Gold und Silber - Die zwei Seiten einer Medaille

Die Preise der Feinunzen von Gold und Silber haben lange Haussen hinter sich gebracht. Blickt man zurück in die Zeit bis zum Jahr 2000, so haben die beiden Edelmetalle den Aktienmarkt mit einem riesigen Abstand hinter sich gelassen in ihrer Entwicklung. Muss man heute rund 9 Unzen Gold haben, um einmal den Punktewert des Dow Jones in Dollar zu kaufen, so waren es im Jahr 2000 noch mehr als die vierfache Zahl. Ein ähnliches Bild gibt der Silberpreis ab. Hier hat sich die Zahl der Unzen, die man benötigt um den Dow "zu kaufen", von rund 2.200 auf rund 500 Unzen verringert.

Noch deutlicher wird das Bild, wenn man sich im gleichen Zeitraum einmal die Veränderung der Stundenlöhne in den USA anschaut. Diese haben sich zwar erhöht, der Zuwachs hat aber mit der Preisexplosion bei den beiden Edelmetallen nicht einmal ansatzweise Schritt halten können. Die Nachfrage des durchschnittlichen Arbeitnehmers nach physischem Gold hat das angesichts des Preissprungs nicht gerade gefördert. Inwieweit hier Umwege wie Gold-ETFs mit nominal deutlich geringeren Preisen Abhilfe geschaffen haben, steht auf einem anderen Blatt.

Die Entwicklung der Preise von Gold und Silber lässt sich aus den vergangenen 13 Jahren nicht einfach so fortschreiben. Es gibt berechtigte Befürchtungen, dass die beiden Edelmetalle auch einmal längere Schwächephasen durchlaufen könnten. Beim Silber kommt der Faktor hinzu, dass es eine stärkere Nutzung in der Güterproduktion hat, was es anfälliger für Konjunkturkrisen macht. Ein Ende der stark expansiven Geldpolitik aber ist derzeit wohl der größte Sorgenfaktor, der den Markt beherrscht. Vor allem das "quantitative easing" der US-Notenbank gilt bisher als Kurstreiber, doch diese Politik steht auf dem Prüfstand.

Jede Medaille hat allerdings zwei Seiten und so gibt es immer noch viele Gründe für steigende Goldpreise. Obwohl die Fed die USA mit billigem Geld geflutet hat, ist davon wenig im realwirtschaftlichen Kreislauf angekommen. Damit sind auch die starken inflationären Effekte, vor denen sich viele gefürchtet haben, nicht zustande gekommen. Bisher nicht, muss man genauer sagen, denn das Geld ist nach wie vor da und niemand kann garantieren, dass es nicht doch noch zu inflationstreibenden Effekten kommt. Spätestens dann wäre Gold als Sachwert wohl einem Run ausgesetzt.

Hinzu kommen andere Effekte, die derzeit eher nicht so stark beachtet werden. Nachfrageeffekte aus Asien zum Beispiel, wo Gold und Silber mit steigendem Einkommen der Bevölkerung vor allem des neuen Wirtschaftsgiganten China in den nächsten Jahren mehr und mehr nachgefragt werden dürften. Hinzu kommt ein Trend in der Branche, vor dem langsam aber sicher eine steigende Zahl von Experten warnt: Es wird zu wenig exploriert und die Erfolge der Bodenerkundungen in den letzten Jahren sind sehr überschaubar. Langfristig kann sich dies sehr negativ auf die zur Verfügung stehende Goldmenge am Markt auswirken – und das wirkt preistreibend.

Es erscheint durchaus möglich und ist typisch Börse, dass eine lange Hausse von einer Schwächeperiode abgelöst wird. Wie stark Gold vorher noch steigt und ob ein solcher Rückschlag dann nicht eine ersehnte Kaufgelegenheit ist, wird sich also zeigen müssen. Auf Gold oder Silber verzichten sollten Investoren also keineswegs.