Kolumne von Ingrid Heinritzi

Uran: Die Anstandsfrist geht zu Ende

Emerging Markets erwarten einen Anstieg des Uranverbrauchs um 250 Prozent bis zum Jahr 2030. Kanadische Uranproduzenten freuen sich über wachsende Exporte nach China – und der Preis wird steigen

Kürzlich wurde eine ergänzende Vereinbarung zu der 1994 geschlossenen "Nuclear Cooperation" unterzeichnet, die es nun erlaubt kanadisches Uran nach China zu exportieren. Davon sollten die Uranproduzenten in Kanada und damit auch die kleineren Urangesellschaften profitieren. Denn China hat weltweit das größte Wachstumsprogramm, was die Kernenergie angeht.

Das Land der Mitte – immerhion der weltweit größte Energieverbraucher – besitzt 14 Kernkraftwerke, die in Betrieb sind. Daneben sind 26 im Bau und 171 sind geplant bzw. Vorgesehen. Nachdem die Pläne nach der Katastrophe von Fukushima auf Eis gelegt waren, gehen nun die Bauten weiter.

Laut dem US-Broker JPMorgan Chase & Co. wird bereits in diesem Jahr mit einem Ansteigen des Uranpreises gerechnet. Dieser soll, so die Untersuchung, von heute gut 50 US-Dollar auf 85 US-Dollar in den nächsten zwei Jahren ansteigen. Unternehmen mit einer positiven Einstellung gegenüber China werden die Gewinner sein. Nachdem Fusionen und Übernahmen insgesamt in der Minenindustrie im ersten Halbjahr 2012 um 19 Prozent nach oben gegangen sind, sind die Experten der Meinung, dass der steigende Uranbedarf auch Übernahmen in der Uranbranche nach sich ziehen wird. Denn die Gesellschaften wollen die zufünftige Nachfrage absichern.

Osteuropa verbrauchte in 2010 rund 29 Millionen Pfund Uran, in 2030 werden es, so die Schätzungen, etwa 44 Millionen Pfund sein. Afrika und der Mittlere Osten werden voraussichtlich statt 1 Million in 2010 in 2030 ungefähr 12 Millionen Pfund Uran benötigen. In Asien und Ozeanien (ohne Japan) geht man für 2030 von rund 108 Millionen Pfund aus, während es 2010 nur 23 Millionen waren. Auch wenn die Pläne langsamer voran gehen als prognostiziert, ist dies ein enormer Boom.

Und nicht nur die wachsende Zahl von Kernkraftwerken könnte den Uranpreis antreiben. Beispielsweise existieren 140 mit Nuklearkraft betriebene Schiffe.

Auch ist die Atomenergie ist im Vergleich zu Kohle, Gas oder Öl kostengünstiger. Nur die Kosten zum Erstellen der Kraftwerke sind in der Anlaufphase deutlich höher, was viele Konzerne und Staaten schreckt. Doch elektrische Energie aus Gas oder Kohle kostet etwa 5 Cent pro Kilowattstunde, während diese mit Atomkraft hergestellte nur rund 0,7 Cent kostet. Eine Tonne Uran produziert mehr als 10 Millionen Kilowattstunden Elektrizität. Im Vergleich dazu bräuchte man 16.000 Tonnen Kohle oder 80.000 Barrel Öl, um dieselbe Menge an Elektrizität herzustellen.

Der kanadisch-chinesische Uran-Deal erfreut also die Urangemeinde Kanadas. Japan steigt auch wieder in die Kernenergie ein und könnte in den nächsten Jahren bis zu 24 und 26 Millionen Tonnen Uran jährlich konsumieren. Auch wenn anwachsende Proteste einige Werke nicht mehr ans Netz gehen lassen, wird Atomenergie zu Japans Strommix zählen.

Und 2013 endet das sogenannte HEU-LEU-Abkommen (Atomwaffen-Abrüstungsabkommen zur Umwandlung hoch angereichertem Urans aus den Atomwaffen zu reaktorfähigem niedrig angereichertem Uran) zwischen den USA und Russland. Immerhin wurden aufgrund dieses Abkommens ungefähr 25 Millionen Pfund Uran pro Jahr aus alten Nuklearwaffen von Russland nach USA gebracht. Fällt dies Menge weg, dürfte es langfristig positive Effekte für den Uranpreis bedeuten.