Zinsfalle: Sachwerte versus Geldwerte
Eine Tatsache ist in der Finanzwelt unstrittig: Niedrige Zinsen, konjunkturelles Wachstum und hohe Aktienkurse sind ausschließlich den Notenbanken dies- und jenseits des Atlantiks zu verdanken. Heftig diskutiert wird allerdings über die Folgen und den Preis für die Rettung der globalen Finanzsysteme.
Um sich die Größenordnung der immensen Geldflut und des enormen Schuldenbergs besser vorstellen zu können, sollte man einmal die jährliche Goldförderung der Minen mit der Bilanzsumme der US-Notenbank Fed vergleichen, die ja ausschließlich den auf Hochtouren laufenden Druckerpressen zu verdanken ist. So lag die globale Goldminenproduktion im Jahr 2013 laut World Gold Council bei 3.022 Tonnen. Auf Basis des durchschnittlichen Goldpreises für das Jahr 2013 entsprach dies einem Gegenwert von über 137 Milliarden Dollar. Im Zuge der diversen Rettungsprogramme hat sich die Bilanzsumme der US-Notenbank Fed mittlerweile auf deutlich über 4.000 Milliarden Dollar aufgebläht und das Ende der Fahnenstange dürfte damit noch gar nicht erreicht sein. Allein bis Dezember 2013 kauften die US-Notenbanker Staatsanleihen für einen Betrag von 85 Milliarden Dollar – wohlgemerkt pro Monat. Unberücksichtigt blieb dabei die von der Bank von England, der Europäischen Zentralbank und der Bank von Japan zusätzlich in die Finanzmärkte gepumpte Liquidität.
Was kommt nach der Vermögensinflation?
Eines steht somit fest: Während in den vergangenen Jahren Geldmenge und Schulden enorme Wachstumsraten verzeichneten, hinkte sowohl die Goldproduktion als auch die globale Konjunktur dieser Entwicklung meilenweit hinterher. Dies führte dazu, dass auf der einen Seite viel Geld gedruckt und in Umlauf gebracht wurde. Dem stand jedoch auf der anderen Seite ein unterproportional gestiegenes Angebot an Waren sowie "frischem Gold" gegenüber. Die Intention der Geldpolitik liegt auf der Hand. Zum einen sollen sich Wirtschaft und Bevölkerung dank gestiegener Kurse bei Aktien und Staatsanleihen reicher fühlen und sich dadurch investitions- bzw. konsumfreudiger zeigen. Außerdem musste sie die Zinsen möglichst weit nach unten befördern, damit Staaten, Unternehmen und der Privatsektor nicht in die Zinsfalle geraten. Sollten nämlich die Ausgaben für Zinsen steigen, würde dies der Konjunktur einen herben Dämpfer versetzen. Wenngleich sich die Inflation derzeit auf einem wenig beängstigenden Niveau bewegt, haben wir keinerlei Garantie, dass dies auf Dauer so bleiben wird. Als Inflationsschutz genießt Gold daher seit Jahrhunderten einen guten Ruf.
Gold glänzt durch langfristigen Kaufkrafterhalt
Als Beweis für den wirksamen Erhalt von Kaufkraft muss in der Finanzwelt häufig ein Beispiel herhalten: In jedem Jahrhundert erhielt man pro Feinunze stets einen maßgeschneiderten mehrteiligen Herrenanzug. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Der Vergleich scheint allerdings etwas in die Jahre gekommen und daher nicht mehr ganz zeitgemäß zu sein. Als Vergleichsmaßstab eignet sich daher der Ölpreis viel besser, schließlich gilt der fossile Energieträger als mit großem Abstand wichtigster Rohstoff der Welt. Er wird von den meisten Menschen tagtäglich in den verschiedensten Formen benötigt, verwendet und verbraucht. Die Internationale Energieagentur prognostizierte in ihrem Juli-Monatsbericht, dass sich im kommenden Jahr eine tägliche Rohölnachfrage von 92,7 Millionen Barrel einstellen wird. Dies entspräche bei einem unterstellten Ölpreis von 100 Dollar je Barrel einem Geldwert von über neun Milliarden Dollar, der jeden Tag den Besitzer wechselt. Während man für Euros und Dollars im Laufe der Jahrzehnte immer weniger Öl bekam, war beim Vergleich mit Gold kein langfristig zu beobachtender Kaufkraftverlust zu beobachten. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat sich der Dollar zwar zur Weltleitwährung entwickelt, seine in Gold oder Rohöl bemessene Kaufkraft hat sich während dieses Zeitraums jedoch signifikant verringert.
Notenbanken wollen Inflation
Die Europäische Zentralbank betrachtet ein Inflationsniveau in Höhe von zwei Prozent als wünschenswert. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, dass die Notenbanker eine Verdopplung der Konsumentenpreise in einem Zeitraum von 35 Jahren für erstrebenswert halten. Durch die Brille hochverschuldeter Institutionen hätte dies nämlich den angenehmen Nebeneffekt, dass sich nach 35 Jahren die Kaufkraft zurückgezahlter Schulden halbiert hat. Dieser Zusammenhang wird in der Fachwelt auch das Weginflationieren von Schulden bezeichnet. Neben einer "angemessenen" Inflation müssen die Notenbanker aufgrund der Schuldenexplosion aber zugleich für dauerhaft niedrige Zinsen sorgen. Dies dürfte sich als schwierige Aufgabe erweisen, schließlich handelt es sich bei der Geldpolitik der vergangenen Jahre um ein großes Experiment. Empirische Erfahrungswerte stehen den Notenbankern nicht zur Verfügung.
Robuste Substanz statt Papier
Für risikoscheue Anleger bedeutet die Aussicht auf dauerhaft niedrige Zinsen, dass sie auch in den kommenden Jahren mit Staatsanleihen bester Bonität unter inflationsbereinigter Sicht nicht glücklich werden dürften. Zudem wären sie mit einem solchen Investment einer erheblichen Gefahr ausgesetzt. Sollten die Gläubiger dieser Schulden nämlich irgendwann einmal zu der Ansicht gelangen, dass die Zinszahlung bzw. Tilgung des Schuldners unsicherer wird, droht bei Staatsanleihen eine Verkaufswelle und daraus resultierend das Steigen der Zinsen. Vor diesem Hintergrund stellen Sachwerte wie Edelmetalle oder Immobilien, die in erster Linie durch ihre Substanz überzeugen, eine Anlageklasse dar, die Anleger auf keinen Fall vernachlässigen sollten. Viele unabhängige Vermögensberater raten beim liquiden Vermögen zu einer Goldquote im deutlich zweistelligen Prozentbereich.
Doch welche Strategie böte sich an, wenn sich die Finanzwelt nicht mit einem Inflations- sondern einem Deflationsszenario auseinandersetzen müsste? In der Theorie gelten in solchen Phasen Bargeld, Tagesgeld, Termingeld und festverzinsliche Anleihen als "Must-have". Einen Vergleich mit diesen substanzarmen Wertpapieren braucht Gold jedoch nicht zu scheuen. Oder können Sie sich etwa vorstellen, Banken oder Staaten angesichts explodierender Schulden das eigene Geldvermögen anzuvertrauen? Wohl kaum, dafür wären die Zeiten dann wohl einfach zu unsicher.