El Dorado – Auf der Suche nach dem Goldland
Der Mythos Gold hat die Menschen seit dem Altertum fasziniert. Gold in Münzform (und später auch als Barren) war stets eine weltweit anerkannte Währung, die sich insbesondere in Krisenzeiten steigender Nachfrage erfreut. Die Entdeckung der neuen Welt durch Christoph Kolumbus brachte große Mengen an Gold aus der "neuen Welt" nach Europa, so dass schnell Mythen entstand, die von unschätzbaren Goldvorkommen in der neue Welt berichteten.
Die bekannteste Legende ist vermutlich die Legende von "El Dorado" (wörtlich übersetzt: der Goldene), einem sagenhaften Goldland im Landesinneren Südamerikas. Ursprünglich bezeichnete der Name "El Dorado" einen Mann, später eine Stadt oder gar ein ganzes Land. Gelockt von der Aussicht auf schnellen Reichtum und sozialen Aufstieg, zog es die spanischen Konquestadoren in die neue Welt, wo sie auf der Suche nach Gold und Silber oftmals mit großer Gewalt gegen die südamerikanische Bevölkerung vorgingen.
Obwohl El Dorado nie gefunden wurde, scheint der Mythos auf den Bergsee Guatavita in der Nähe der heutigen kolumbianischen Hauptstadt Bogota zurückzugehen. Der Guatavita-See wurde von den Muisca, einem indianischen Volk als einer von fünf heiligen Seen verehrt. Der Legende nach brachte jeder neue Herrscher der Muisca Opfer für den Sonnengott im See dar, wobei das Gold im See versank. In ihrer Gier versuchten die spanischen Konquestadoren den See trockenzulegen, um an das Gold zu gelangen. Tatsächlich gelang es bereits 1545, den Wasserspiegel um einige Meter abzusenken und es wurden einige Goldstücke gefunden, jedoch bei weitem nicht in dem Umfang, in dem es die Legende vermuten ließ.
Ende des 19. Jahrhunderts gelang es dem britischen Unternehmer Hartley Knowles das Wasser des Sees komplett abzulassen, jedoch war der von einer meterdicken Schlammschicht bedeckt, welche nicht betreten werden konnte. Als man darauf versuchte, diese Schlammschicht mit Schaufeln abzutragen, war der Schlamm bereits ausgehärtet und ließ sich nicht mehr abtragen. Auch in dieser Expedition wurden wieder einzelne Wertgegenstände entdeckt, jedoch blieben auch diese weit hinter den hohen Erwartungen zurück. 1965 schließlich erklärte die Regierung Kolumbiens den See zu einem nationalen Erbe und unterband damit jegliche weitere Versuche, den See trockenzulegen und weiter nach "El Dorado" zu suchen, auch wenn es sicherlich extrem spannend wäre, den See(Boden) mit moderner Explorationstechnik zu erkunden und beispielsweise durch Probebohrungen auf weitere Goldvorkommen zu untersuchen.
Wie konnte sich der Mythos so lange halten oder ist in letzter Instanz doch noch mit der Entdeckung des sagenumwobenen Goldlandes zu rechnen? Zum einen ist die Gier des Menschen oftmals so groß, dass der Wunsch nach schnellem Reichtum ein Stück weit die Sinne benebelt. Dies ist zum Jahrtausendwechsel auch zahlreichen "Goldgräber" am Neuen Markt durch das Platzen der Internet-Blase zum Verhängnis geworden, als teilweise Firmen, die teils ohne marktreifes Produkt oder Nachweis eines tragfähigen Geschäftsmodells in schwindelerregende Höhen gestiegen sind.
Ein deutlich handfesterer Grund liegt in der Tatsache, dass Kolumbien zur Zeit des Eintreffens der spanischen Konquestadoren tatsächlich einer der größten Goldproduzenten der Welt war. Im 17. Jahrhundert stammte teilweise 80% der weltweiten Goldproduktion aus Kolumbien, und ein solcher Reichtum ist natürlich ein extrem nährreicher Boden für die Verbreitung bzw. die Aufrechterhaltung solcher Mythen. Wie gut solche Mythen auch in der jüngere Vergangenheit noch funktionieren, darüber berichte ich Ihnen morgen in einer weiteren Folge meiner Kolumne.
Bis dahin verbleibe ich mit den besten Wünschen,
Ihr Manuel Giesen