Analystenmeinung: Rohstoffaktien setzen Börsenregeln außer Kraft

Analystenmeinung: Rohstoffaktien setzen Börsenregeln außer Kraft

"Sell in May and go away. But remember to come back in September." Viele Börsianer kennen diese Marktweisheit, die so pauschal zwar Überrenditen verspricht, aber längst nicht auf alle Branchen und Teilmärkte der Börse zutrifft. Wer im Vertrauen auf die Weisheit sich im Mai von seinen Aktien trennt, kann diese noch lange nicht günstiger im September zurück kaufen – es kommt darauf an, wo investiert wird.

Die Analysten bei BMO Capital Markets widersprechen der Weisheit deutlich. In ihrem aktuellen Mining Equity Outlook für das zweite Quartal 2014 nehmen sie sogar eine gänzlich gegenteilige Position ein. Im Rohstoff-Sektor gebe es im Mai und Juni die Tendenz zu saisonalen Tiefs, so die Analysten. Dies gebe Investoren die Chance, in Vorwegnahme einer Kursrallye im August und September schon einmal in den Markt einzusteigen.

Was den Philadelphia Gold and Silver Index angeht, ist dies zutreffend. Der Aktienindex, der vor allem unter seinem Kürzel "XAU" bekannt ist, ist eines der wichtigsten Marktbarometer für Edelmetallaktien. Ihm gehört das "Who-is-Who" der Gold- und Silberförderer an – die kanadische Barrick Gold (ISIN: CA0679011084), die südafrikanische Gold Fields (ISIN: ZAE000018123) oder die US-amerikanische Newmont Mining (ISIN: US6516391066), um nur einige zu nennen. Gemessen am "XAU" habe es sich in acht von zehn Fällen gelohnt, im Juni in den Goldmarkt einzusteigen und im September auszusteigen, so BMO Capital Markets im Mining Equity Outlook.

"Sell in May and go away" funktioniert bei Rohstoffaktien nicht

Selbst Langfrist-Statistiken über 20 Jahre über verschiedene Zeiträume hinweg zeigen, dass die Saisonalität des Rohstoffmarktes von der eingangs zitierten Börsenregel abweicht. Im Gold-, Silber- und Kupfersektor fuhr man in den vergangenen 20 Jahren besser damit, wenn man im Juni kaufte und im September auf die Verkäuferseite wechselte – 60 Prozent und mehr beträgt hier die Trefferquote. Bei Gold und Silber war diese Strategie in den vergangenen fünf Jahren sogar zu 100 Prozent zutreffend. Allerdings sollten Investoren beachten: Die Statistiken basieren auf Durchschnittswerten, die Entwicklung einzelner Rohstoffaktien kann zum Teil erheblich vom Markttrend abweichen.

Nun ist es bald schon wieder Juni, somit stellt sich automatisch die Frage, ob diese Regel auch 2014 greift. Der Blick auf die Bewertungen in den verschiedenen Rohstoffsektoren, die BMO Capital Markets in der Studie unter die Lupe genommen hat, wirft einige Zweifel auf, zwingt aber zumindest zu einer differenzierten Sichtweise. Aus fundamentaler Sicht gehören Gold- und Silberaktien, bei denen "Buy in June, sell in September" am besten funktionierte, nicht gerade zu den attraktiv bewerteten Teilmärkten des Rohstoffsektors. Unter den elf beobachteten Rohstoffen findet man Gold und Silber auf Platz 8 bzw. 6. Nur Platin, Kohle und Uran weisen noch schlechtere Zahlen auf. Unter den Top 3 finden sich dagegen mit Stahl und Eisenerz zwei Problembranchen der Weltwirtschaft, die erheblich mit rückläufigen Preisen zu kämpfen haben – die günstige Bewertung hat also einen Hintergrund. Auf Platz drei liegen in der BMO-Statistik die diversifizierten Bergwerkskonzerne.

BHP Billiton und Rio Tinto gehören zu den Favoriten

Schaut man sich die BMO-Favoriten aus dem letzten Sektor an, so findet man zwei gute Bekannte. Zum einen sehen die Analysten in der Aktie des Bergbauriesen BHP Billiton (ISIN: GB0000566504) einen Favoriten für Anleger. Die Experten zählen eine Reihe von Gründen hierfür auf. So habe das Unternehmen eine starke Bilanz und die Reduzierung der Schulden verlaufe in diesem Jahr wie geplant. Hinzu kommt, dass die Gesellschaft ihren Netto-Cashflow erhöhen könne und eine Dividendenrendite von rund 4 Prozent biete. Darüber hinaus kann BHP Billiton die Kosten und Investitionsausgaben senken. Für den BHP-Aktienkurs sehen die BMO-Experten weiterhin ein Kursziel von 22,50 Britischen Pfund.

Der zweite "big guy" der diversifizierten Minenkonzerne gehört ebenfalls zu den Favoriten der Analysten: Rio Tinto (ISIN: GB0007188757). Für den Anteilsschein des britisch-australischen Unternehmens erwartet BMO Capital Markets ein Kursziel von 35,00 Britischen Pfund. Die Gesellschaft habe eine gut ausgearbeitete Strategie, um Kosten und Investitionsausgaben zu senken, heißt es von Seiten der Rohstoffexperten. Auch hier gebe es einen steigenden Netto-Cashflow und eine Dividendenrendite um 4 Prozent, aber auch ein paar Sorgen um die Eisenerzbranche.

Continental Gold und Torex Gold laut BMO interessante Juniors

Doch nicht nur bei den etablierten, großen Rohstoffwerten haben die BMO-Analysten ihre Favoriten ausgemacht. Auch bei den Juniors und Explorationsunternehmen hat man sich umgeschaut. Zwei Werte stechen hier aus der breiten Masse heraus, glauben die Experten und nennen diese als bevorzugte Papiere dieses Sektors: Zum einen die Aktie von Continental Gold (ISIN: BMG238501032), für die man das Kursziel auf 5,75 Dollar angehoben hat, zum anderen der Anteilsschein von Torex Gold (ISIN: CA8910541082), für den BMO ein Kursziel von 2,00 Dollar erwartet.

Bei Continental Gold verweisen die Analysten vor allem auf die hohen Liquiditätsreserven der Gesellschaft. Gerade in Zeiten, in denen Juniors nur schwer an Geld über den Kapitalmarkt kommen, ist dies für das Unternehmen ein enormer Vorteil. Continental Gold weise mehr als 100 Millionen Dollar Cash auf, nachdem sich das Unternehmen Ende 2012 und damit noch vor dem Austrocknen der Finanzierungsoptionen am Markt Geld beschafft habe. Dies bringe der Gesellschaft eine hohe Flexibilität, bei sich bietenden Optionen zu reagieren. Continental Gold ist in Kolumbien aktiv, das Flaggschiffprojekt Buriticágehört zu 100 Prozent zum Unternehmen.

Zur Aktie von Torex Gold verweisen die BMO-Analysten auf das Morelos-Gebiet im bekannten Guerrero-Goldgürtel Mexikos, in dem das Unternehmen mit dem Projekt "El Limon-Guajes" aktiv ist. Gerade erst hat man die Finanzierung hierfür finalisieren können: Ein Konsortium von Banken, zu dem unter anderem die Bank of Montreal und BNP Paribas gehören, stellt einen Kredit im Volumen von 375 Millionen Dollar bereit. Es liegen alle Genehmigungen vor, sodass Torex Gold die wesentlichen Hürden bereits aus dem Weg geräumt hat. Die Mine soll, wenn sie fertiggestellt ist, zu den größten Mexikos gehören – und zu den Standorten mit den günstigsten Förderkosten.