Kolumne von Florian Grummes

Chartanalyse pro aurum Edelmetalle - Konsolidierung vermutlich abgeschlossen

Erwartungsgemäß konsolidieren die Edelmetalle seit etwas mehr als zwei Wochen. Die 50-Tagelinie ist im ersten Anlauf einfach ein großer Widerstand und demnach nicht so leicht zu überwinden. Im Vergleich zum Goldpreis hinkt Silber etwas hinterher. Das lässt sich gut am Gold/Silber-Ratio ablesen, welches parallel zu den Kursanstiegen seit Ende Juni ebenfalls weiter angestiegen ist.

Da aber auf dem Ratio-Chart die negativen Divergenzen bei den Indikatoren deutlich zugenommen haben, ist es meines Erachtens nur noch eine Frage der Zeit bis der Silberpreis die Marke 20,00US$ nachhaltig hinter sich lassen wird können. In der Folge sollte Silber dann auch langsam aber sicher wieder den Goldpreis outperformen können. Gerade zu Beginn neuer Aufwärtsbewegungen bleibt Silber regelmäßig zurück, während es gegen Ende einer Haussebewegung alle anderen Metalle zunehmend in den Schatten stellt.

Konkret kämpft Silber aktuell also mit der fallenden 50-Tagelinie (20,35US$) als auch mit der seit Ende April gültigen Abwärtstrendlinie. Bis Mitte der laufenden Woche bröckelten die Notierungen kontinuierlich ab. Dabei fiel Silber sogar bis auf 19,15US$ zurück. Seit gestern konnten sich alle Edelmetalle aber wieder dynamisch nach oben bewegen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es jetzt weiter nach oben geht, ist extrem hoch. Die Unterstützung oberhalb von 19,00US$ hat gehalten und die Bodenbildung schreitet erfolgreich voran.

Erst ein Tagesschlusskurs unterhalb von 18,90US$ (Gold 1.268,00US$) lässt mich äußerst skeptisch werden, während alle Bewegungen oberhalb von 19,00US$ ohne weiteres als finale Verunsicherungen innerhalb der Bodenbildung betrachtet werden können.

Dass der Goldminenindex HUI gestern fulminant mit einem Tagesplus von 8,88% nach oben gedreht hat, während er zuvor acht Tage am Stück gefallen war, erhöht die Chancen auf starke und nachhaltigen Kursanstiege in den kommenden Wochen bis Ende September. Das erste Kursziel für den Silberpreis wäre dann die mittelfristige untere Abwärtstrendlinie knapp unterhalb von 23,00US$. Beim Goldpreis sind Anstiege bis zunächst 1.375,00US$ und 1.420,00US$ denkbar.

Auch die fundamentale Datenlage verbessert sich zunehmend. Die extrem große Silbernachfrage in Asien wird mit der Eröffnung eines neuen Tresors für 200 Tonnen Silber in Singapur unterstrichen. Bereits am ersten Tag der Eröffnung wurden 30% der Lagerkapazitäten ausgeschöpft. In Hongkong soll demnächst ein weiterer Tresor eröffnet werden. Während in Indien, Frankreich und auch in Deutschland Edelmetall-Investitionen zunehmend erschwert werden, bleibt Singapur eines der edelmetallfreundlichsten Länder der Erde. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Regierung dort die Umsatzsteuer auf Edelmetalle in Anlagequalität gestrichen.

In Indien hingegen versucht die Regierung weiterhin verzweifelt die massiven Goldimporte zu stoppen. Als Konsequenz hat nun die pakistanische Regierung ein vorübergehendes Goldeinfuhrverbot erlassen, da indische Käufer verstärkt zollfrei in Pakistan eingekauft hatten, um die Metalle dann anschließend nach Indien zu schmuggeln. Im Juni waren die pakistanischen Goldimporte um 176,17% massiv angestiegen. Die Aufschläge für physisches Gold betragen in Indien mittlerweile knapp 35,00US$ je Feinunze. Indische Schmuckhersteller versuchen sich offensichtlich mit Material einzudecken, bevor die Importrestriktionen richtig greifen.

Zu der ohnehin angespannten Lage kommen die Ausgabenkürzungen der Goldminenproduzenten sowie die Schließung kostenintensiver Minen. Die weltweite Minenproduktion dürfte nach Ansicht des World Gold Council (WGC) in diesem Jahr nicht mehr zunehmen und in Zukunft sogar fallen. Dazu passt die Nachricht aus Mexiko, dass die dortige Silberproduktion im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um knapp 10% gesunken ist.

Zu alledem kommt auch Südafrika nicht zur Ruhe. Hier hat die als gemäßigt geltende National Union of Mineworkers die von den Minenproduzenten angebotene Lohnerhöhung abgelehnt und bekannt gegeben, im August verschiedene Goldminen bestreiken zu wollen. In wenigen Wochen beginnen zudem auch die Lohnverhandlungen für die Arbeiter in der Platinindustrie.
Stark negativ jedoch bleiben die weiterhin konstanten Abflüsse bei den Gold-ETFs. Seit Jahresbeginn wurden hier 671 Tonnen Gold verkauft. Dieser Trend ist noch immer ungebrochen und müsste unbedingt drehen, um die vermutete Bodenbildung beim Goldpreis zu bestätigen.

Insgesamt gilt es weiterhin, mit Geduld und Ruhe zu agieren und Kursschwächen schrittweise zum Einstieg zu nutzen. In den kommenden Wochen sollte eine erste wenn auch volatile Erholungsrally starten, welche den Silberpreis bis zum Ende des Jahres an die Marke von 26,00US$ führen dürfte (Gold ca. 1.525,00US$).

Der Commitment of Trades (CoT) Bericht bleibt weiterhin äußerst positiv. Trotz erster Kursanstiege haben die kommerziellen Händler in den letzten beiden Wochen ihre Shortpositionen wieder leicht verringert. Seit dem Tief Ende Juni hat die professionellste Gruppe der Marktteilnehmer zwar ihre Position von 4.093 auf zuletzt 8.307 leerverkaufte Kontrakte erhöht, von einer bärishen Positionierung sind wir aber meilenweit entfernt. Im Gegenteil, bei den CoT-Daten liegen alle Voraussetzungen für eine kräftige Rally in den nächsten Monaten vor.

Trotz erster klarer Anzeichen einer Trendwende sind die Edelmetalle nach wie vor total "out". Auch wenn dieser Zustand bereits seit einigen Monaten vorliegt, bleibt die aktuelle Stimmungslage weiterhin der ideale Nährboden für einen neuen großen Aufwärtstrend.
Nach der langen und heftigen Korrektur wird der Großteil der Marktteilnehmer erst bei deutlich höheren Kursen wieder zutraulich werden.

Während beim Gold bereits im August alle saisonalen Zeichen auf deutliche Anstiege stehen, hat Silber im langfristigen Durchschnitt den August über regelmäßig enttäuscht. Ob das dieses Jahr auch wieder so seien wird, steht in den Sternen. Nach dem langen Abwärtstrend ist eine positive Überraschung aber gut möglich. Spätestens im September dürfte Silber dann jedoch den Goldpreis wieder outperformen.

Florian Grummes (Jahrgang 1975, geboren in München) widmet sich seit 1996 intensiv den Finanzmärkten sowie der technischen Chartanalyse und spezialisierte sich ab 2002 auf den Edelmetallsektor. Seine weltweit verfolgten regelmäßigen Gold- und Silberanalysen werden seit Oktober 2011 exklusiv von pro aurum unter www.proaurum.de veröffentlicht.