Kolumne von Hannes Zipfel

Die Maus kreißte und gebar einen Berg - Präzedenzfall Zypern: Schuldenlösung in der Eurozone durch Teilenteignung von Bankkunden

Handlungsempfehlungen für ein krisengeschütztes, banken- und eurounabhängiges Investment in Gold, Silber & Co.

Anders als in der bekannten Sentenz des römischen Dichters Horaz kreißten im Fall der Zypernkrise nicht die Berge, um ein lächerliches Mäuschen zur Welt zu bringen, sondern die Maus kreißte, um einen Berg zu gebieren – so lässt sich der für die Zypern-Krise politisch gewollte neue Lösungsweg in einem Sprachbild anschaulich charakterisieren. Die volkswirtschaftliche Bedeutung des griechischsprachigen Inselstaates in der Eurozone ist bekanntermaßen überschaubar – 0,2% des BIPs der Eurozone – , die Tragweite der verabschiedeten Zwangsabgabe für Kunden zyprischer Banken indessen beträchtlich und von weit über Zypern hinausweisender Wirkung.

Durch die von der Troika, insbesondere der EZB erzwungene Teilenteignung größerer Bankdepositen bei zyprischen Geldhäusern – betroffen sind nach unerwartet heftigem Widerstand der zyprischen Bevölkerung nunmehr nur noch Sichteinlagen über 100.000 € – hat man in der Eurozone einen Präzedenzfall zur Beseitigung der Schuldenkrise geschaffen. Die 'zyprische Lösung' hat schon jetzt für einen gravierenden Vertrauensverlust der Anleger in die Sicherheit ihrer Depositen bei Banken im Euro-Raum gesorgt und die angeblich staatliche Einlagengarantie für Banken als das entlarvt, das sie de facto ist – eine politische Absichtserklärung und nicht mehr. Folge des Vertrauensschadens im kollektiven Gedächtnis Europas ist eine schon jetzt greifbare Kapitalflucht größerer und kleinerer Vermögen aus dem Euro-Raum.

Im ursprünglich angedachten, politisch aber nicht durchsetzbaren Aushebeln der gesetzlich verankerten Einlagensicherung bei Bankdepositen bis 100.000 € und in der ungewöhnlichen Behandlung der Rangfolge der Gläubigerforderungen zum Nachteil der Sichteinlagen zyprischer Bankkunden erkennen wir die Bereitschaft zur politischen Willkür in der Lösung der Eurokrise, die dem überaus starken Eigeninteresse der EZB geschuldet ist, eine ihr genehme, politisch willkommene Lösung durchzusetzen.

Für die EZB als Hauptgläubigerin Zyperns hätte das Alternativszenario einer Beteiligung an einem Schuldenschnitt bedeutet, ihre nur 31 Mrd. starke Eigenkapitaldecke massiv anzugreifen und damit verbunden als Konsequenz die gerade in Wahljahren politisch nicht gewollte Nachschusspflicht durch die Anteilseigner der EZB, darunter vor allen anderen die Deutsche Bundesbank, die Banque de France und die Banca d' Italia, in Gang zu setzen. Letztendlich hat die nicht direkt demokratisch legitimierte EZB den ihr durch einen massiven Schuldenschnitt drohenden Schaden abgewandt – zum Nachteil des zyprischen Bankkunden, insbesondere des zyprischen Mittelstandes, der weit über die unmittelbar betroffenen Kunden der traditionsreichen zyprischen Laiki Bank und der Bank of Cyprus hinaus in seiner wirtschaftlichen (Über-)Lebensfähigkeit über Jahre massiv geschädigt wird. Die Folgen werden damit neben in Zypern ansässigen Unternehmen auch deren Beschäftigte zu tragen haben – und somit keineswegs die viel apostrophierten 'russischen Oligarchen'. Schon jetzt wird für das laufende Jahr ein Einbruch des zyprischen BIPs um 8,7 % prognostiziert; der aktuelle Finanzbedarf Zyperns neuen Schätzungen zufolge während der Laufzeit des Euro-Rettungspaketes mit nunmehr 23 Mrd. € beziffert, also 5 Mrd. € mehr als noch vor Wochenfrist.

Das Debakel der zyprischen Volkswirtschaft kam für aufmerksame Beobachter nicht überraschend, sondern zeichnete sich aufgrund der Nothilfe der EZB mittels ELA-Krediten (Emergency Liquidity Assistance) bereits seit Sommer vergangenen Jahres ab. Daran ließ auch das noch am 11. Februar schriftlich gegenüber der Financial Times gegebene Dementi eines drohenden Schuldenschnittes zum Nachteil zyprischer Bankkunden durch die zyprische Zentralbank (Central Bank of Cyprus) keinen ernsthaften Zweifel.

Gescheitert sind mit Laiki Bank und Bank of Cyprus die Protagonisten, nicht jedoch das Geschäftsmodell 'Steueroase Zypern' als solches, wie oft behauptet wird. In dem Moment, wo die von den zyprischen Banken solidarisch aufgekauften Staatsanleihen ihres griechischen Mutterlandes aufgrund des Schuldenschnittes in Griechenland ihren Wert eingebüßt hatten, war das Schicksal der zyprischen Bankenlandschaft besiegelt.

Welchen Weg die existenziell bedrohte Volkswirtschaft Zypern gehen wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Zipfel sieht drei prinzipielle Wege, wie Zypern aus der Krise finden könnte – den isländischen Weg ausserhalb der Eurozone, die Rückbesinnung auf nationale Ressourcen des Landes wie Erdgas oder den Weg als Spielerparadies á la Las Vegas.

Mit seinen offenen Worten, die 'Sparerbeteiligung' auf Zypern werde möglicherweise kein Einzelfall bei der Lösung der Finanzkrise bleiben, hat der erst im Januar zum Nachfolger Jean-Claude Junckers als Euro-Gruppenchef berufene Niederländer Jeroen Dijsselbloem bereits die weitere Marschrichtung benannt und für erhebliche Irritation an den Kapitalmärkten gesorgt.

"Flucht aus dem maroden Bankensystem der Eurozone" – so lautet die Handlungsmaxime für den krisengeschüttelten Investor, für die wir am Ende der Onlinekonferenz unter dem Titel "Anforderungen an einen Krisenschutz-Investment" Kriterien und konkrete Handlungsempfehlungen entwickeln. Nicht jeder muss dabei gleich soweit gehen, dem Weg eines spanischen Matratzenherstellers zu folgen, der als Folge der Finanzkrise seinen Landsleuten nunmehr Matratzen mit eingebauten Safes anbietet …

Inhalte der SOLIT-Onlinekonferenz "Eurokrise & Edelmetallbesitz. Welchen Enteignungsschutz bieten Gold und Silber?":

  • 1. Zypernkrise und die Lehren daraus
  • 2. Diagnose-Update Eurokrise
  • 3. Konsequenzen für den Vermögensschutz
  • 4. Gold- & Silberpreisentwicklung
  • 5. Allgemeines Marktbild Gold & Silber
  • 6. Welche Edelmetall-Investments bieten den besten Schutz?

Aufzeichnung der SOLIT-Onlinekonferenz vom 4. April 2013 kostenfrei abrufbar: