. Ab dann dreht dieser Analysebaustein auf extrem bullisch. Ein wenig Geduld ist hier also noch notwendig.

Gold in EUR

Rückblick:

Nachdem der Goldpreis in Euro Anfang April mit 1.145€ das Januarhoch verfehlte, folgte erwartungsgemäß ein zügiger Abverkauf, welcher erst am 30.April bei 1.038€ sein vorläufiges Ende fand. Seitdem konnte sich der €-Goldpreis aber bereits wieder sprunghaft fast an seine 50-Tagelinie (1.092€) erholen. Die seit Monaten beschrieben ABC-Korrektur könnte damit bereits abgeschlossen sein.

Gold in EUR Wochenchart:

Obwohl der Goldpreis in Euro im April zwischenzeitlich um mehr als 100€/Feinunze zurücksetze, bleibt das übergeordnete Bild klar bullisch. Der starke Jahresauftakt bzw. scharfe Ausbruch über die Marke von 1.000€ wird seit Monaten in der erwarteten ABC-Formation konsolidiert.

Auf dem Wochenchart hält sich der €-Goldpreis solide über dem Ausbruchsniveau. Da die beiden Bollinger Bänder (1.031€ und 1.151€) aber noch relativ weit auseinander liegen, ist ein Anstieg über das Aprilhoch vorerst nicht zu erwarten. Die überverkaufte Stochastik spricht jedoch klar für den Beginn einer neuen Aufwärtsbewegung. Der "MACD"-Indikator hingegen hat ein aktives Verkaufssignal und hätte sehr viel Platz nach unten. Der "RSI"-Indikator ist derzeit als neutral einzustufen.

Insgesamt ist der übergeordnete Aufwärtstrend intakt.

Gold in EUR Tageschart:

Der lang erwartete Rücksetzer wurde im April endlich vollzogen. Allerdings wurde die steigende 200-Tagelinie (1.022€) dabei verfehlt, denn schon bei 1.038€ drehten die Notierungen wieder nach oben. Mit dem folgenden Anstieg bis zur 50-Tagelinie (1.092€) ist die ideale Nachkaufzone schnell wieder in die Ferne gerückt. Da sowohl Stochastik als auch "MACD" mit Kaufsignalen aufwarten, wird ein Rückfall bis auf 1.000€ immer unwahrscheinlicher. Ein Test der 200-Tagelinie ist nach dieser monatelanger Konsolidierung aber immer noch nicht vom Tisch, so dass sich mittelfristig vielleicht doch noch ein letztes Mal Kurse unter 1.050€ ergeben. Kurzfristig spricht aber alles für einen steigenden Euro-Goldpreis.

Handelsempfehlung:

Glücklicherweise hatte ich vor vier Wochen mein Nachkauflimit bis auf 1.050€ leicht erhöht. So konnten sie vor zwei Wochen nochmal relativ günstig physisch ordern. Da wir antizyklisch handeln und "tief kaufen", bleibt meine Nachkaufempfehlung bei Kursen zwischen 1.000€ bis 1.050€ bestehen. Bleiben sie geduldig und kaufen sie gestaffelt.

Euro und US-Dollar

Mit einem Doppeltief Mitte März (1,0462US$) und Mitte April (1,0540US$) gelang dem Euro gegen den US-Dollar zumindest kurzfristig die Trendwende. In den letzten Wochen zog der Euro daraufhin deutlich an und markierte bei 1,1465US$ am vergangenen Freitag ein erstes markantes Hoch. Zum Wochenauftakt macht sich unter den Euro-Bullen jedoch Ernüchterung breit, denn es folgte ein scharfer Abverkauf. Entscheidend wird nun sein, ob die ehemalige Widerstandszone um 1,10US$ diesen Rücksetzer auffangen kann. Sollte dies gelingen, wäre auf Sicht der nächsten Wochen und Monate auch ein Anstieg bis zur fallenden 200-Tagelinie (1,1978US$) möglich. Das wäre natürlich sehr hilfreich für die Edelmetalle. Ein Rückfall unter 1,10US$ macht den bullischen Bias zunichte und würde den Anstieg der letzten Wochen lediglich als eine Erholung im übergeordneten Abwärtstrend klassifizieren. Entsprechend würde der Druck auf den Goldpreis wieder zunehmen.

Goldminen GDX

Dem Goldminen ETF "GDX" gelang in den ersten Maiwochen ausgehend von der 50-Tagelinie (19,48US$) zunächst ein steiler Anstieg. Dabei schossen die Notierungen nicht nur über die Abwärtstrendlinie, sondern kurzzeitig auch über das obere Bollinger Band (21,07US$) hinaus. Erstmals seit Anfang Februar wurde damit auch die fallenden 200-Tagelinie (20,85US$) wieder erreicht. Der gestrige Abverkauf jedoch stellt das bullische Bild stark in Frage. Grundsätzlich ist ein Rückfall beim ersten Anlauf an die 200-Tagelinie völlig normal. Nun kommt es darauf an, ob der ETF an seiner 50-Tagelinie (19,48US$) erneut Halt und Unterstützung findet. Die Situation gleicht der beim Goldpreis in US-Dollar. Ein mehrwöchiges Verbleiben bzw. Hin- und Herpendeln zwischen der 50-Tagelinie und der 200-Tagelinie könnte den Grundstein für eine neue Aufwärtsbewegung im Sommer legen. Da zudem das untere Bollinger Band (19,26) ansteigt, gewinnt dieses positive Szenario zunehmend an Wahrscheinlichkeit.

Allerdings lässt sich über die gesamte Aufwärtsbewegung seit Mitte März auch ein bearisher Keil zeichnen. Spätestens unterhalb von 19,00US$ wäre der ETF aus dieser Formation klar nach unten ausgebrochen und der immer noch intakte Abwärtstrend erneut bestätigt. Bei den Indikatoren liegt nach wie vor ein stützendes, wenn auch wackeliges "MACD"-Kaufsignal vor. Die Stochastik hingegen dreht im überkauften Bereich nach unten. Der "RSI" ist erneut an der Abwärtstrendlinie gescheitert.

Insgesamt liegt ein leicht bullisches Setup vor, solange der ETF oberhalb seiner 50-Tagelinie notiert. Langfristig denkenden Investoren sollten sich mit einem Einstieg vorerst weiterhin gedulden.

Zusammenfassung und Konklusion

Nach dem erfreulichen Befreiungsschlag in der letzten Woche stehen heute wieder große Fragezeichen hinter einer nachhaltigen Erholung. Der Goldpreis macht es uns in dieser Jahreszeit nicht leicht. Noch immer schwebt die Gefahr einer finalen Kapitulation über dem Goldmarkt. Dazu müssen die Bären die Notierungen aber unter 1.170,00US$ drücken. Gelingt in den nächsten Wochen hingegen der Verbleib oberhalb der 50-Tagelinie (1.191,27US$) bzw. zwischen 1.180,00US$ und 1.220,00US$ erhöhen sich die Chancen für eine erfolgreiche Bodenbildung zunehmend. Im Anschluss wäre im Sommer eine größere Rally in Richtung 1.250,00US$ bis 1.270,00US$ zu erwarten.

Eine deutlich bullische Meinung will ich aber aufgrund der zerfahrenen Situation sowie der nach wie vor ungünstigen Saisonalität derzeit nicht einnehmen. Übergeordnet fehlt mir immer noch die finale Bereinigung.