Da gruseln sich selbst Notenbanker
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
am Wochenende hat die Bank der Notenbanken, die BIZ in Basel, ihren vielbeachteten Jahresbericht veröffentlicht. Darin heißt es im Kapitel II. "Finanzmärkte weltweit im Bann der Geldpolitik":
"Eine äußerst lockere Geldpolitik in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften trug maßgeblich dazu bei, dass risikoreiche Vermögenswerte im ganzen Jahr 2013 und im ersten Halbjahr 2014 höher bewertet wurden. Niedrige Zinssätze und gedämpfte Volatilität ermutigten die Marktteilnehmer, Positionen im risikoreicheren Teil des Anlagespektrums einzugehen. (…) Ein lebhafter Absatz von Schuldtiteln mit niedrigerem Rating stieß auf eine starke Nachfrage, und die Aktienmärkte erreichten neue Höchststände. Die Bewertung von Vermögenswerten schien sich teilweise von den Fundamentaldaten abzukoppeln, und in zahlreichen Anlagekategorien näherte sich die Volatilität historischen Tiefständen an."
Gegenüber Reuters erklärte der neue Chefvolkswirt der BIZ, Hyun Song Shin am Wochenende: "Aktuell sieht alles zwar sehr gut aus, aber es baut sich möglicherweise ein schmerzhafter und sehr zerstörerischer Umschwung auf."
Nach Ansicht von Shin werden aber nicht die Banken den "zerstörerischer Umschwung" auslösen, sondern konservative und langfristig orientierte Investoren wie z.B. Pensionsfonds, die auf der Suche nach Rendite nicht mehr davor zurückschrecken, auch zum Teil hochriskante Wertpapiere wie Unternehmensanleihen mit schlechter Bonität zu kaufen.
Wie ist diese Schizophrenie der Notenbanker zu erklären? Sie geben ganz offen zu, dass ihre Geldpolitik falsche Anreize schafft, die letztlich zu einem massiven Crash führen könnten.
Die Antwort ist einfach und erschreckend zugleich: Die Risikohinweise der Notenbanker, der Deutschen Bundesbank, der EZB und jetzt auch der BIZ, sind nichts anderes als Haftungsausschlüsse. Sie handeln im Rahmen ihrer Mandate, die letztlich von den Staaten gesetzt wurden. Letztlich verantwortlich für die den "zerstörerischer Umschwung" ist also die Politik.
Deshalb fordert Shin nicht nur die stärkere Regulierung der Banken, sondern der gesamten Finanzbranche.
Wie aberwitzig! Die Notenbanker schaffen falsche Anreize und die Politik soll diese Anreize durch stärkere Regulierung neutralisieren. Die Notenbanken sehen es als ihre Aufgabe an, die Zinsen mit allen Mitteln zu senken, gerade damit sich z.B. die hoch verschuldeten Staaten, aber auch Unternehmen und privaten Haushalte günstig refinanzieren können. Gleichzeitig soll die Finanzbranche aber vom Kauf der riskanten Wertpapiere abgehalten werden. Wie soll die Finanzbranche überleben, wenn sie ausschließlich "sichere" Wertpapiere kaufen darf, die absolut keine Rendite abwerfen? Wie kann man einen Wolf wissentlich mit Tollwut infizieren, um ihn dann zu zähmen, damit er Männchen macht?
Wir bestaunen hier nicht das Ende des Kapitalismus, sondern einer Ordnungspolitik der Staaten, die überall kontrollierend und planend eingreifen und durch ihre Anmaßung von Wissen und Macht Monster geschaffen hat.
Aber gegen Monster, die immer dann entstehen, wenn der Mensch versucht, sich trickreich und mit allen Mitteln der natürlichen Ordnung zu widersetzen, gibt es ein probates Gegenmittel: Kugeln aus Gold und Silber!
Gold und Silber werden im neuen Glanz erstrahlen
Shin hat völlig recht: Am Aktien- und Bondmarkt sieht aktuell alles sehr gut aus. Warum sollte man da auf Gold und Silber setzen?
Und doch ist die Warnung der Notenbanker das beste Argument für Gold und Silber, denn in dem "zerstörerischen Umschwung" würden sich nicht die Edelmetalle auflösen, sondern massenhaft die auf Papier gedruckte Zahlungsversprechen der globalen Finanzindustrie, die sich die Staaten herangezüchtet hat.
Wenn es stimmt, dass in einem Chartverlauf alle Informationen des Marktes eingepreist sind, dann ist es richtig, dass sich der S&P 500 in einem lupenreinen Aufwärtstrend befindet. Dann ist es auch richtig, dass der Kollaps der US Wirtschaft im ersten Quartal rein wetterbedingt war, dass die Ukrainekrise nicht gefährlich eskaliert, dass der Vormarsch der ISIS-Truppen im Irak keine weitere Bedeutung für die Stabilität des Nahen Ostens und die zukünftige Energieversorgung des Westens hat, dass Schulden das neuen Kapital sind, von dem man gar nicht genug haben kann, und vor allem, dass die Notenbanken alle Risiken dieser Welt im Griff haben.
Wenn sich aber der Vorhang vor der Realität hebt und sich bei Licht betrachtet viele "Wertpapiere" als bloßes Papier herausstellen, dann dürfte es bei Gold und Silber kein Halten mehr geben.
Der Goldchart sagt im Moment nur aus, dass es einen verhältnismäßig kleinen Short Squeeze gegeben hat. Einigen wenigen Marktteilnehmern ist die Ruhe an den Finanzmärkten vermutlich unheimlich geworden und sie haben ihre Shortspekulationen auf Gold aufgelöst. Anschlusskäufe haben aber bisher nicht stattgefunden. Der Kaufdruck ist also nach dem Kurssprung im Moment noch nicht sehr groß. Das kann sich buchstäblich über Nacht ändern. Es kann aber auch sein, dass wir noch Wochen, Monate oder gar Jahre warten müssen, bis sich der Vorhang lüftet und die Monster in der Sonne verdampfen und Gold und Silber im neuen Glanz erstrahlen.
Auf jeden Fall aber müssen wir den Finger am Abzug halten!
Ihr Thomas Rausch
Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse nicht investiert.