Kolumne von Florian Grummes

Chartanalyse pro aurum: Gold - Werden wir noch eine Sommerrally sehen?

Die in der letzten Goldedition erwartete Fortsetzung der Korrektur lief planmäßig bis an das obere Ende der genannten Range. Bei 1.281,00US$ übernahmen die Bullen wieder das Zepter und konnten den Goldpreis in der letzten Woche bereits bis an die Marke von 1.324,00US$ nach oben treiben. Vor allem die Goldminenaktien präsentieren sich stark und führen den gesamten Sektor seit Jahresbeginn an. Am letzten Freitag setzte Gold jedoch wieder etwas zurück, sodass weiterhin kleine Fragezeichen hinter dem möglichen Start der Sommerrally stehen. Grundsätzlich ist und bleibt der Goldpreis im Umfeld der zahlreichen geopolitischen Brand- und Krisenherde aber gut unterstützt. Überraschungen dürften wenn auf der Oberseite zu finden sein.

Vor allem die Krise in der Ukraine könnte den Goldpreis mittelfristig weiter nach oben drücken. Denn mit den voreiligen und willfährigen Sanktionen gegen Russland verspielt Deutschland nicht nur seinen Vertrauensbonus, sondern vor allem gerät unsere Wirtschaft zunehmend unter Druck. Die über zwei Jahrzehnte hinweg aufgebauten guten Handelsbeziehungen zu Russland wurden in einem Handstreich zerstört. Die heftigen Kursabschläge beim Dax in den letzten zwei Wochen kommen nicht von ungefähr. Eventuell gelingt es dem deutschen Aktienindex sich bis Ende des Jahres nochmals bis 10.000 Punkte nach oben zu arbeiten. Vorher sollte sich die Korrektur aber bis ca. 8.500 Punkte fortsetzen. Insgesamt ist das Ende der fünfjährigen DAX-Hausse langsam absehbar. Überhaupt ähnelt die aktuelle Lage an den Finanzmärkten durchaus dem Sommer 2007. Auch damals rutschte der DAX im August binnen zwei Wochen deutlich nach unten, während Gold aus einer eineinhalbjährigen Korrektur nach oben ausbrach und in der Folge um 61,7% bis auf 1.035,00US$ anstieg.

Es heißt zwar, dass "politischen Börsen kurze Beinen haben", aber die katastrophalen Entwicklungen in der Ukraine seit dem November 2013 dürften die Finanzmärkte noch lange beschäftigen. Fundamental bleibt der Goldpreis damit also gut unterstützt. Die Wirtschafts- und Bankensanktionen gegen Russland als auch die von russischer Seite eingeführten Sanktionen z.B. gegen europäische Lebensmittel könnten dazu führen, dass russische Millionäre und Milliardäre zunehmend in physisches Gold flüchten.

Charttechnisch macht der Goldpreis zunehmend einen besseren Eindruck. Auf dem Monatschart wurde die langfristige Aufwärtstrendlinie (aktuell ca. 1.265,00US$) trotz dreijähriger Korrektur nicht unterschritten, zudem rückt ein starkes langfristiges Kaufsignal beim "MACD"-Indikator immer näher. Noch steckt der Goldpreis hier in einer breitangelegten Bodenbildungsphase, aber die Aussichten und das Potential auf Sicht der nächsten fünf Jahre könnten kaum besser sein.

Auf dem Wochenchart bewegt sich Gold weiter in ein Dreieck hinein. Zuletzt konnten weder die Bullen noch die Bären die jeweilige Trendlinie erreichen. Eine Entscheidung steht vermutlich in den nächsten ein bis zwei Monaten an, wobei die drei beobachteten Indikatoren derzeit allesamt eher richtungslos verlaufen. Positiv ist die Tatsache, dass Gold bereits die Abwärtstrendlinie (Verbindung von 1.798,10US$ und 1.392,60US$) im Juni überwinden konnte und sie seitdem mehrfach von oben getestet hat, ohne wieder darunter zu rutschen. Insofern nimmt der Ausbruch aus dem Abwärtstrend zwar langsam, aber zunehmend Gestalt an. Insgesamt bleibt der Wochenchart vorläufig neutral und verharrt weiterhin im Seitwärtsmodus.

Vor allem auf dem Tageschart mehren sich die positiven Vorzeichen. Mit dem Rückfall exakt an das 61,8%-Fibonacchi Retracement bei 1.281,00US$ markierte der Goldpreis am 1.August an ein wichtiges Tief und konnte sich zwischenzeitlich bereits deutlich erholen. Damit setzt sich die Serie höherer Tiefs seit Dezember 2013 fort. Mit einem Anstieg über das Julihoch bei 1.346,80US$ wäre ein neuer Aufwärtstrend eindeutig bestätigt. Zudem bewegt sich der Goldpreis auch wieder klar über der steigenden 50-Tagelinie (1.299,61US$) sowie der flach verlaufenden 200-Tagelinie (1.286,63US$). Zwar fehlt in den letzten Tagen die Durchschlagskraft nach oben, aber mir gefällt das langsame Vortasten eigentlich ganz gut, denn es macht einen nachhaltigeren Eindruck und deutet womöglich auf eine starke physische Nachfrage hin, welche derzeit noch von den Papiermärkten gebremst wird. Mit dem oberen Bollinger Band (1.322,03US$) trifft der Goldpreis auf einen ernstzunehmenden Widerstand, welcher sowohl am letzten Freitag als auch gestern für einen schnellen Rücksetzer sorgte. Darüber verläuft bei ca. 1.335,00US$ eine weitere Widerstandslinie. Die Kraft der Bullen könnte in den kommenden vier Wochen aber durchaus für einen Anstieg bis zunächst 1.355,00US$ ausreichen.

Insgesamt sehen wir seit Wochen die für diese Jahreszeit typische Sommerverschaukelung. Um die psychologische Marke von 1.300,00US$ geht es hin und her, ohne dass sich die eine oder andere Seite nachhaltig durchsetzen kann.

Der Silberpreis kommt derzeit nur sehr schleppend wieder auf die Beine. Positiv ist die Tatsache, dass das Gold/Silber Ratio zwar in der letzten Woche steil angestiegen ist, dabei jedoch sechsmal in Folge außerhalb des oberen Bollinger Bandes geschlossen hat. Statistisch betrachtet verläuft ein Markt zu 95% der Zeit innerhalb der Bollinger Bänder. Insofern dürfte das Tief der Korrektur bei 19,75US$ gesehen worden sein und Silber sollte sich im Schatten von Gold und den Goldminenaktien langsam wieder nach oben arbeiten können. Übrigens ein typisches Verhalten zu Beginn einer nachhaltigen Aufwärtsbewegung bei den Edelmetallen.

Die kumulierte Netto-Shortposition der kommerziellen Händler ist in der letzten Woche erstmals seit dem 8.Juli wieder gesunken. Aktuell beträgt sie 131.642 leerverkaufte Kontrakte. Ein positives Zeichen! Zwar ist sie nach wie vor hoch, wenn man die letzten 12 Monate als Maßstab nimmt. Im langfristigen Vergleich kann aber von einem exzessiven Hedging seitens der professionellen Marktteilnehmer keine Rede sein. Irritierend war der schnelle Anstieg Ende Juni, welcher konsequenterweise zu einer Korrektur führte, die den Goldpreis von 1.346,00US$ auf knapp 1.280,00US$ zurückführte. Vermutlich haben die von Kostendruck geplagten Minenunternehmen Anfang Juni sofort den steilen Kursanstieg dazu genutzt, um sich das erhöhte Preisniveau zu sichern.
Die spekulativen Finanzanleger haben ihre Positionen ebenfalls zurückgefahren.

Auch wenn derzeit keine Engstelle vorliegt, sehe ich von den CoT-Daten aktuell keine Gefahr mehr ausgehen.

Der langfristige Optimismusindex für den Goldpreis bewegt sich wieder im grünen Bereich, d.h. es herrscht übertriebener Pessimismus und Angst und somit eine ideale Ausgangslage für höhere Preise.

Die Kitco "Gold-Umfrage" hat sich erneut als hervorragendes kurzfristiges Sentimentinstrument erwiesen. Mit einem Bärenanteil von 63,6% am 25.07.14 bzw. 50% am 01.08.14 war klar, dass Gold kurzfristig nicht mehr unter 1.280,00US$ fallen würde. Die Regel ist, dass ein Durchschnitt von über 50% Bären (in zwei hintereinander folgenden Wochen) einen klar zu hohen Pessimismus signalisiert und somit eine kurzfristige Trendwende nach oben zu erwarten ist. Genau das trat dann auch ein und der Goldpreis zog in der letzten Woche zügig bis 1.324,00US$ an.

Die aktuelle Umfrage vom letzten Freitag wartet nun mit einem recht bullischen Ergebnis auf (66,7%). Erst ab einem Bullenanteil von 80% wird es extrem gefährlich. Zwei Wochen hintereinander mit Werten über 60% sind ebenfalls sehr ungünstig. In beiden Fällen folgte bisher immer ein Kursrücksetzer. Kurzfristig gilt es demnach alarmiert zu sein und auf die Ergebnisse am kommenden Freitag zu schauen. Werte oberhalb von 60% wären bedenklich.

Seit Anfang Juli gibt die saisonale Komponente bereits grünes Licht. Dass es nicht jedes Jahr so laufen muss, wie der Durchschnitt der letzten 30 Jahre, sollte klar sein.

Für dieses Jahr bin ich jedenfalls recht optimistisch, dass es "endlich" wieder mit einem nachhaltigen Durchmarsch bis Anfang Oktober klappen könnte.