Chrom und die Geschichte von van Goghs Sonnenblumen

Wenn man von Stahl spricht, spricht man eigentlich von einer Gruppe verschiedenster Metalllegierungen, bei denen weit mehr Rohstoffe als Eisen und Kohle eine Rolle spielen. Eines der Elemente, die zum Einsatz kommen, verbindet man eigentlich am ehesten mit hochgetunten Autos: Chrom. Wir werfen einen Blick auf die wichtigsten Basisdaten des Übergangsmetalls.

Der Rohstoff gehört durchaus zur Gruppe der enorm wichtigen Bodenschätze, vor allem aufgrund des bestehenden Versorgungsrisikos. Eine im Auftrag der KfW erstellte Studie stuft die Versorgungslage als "kritisch" ein. Der Blick auf die Produktionsstatistik für Chrom zeigt, dass die weltweiten Reserven des Materials im Vergleich zur Produktion recht klein sind. Nimmt man die Zahlen des U.S. Geological Survey, so wären bei Produktionsraten wie in den Jahren 2011 und 2012 mittel- bis langfristig Versorgungsengpässe zu erwarten. Das liegt nicht zuletzt auch am erwarteten Anstieg der Nachfrage, unter anderem für die chinesische Stahlerzeugung. Das Fazit: Unter den Rohstoffen, die in der Stahlproduktion zum Einsatz kommen, bestehen hier beim Chrom die größten Gefahren von Versorgungsproblemen.

Große Teile der bekannten Chromreserven, die sich wirtschaftlich abbauen lassen, finden sich in zwei Regionen: Zum einen in Kasachstan, zum anderen in Südafrika. Größere Vorkommen lagern zudem in Indien sowie in der Türkei. Weltmarktführer bei der Produktion ist mit großem Abstand Südafrika, aus dem Land kommt knapp die Hälfte der Jahresproduktion. Größere Anteile bringen zudem noch Indien und Kasachstan auf den Markt. Entsprechend abhängig sind viele westliche Industriestaaten von den Ländern. Ein Beispiel ist die USA, die rund die Hälfte der Chromimporte aus Südafrika und Kasachstan bezieht.

In der Praxis ist für die Gewinnung von Chrom vor allem der Abbau von Chromerzen relevant. In erster Linie gilt dies für das Chromit, eine Verbindung von Chrom mit Eisen- und Sauerstoffatomen, ebenso von Bedeutung ist das Krokoit, in dem sich statt eines Eisenatoms ein Bleiatom findet. In einem mehrstufigen Prozess kann dann aus den Chromerzen reines Chrom gewonnen werden, ebenso Ferrochrom, ein für die Stahlherstellung wichtiger Ausgangsstoff.

Von Bedeutung ist auch noch das vielfältige Farbenspektrum, das unter Einfluss von Chrom entstehen kann. Die verschiedenen Chromsalze nehmen unterschiedlichste Färbungen ein, die auch zum Beispiel bei Edelsteinen eine Rolle spielen. So sind Chromverbindungen zum Beispiel bei den Farben von Rubinen und Smaragden von Bedeutung.

Wenn heutzutage über die Nutzung von Chrom und Chromverbindungen in der Wirtschaft gesprochen wird, ist vor allem die Herstellung von Stahl und Metalllegierungen gemeint. Es ist der mit Abstand wichtigste Einsatzbereich für den Rohstoff. Da für beide Bereiche zukünftig deutlich höhere Produktionszahlen erwartet werden, dürfte auch der Bedarf an Chrom in der Wirtschaft deutlich steigen. Zurückzuführen ist dies vor allem auf die Entwicklung in Asien und hier insbesondere in China, dem weltweit größten Stahlproduzenten und -konsumenten.

Eine der bekanntesten Verwendungen von Chrom findet sicherlich in der Automobilindustrie statt. Verchromte Autoteile, insbesondere Reifenfelgen, finden weltweit aus ästhetischen Gründen einen großen Absatz. Da auch in der Autobranche für eine lange Zeit steigende Verkaufszahlen zu erwarten sind, dürfte die Chromnachfrage aus dieser Sparte weiter klettern.

Wesentlich wichtigere Einsatzbereiche des Rohstoffes außerhalb der dekorativen Verchromung sind allerdings seine Schutzfunktionen für Metalllegierungen und Stähle. Das gilt vor allem für den Einsatz solcher Werkstoffe unter extremeren Bedingungen, sei es unter Hitze oder in Umgebungen mit hohen Korrosionsgefahren. Um die Werkstoffe vor den Umwelteinflüssen zu schützen, werden sie mit unterschiedlich dicken Chromschichten überzogen.

Auch in der Produktion von Leder hat das Material seinen festen Platz. Die sogenannte Chromgerbung ist eines der wichtigsten Produktionsverfahren. Zum Einsatz kommen hier Chromsalze. Einer der wichtigsten Zulieferer in diesem Markt ist Lanxess, hervorgegangen aus dem Leverkusener Chemiekonzern Bayer. Die Rheinländer agieren über eine südafrikanische Tochtergesellschaft, die seit Anfang 2007 komplett zum Lanxess-Konzern gehört, unter anderem in diesem Markt. Die frühere Chrome International South Africa, heute Lanxess CISA, produziert diverse Chromchemikalien und betreibt im südafrikanischen Rustenburg ein großes Chrombergwerk.

Es bleibt noch die angekündigte Geschichte der verschiedenen Chromsalze mit ihren höchst unterschiedlichen Verfärbungen und einem berühmten Gemälde. Die Chromsalze spielen unter anderem in der Produktion von Farben bzw. Farbpigmenten und damit auch in der Kunst eine Rolle. Das gilt insbesondere für ein gelbes Farbpigment, das sogenannte Chromgelb. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde das brilliant-gelbe Farbpigment entdeckt und stieß unter Künstlern aufgrund seiner Farbintensität und Deckkraft auf eine große Gegenliebe. Das wohl berühmteste Gemälde, das mit diesen Pigmenten gemalt wurde, stammt von Vincent van Gogh: Die weltberühmten "Zwölf Sonnenblumen in einer Vase". Deren leuchtstarke gelben Farben haben sich im Laufe der Zeit allerdings in immer dunkleres Gelb verwandelt. Heute ist Chromgelb vor allem wichtig, um Fälschungen alter Gemälde zu identifizieren.