Anleger ziehen Gewinne ab und schicken Gold auf Talfahrt
Nach neun Wochen ununterbrochener Kursgewinne hat der Goldpreis am Dienstag die schärfste Korrektur seit 2013 erlebt. Der Spotpreis sank um fast 300 USD auf 4.090,97 USD je Feinunze, nachdem tags zuvor mit 4.380,89 USD ein neues Allzeithoch markiert worden war. Die New Yorker Gold-Futures verloren 5,4 % auf rund 4.100 USD. Damit fiel der Kurs intraday um fast 6 % – der stärkste Tagesrückgang seit über einem Jahrzehnt.
Analysten sehen überfällige Atempause nach Rekordlauf
Viele Marktteilnehmer hatten zuletzt Gewinne mitgenommen, nachdem Gold neun Wochen in Folge gestiegen war. Tai Wong, unabhängiger Metallhändler in New York, erklärte, die starke Volatilität an den Hochs habe Anleger zu kurzfristigen Verkäufen veranlasst. Auch Jim Wyckoff von Kitco Metals sprach von einer "Abkühlung der Risikoaversion", da sich die Spannungen im Handelsstreit zwischen den USA und China leicht entspannt hätten.
Gleichzeitig bleibe der langfristige Trend intakt. Seit Anfang 2025 hat Gold rund 25 % zugelegt und zählt weiterhin zu den besten Rohstoffinvestments des Jahres. Banken wie HSBC erwarten für 2026 sogar ein mögliches Kursziel von 5.000 USD je Feinunze, getragen von geopolitischen Risiken und der Nachfrage institutioneller Investoren.
Volatilität steigt durch fehlende Marktdaten
Die Korrektur fällt in eine Phase erhöhter Unsicherheit, da der laufende US-Regierungsstillstand die Veröffentlichung wichtiger Marktstatistiken verzögert. Besonders die wöchentlichen Positionierungsdaten der US-Rohstoffaufsicht CFTC fehlen derzeit – ein zentrales Instrument für die Analyse spekulativer Long-Positionen. "Das Fehlen dieser Daten trifft auf einen überhitzten Markt, in dem sich viele Händler absichern oder auf fallende Preise setzen", erklärte Ole Hansen, Rohstoffstratege bei Saxo Bank, in einer Analyse.
Nach Angaben von Bloomberg wurden allein Ende letzter Woche über zwei Millionen Optionskontrakte auf den größten goldbasierten ETF gehandelt – ein neuer Rekord. Der starke Anstieg des Absicherungsvolumens deutet auf wachsende Nervosität im Markt hin.
Minenaktien geraten massiv unter Druck
Der Preisrückgang belastete auch die Aktien der Goldförderer erheblich. Der VanEck Gold Miners ETF US92189F1066 A0J25R, der die größten börsennotierten Produzenten abbildet, verlor zweistellig und erreichte ein Einmonatstief. Schwergewichte wie Newmont Corp. US6516391066 853823 und Agnico Eagle Mines Ltd. CA0084741085 860325 gaben in New York jeweils rund 9 % nach. Auch Streaming-Unternehmen wie Wheaton Precious Metals Corp. CA9628791027 A2DRBP verzeichneten ähnliche Rückgänge.
Für die Branche ist die Korrektur doppelt relevant: Einerseits sinken kurzfristig Margen und Cashflows, andererseits gilt ein Preis über 4.000 USD je Unze weiterhin als komfortabel. Viele Produzenten hatten zuletzt Rekordgewinne erzielt, sodass Analysten von einer temporären Konsolidierung ausgehen. "Korrekturen zeigen, wie stark ein Markt wirklich ist", schrieb Hansen. "Dieses Mal dürfte ein stabiler Nachfrageboden jede Übertreibung nach unten begrenzen."
Perspektive bleibt positiv, doch Schwankungen nehmen zu
Trotz des abrupten Rückgangs bleibt der übergeordnete Aufwärtstrend laut Bloomberg-Analysten intakt. Zentralbanken weltweit stocken ihre Goldreserven weiter auf, während Anleger das Metall als Absicherung gegen Inflation und geopolitische Risiken betrachten. Kurzfristig könnte sich der Markt jedoch volatiler entwickeln, da technische Verkäufe und algorithmische Handelsstrategien verstärkt auf Preisrückgänge reagieren.
Am Terminmarkt rechnen Händler mit einer Fortsetzung der Schwankungen, bevor sich ein neues Gleichgewicht einpendelt. Ob die Marke von 4.000 USD als Unterstützung hält, dürfte entscheidend für die weitere Entwicklung der Minenaktien sein.