Sprott Portfoliomanager sieht weiteres Potenzial für Platin

"Ich vermute, dass der Platinpreis bald deutlich steigen wird. Da es sich um einen sehr kleinen, esoterischen Markt handelt (…) dauert es lange, bis die Anleger dies erkennen. Doch wenn sie es tun, ist die Preisreaktion meist recht spektakulär." Diese Worte stammen von Shree Kargutkar, Senior Portfoliomanager bei Sprott Asset Management, und fielen in einem am Dienstag veröffentlichten Interview.
Der Platinpreis hat in dieser Woche wie alle anderen Edelmetalle im Zuge einer Korrektur deutlich nachgegeben. Dennoch ist der Kurs seit Mai um mehr als 50 % gestiegen – und zwar mit deutlich weniger medialer Beachtung als der Goldpreis. Das Potenzial des Edelmetalls könnte noch weitaus größer sein. Dafür jedenfalls spricht die grundlegendste aller Rechnungen im Rohstoffsektor: Der Vergleich von Angebot und Nachfrage.
Platinnachfrage übersteigt Platinangebot um 1 Mio. Unzen pro Jahr
Shree Kargutkar betont die fundamentale Schieflage des Marktes. Die Nachfrage bewege sich um 8 Millionen Unzen pro Jahr, das Angebot liege bei etwa sieben Millionen Unzen – das Defizit folglich bei einer Million Unzen. In den kommenden Jahren werde die Nachfrage moderat steigen, das Angebot aber nicht reagieren.
Der Fondsmanager führt Gründe für die Entwicklung an. So "ging man vor einigen Jahren davon aus, dass Elektrofahrzeuge auf dem Vormarsch sein und den Benzinmotoren immer größere Marktanteile abnehmen würden. Die Realität blieb jedoch hinter den Erwartungen zurück."
So habe sich die Verbreitung von Elektrofahrzeugen in Nordamerika verlangsamt. Für Verbrennermotoren wurden die Emissionsstandards in Europa und China verschärft, was mehr Platin und Palladium erfordere. Und: "Vor fünf oder sechs Jahren war Hybrid noch kein Thema. (…) Wie herkömmliche Benzinautos benötigen Hybride jedoch immer noch einen Katalysator und Platin oder Palladium."
"Nicht viel zusätzliches Metall aus dem Boden"
Das Angebot dürfte sich dagegen kaum bewegen: Zwar werden einige Minen in Betrieb gehen (z. B. Ivanplats von Ivanhoe Mines). Doch gleichzeitig sind für einige Minen in Südafrika, das den Löwenanteil des weltweit geförderten Platins erzeugt, Rückgänge der Produktion oder sogar Schließungen absehbar. 5,5 Mio. Feinunzen aus Minen und 1,5 Mio. Feinunzen aus Recycling stehen dem Weltmarkt deshalb insgesamt zur Verfügung. "Es ist nicht zu erwarten, dass sich dies in den nächsten Jahren ändert, da nicht viel zusätzliches Metall aus dem Boden kommt", so Kargutkar.
Er rechnet damit, dass das Defizit auf dem Platinmarkt "voraussichtlich mindestens bis zum Ende des Jahrzehnts" anhalten dürfte. Derzeit bestehe nicht nur ein Defizit bei Platin, sondern auch bei Palladium (was die Substitution erschwert). "Was die Preisbewegung bei Platin antreibt, ist die Erkenntnis des breiten Marktes, dass die Nachfrage das Angebot bei Weitem übersteigt."
Palladiumpreis verfünffachte sich im letzten Jahrzehnt
Kargutkar erinnert an die Entwicklung des Palladiummarktes im vergangenen Jahrzehnt, als der Preis sich in der Spitze mehr als verfünffachte. Damals bewegte sich der Markt in einer längeren Konsolidierungszone, obwohl es ein Defizit gab. "Als dieses Defizit Anlass zur Sorge gab und die Anleger es bemerkten, stieg der Preis von 600 auf über 3.000 USD." Der bisherige Anstieg des Platinpreises von unter 900 USD auf zeitweise bis zu 1.700 USD sei "vielleicht die erste Phase" einer Kursreaktion auf das Defizit am Markt.
Auch der World Platinum Council hält den Markt für angespannt. Im März taxierte die Organisation den Rückgang der oberirdischen Bestände im Jahr 2024 auf 23 % und für das laufende Jahr um 25 % auf 2.535 koz, "was einem Bestand entspricht, der niedriger ist als die Nachfrage von vier Monaten." Rechnerisch könnten also 2028 die Lagerbestände bei anhaltendem Defizit aufgebraucht sein.