Kolumne von Benjamin Summa

Gold: Frühlingsrallye wegen Fed und Jemen-Krise

Im März verlief der Goldhandel alles andere als langweilig. Die Europäische Zentralbank startete ihr Anleihekaufprogramm, die Töne der US-Notenbank Fed fielen weniger restriktiv als befürchtet aus und für charttechnische Spannung war ebenfalls gesorgt.

In der ersten Monatshälfte stand das Edelmetall massiv unter Druck, weil das viele Geld vor allem den Aktienmärkten und weniger Gold und Co zugutekam. Der starke Dollar schien zunächst attraktiver zu sein und bremste dadurch das Interesse an Gold. Doch in der zweiten Monatshälfte setzte dann ein Umdenken ein, welches dem gelben Edelmetall einen starken Rebound bescherte. Verantwortlich hierfür war wieder einmal eine Notenbank – diesmal die Fed. Beim offiziellen Statement fehlte zwar ein wichtiges Adjektiv – nämlich "geduldig" –, weil die Notenbanker das Wirtschaftswachstum aber nicht mehr als "solide", sondern lediglich als "gemäßigt" bezeichnet hatten, verflüchtigten sich die zuvor geschürten Zinsängste wieder. Die Fed revidierte für 2015, 2016 und 2017 neben den BIP-Prognosen auch die prognostizierten Inflationsraten allesamt nach unten. Vor diesem Hintergrund erwarten viele Kapitalmarktexperten, dass die US-Zinsen später, und weniger dynamisch als bislang geglaubt, ansteigen werden.

Robert Hartmann, Gründer und Geschäftsführer von pro aurum, weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass wir in Zeiten der finanziellen Repression leben. Das bedeutet, dass die Investoren in zinstragenden Anlageklassen bei Laufzeiten bis zu sechs Jahren negative Nominalzinsen hinnehmen müssen. Bereinigt um die Inflationsrate, sieht die Bilanz noch schlechter aus. Deshalb weichen viele Anleger auf den Aktienmarkt aus, wo mitunter Dividendenrenditen von bis zu 3,5 Prozent locken. Er meint: "Solange der Aktienmarkt läuft, wird sich die Masse der Anleger nicht nach Alternativen wie Gold und Silber umsehen – wenngleich man nicht vergessen sollte, dass sich das gelbe Edelmetall auf Eurobasis seit Ende 2013 mehr als 25 Prozent verteuert hat."

Trouble an den Devisenmärkten

An den Devisenmärkten gibt es seit Monaten allerdings erhebliche Turbulenzen. So hat sich der Dollar gegenüber dem Euro in den vergangenen 12 Monaten um mehr als 20 Prozent verteuert, was im Devisensektor durchaus als Kursbeben eingeordnet werden kann. Die Beschleunigung der Aufwärtsbewegung in den letzten Wochen hat auch Robert Hartmann überrascht. "Ich glaube weiterhin nicht daran, dass sich der Greenback vom aktuellen Niveau noch sehr viel weiter verteuern wird", stellt er jedoch klar. Dass es riskanter geworden ist, in Dollar, Euro oder Yen zu investieren, liegt auf der Hand. So hat sich die historische 30-Tage-Volatilität des Dollarindex seit August in der Spitze von knapp über zwei auf fast 11 Prozent vervielfacht. Angesichts der Tatsache, dass sich der Dollarindex aus einem Korb von sechs wichtigen Währungen (Euroland, Japan, Großbritannien, Kanada, Schweden und Schweiz) zusammensetzt, sollte das die Anleger durchaus nachdenklich stimmen. Zur Erinnerung: Die Volatilität von Gold übertrifft mit aktuell 12,8 Prozent den Vergleichswert des Dollarindex nur unwesentlich. In der Vergangenheit wurde Gold häufig als zu volatil bezeichnet. Dass ein diversifizierter Währungsindex mittlerweile ein ähnliches Maß an Unsicherheit und Risiko in sich birgt wie Gold – was durch die Vola zum Ausdruck kommt und mathematisch belegt wird –, lässt sich zweifellos als Argument für Gold ableiten.

Konjunkturforscher sehen beträchtliche Stabilitätsrisiken

Ein anderes Kaufargument für Gold scheint allen Unkenrufen zum Trotz noch nicht ausgedient zu haben: der Inflationsschutz. In einer aktuellen Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) sehen die Wirtschaftsexperten aufgrund der extrem expansiven Geldpolitik "beträchtliche Stabilitätsrisiken". So könnte ein künftiger Ausstieg aus der Nullzinspolitik im Falle plötzlich veränderter Kapitalströme und Wechselkurse in Kombination mit Finanzmarktstress und globalen Konjunkturproblemen Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten verursachen. Für das laufende Jahr prognostiziert das IfW eine Inflation von 0,1 Prozent. Bereits 2016 soll die Teuerung bereits bei 1,5 Prozent liegen und sich in den Folgejahren von 2,4 Prozent (2017) über 2,7 Prozent (2018) bis auf 2,9 Prozent (2019) beschleunigen. Dies würde der EZB sicherlich gefallen, schließlich würde das Weginflationieren von Schulden den hochverschuldeten Staaten helfen und den Sparern schaden.

Comeback großer Terminspekulanten

Frühlingsgefühle wollten an der Terminbörse Commodity Exchange unter den spekulativen Marktakteuren bislang noch nicht so recht aufkommen. Seit Ende Januar nahm ihr Optimismus stark ab. So reduzierte sich während dieses Zeitraums die kumulierte Netto-Long-Position (optimistische Markterwartung) großer und kleiner Spekulanten von 206.160 auf 52.925 Kontrakte (-74,3 Prozent). In der Woche zum 24. März gab es unter den Spekulanten allerdings keine einheitliche Tendenz zu vermelden. Während sich bei den Kleinspekulanten (Non-Reportables) im Berichtszeitraum die Netto-Long-Position von 3.397 Futures in Luft auflöste und zu einer Netto-Short-Position (pessimistische Markterwartung) von minus 1.356 Kontrakten mutierte, gab es bei den Großspekulanten (Non-Commercials) einen von 53.093 auf 54.281 Futures leicht erhöhten Optimismus zu berichten. Robert Hartmann weiß, dass die Goldpreise vor allem an den Terminmärkten gemacht werden und der physische Handel dagegen vergleichsweise klein ist. Doch mittel- bis langfristig wird sich das seiner Meinung nach ändern, und er stellt diesbezüglich klar: "Die Goldimporte nach China und Indien entziehen dem Markt sukzessive physisches Material. Das wird sich eines Tages extrem positiv auf den Goldpreis auswirken." Bei pro aurum ging der März-Umsatz im Vergleich zum Vormonat etwas zurück. Gesucht waren bei den Goldmünzen insbesondere die Unzenstücke Krügerrand und Wiener Philharmoniker. Bei den Goldbarren konzentrierte sich die Nachfrage auf die Gewichtseinheiten 50 Gramm und 100 Gramm.

Drei Fragen an die Privatkunden von pro aurum

Im März beteiligten sich an der Sentiment-Umfrage von pro aurum mehr als 500 Personen. Gegenüber dem Vormonat war bezüglich der Kauflaune erneut ein leichter Rückgang registriert worden. So ermäßigte sich auf der einen Seite die Kaufbereitschaft der Befragten von 37,2 Prozent auf 36,5 Prozent. Auf der anderen Seite war bei Anlegern mit abwartender Haltung ein Anstieg von 62,8 auf 63,5 Prozent registriert worden.

Bezüglich der Perspektiven von Edelmetallen gaben 68,4 Prozent der Befragten an, dass diese unterbewertet seien. Im Februar fiel diese Quote mit 70,5 Prozent etwas höher aus. Eine faire Bewertung sahen hingegen 19,6 Prozent (Vormonat: 20,1 Prozent), während mittlerweile 11,9 Prozent der Anleger (Vormonat: 9,5 Prozent) Edelmetallen derzeit eine Überbewertung attestieren.

Befragt nach der künftigen Richtung der Edelmetallpreise, war mit 46,8 Prozent – wie im Vormonat – eine große Mehrheit neutral gestimmt und prognostizierte einen Seitwärtstrend. Der Anteil der Optimisten nahm gegenüber dem Vormonat von 29,6 Prozent auf 31,6 Prozent zu, während bei den pessimistisch gestimmten Privatinvestoren ein Rückgang von 23,6 Prozent auf 21,6 Prozent registriert worden war.

Chartanalyse: Deutliche Erholung in den vergangenen beiden Wochen beim Goldpreis

Nachdem der Goldpreis in US-Dollar seit Ende Januar sieben Wochen lang nur den Weg nach unten kannte, gelang in den letzten zwei Handelswochen eine deutliche Erholung. Ausgehend vom Tief bei 1.141 US-Dollar zogen die Notierungen schnell bis auf 1.219 US-Dollar an. Der starke Widerstand, bestehend aus der 50-Tage-Linie (1.219 US-Dollar) sowie dem oberem Bollinger Band (1.217 US-Dollar), warf die Bullen in den letzten beiden Handelstagen jedoch deutlich zurück, sodass Gold aktuell wieder unterhalb der psychologischen Marke von 1.200 US-Dollar handelt. Insgesamt hat sich bis jetzt nur das kurzfristige Bild etwas aufgehellt. Solange sich Gold oberhalb von 1.171 US-Dollar halten kann, besteht die Chance für eine Fortsetzung der Erholung in Richtung 1.240 US-Dollar. Auch die Konstellation an den Terminmärkten spricht für eine Erholung. Hier haben die Profis ihre Leerverkäufe auf sehr niedrige Niveaus zurückgefahren. Unterhalb von 1.170 US-Dollar dürften jedoch neue Jahrestiefs nur noch eine Frage der Zeit sein, denn längerfristig betrachtet bewegt sich der Goldpreis weiterhin in einem Abwärtstrend, welcher noch nicht abgeschlossen scheint. Das korrektive Muster – "lange Abwärtsphasen werden von kurzen schnellen Erholungsbewegungen unterbrochen" – ist immer wieder zu beobachten. Dennoch ist das Preisrisiko nach unten sehr überschaubar geworden. Ein finaler Boden ist weiterhin im Bereich um die 1.050 US-Dollar zu erwarten.

In Euro gerechnet sieht der Goldpreis mittel- und langfristig wesentlich besser aus. Der starke Jahresauftakt scheint aber noch nicht vollständig verdaut zu sein. Zwar gelang die erwartete Erholung bis 1.110 Euro, ein wirkliches Momentum will jedoch nicht aufkommen. Insofern müsste Gold nun langsam, aber sicher Welle C beginnen, welche Preise unterhalb von 1.050 Euro mit sich bringen sollte. Die steigende 200-Tage-Linie (999 Euro) hat die wichtige Unterstützungszone um die 1.000 Euro mittlerweile erreicht und könnte bis zum Frühsommer im Bereich um die 1.010 bis 1.020 Euro noch getestet werden. Hier würde sich eine sehr gute Einstiegsgelegenheit eröffnen, denn nach Abschluss der laufenden ABC-Korrektur ist im weiteren Jahresverlauf ein Anstieg in Richtung 1.200 Euro zu erwarten.

Hier können Sie unseren Goldreport auch als PDF herunterladen.