World Gold Council testet digitales Gold

Im ersten Quartal des kommenden Jahres läuft in London ein Test mit Finanzmarktteilnehmern an: Es geht um digitalisiertes Gold. Der World Gold Council (WGC) und die Anwaltskanzlei Linklaters LLP haben eine neue Art der Goldabwicklung vorgeschlagen: Pooled Gold Interests (PGI). Dieses soll physisches Eigentum bieten, aber einfacher übertragbar sein als physisch gelagerte Münzen und Barren.
Worum geht es bei dem als Wholesale Digital Gold bezeichneten Konzept, das die Initiatoren als "bahnbrechende Vision zur Umgestaltung des globalen Goldmarktes" bezeichnen?
Pooled Gold Interest: Physisches Eigentum mit mehr Flexibilität
Auf dem Goldmarkt lassen sich zwei Arten von Gold unterscheiden: Zuteilungsgebundenes Gold und nichtzuteilungsgebundenes Gold. Wer ersteres besitzt, besitzt bestimmte physische Stücke (in Deutschland als Streifbandverwahrung bekannt). Der Vorteil hier: Es besteht kein Ausfallrisiko durch Insolvenz der Lagerstätte. Der Nachteil: Der Besitz an diesem Gold lässt sich nur mit recht hohem Aufwand übertragen.
Bei nichtzuteilungsgebundenem Gold verhält es sich anders: Dieses Gold ist einfacher übertragbar, beinhaltet aber ein Kreditrisiko: Wer dieses Gold besitzt, besitzt den (ausfallgefährdeten) Anspruch auf Herausgabe einer bestimmten Menge Gold gegen einen anderen Akteur.
Pooled Gold Interests (PGI) soll physisches Eigentum bieten wie zuteilungsgebundenes Gold. Zugleich aber soll PGI deutlich flexibler eingesetzt und zwischen verschiedenen Parteien übertragen werden können – auch als Sicherheit z.B. für Marginanforderungen.
Wie funktioniert es? Linklaters hat ein rechtliches Rahmenwerk entwickelt. Dieses sieht die Ausgabe und Übertragung von Anteilen an einem Pool von Goldbarren vor, die in einem Tresor verwahrt werden, und gewährleistet so das wirtschaftliche Eigentum an dem physischen Gold.
Geplant ist, dass die Hauptteilnehmer des Wholesale Digital Gold Ökosystems Miteigentümer des zugrundeliegenden Goldpools werden und digitale Bruchteilseigentumsrechte an dem Gold ausgeben.
"Struktur bietet Rechtssicherheit und operative Flexibilität"
Richard Hay, Partner und UK Head of Fintech bei Linklaters, hebt die Vorteile der Struktur hervor. "Diese Struktur bietet Rechtssicherheit und unterstützt die operative Flexibilität, die für Innovationen im Edelmetallhandel unerlässlich ist." Er sieht in der Entwicklung wichtige Unterstützung für "die führende Rolle Londons als weltweit herausragendes Goldhandelszentrum".
Dem veröffentlichten Whitepaper sind weitere Informationen zu entnehmen. So sollen PGI in Einheiten von einem Tausendstel Unze aufgeteilt werden. Es handelt sich um elektronisch übertragbare, bruchteilige Nutzungsrechte an Goldbarren, die in zugelassenen Tresoren aufbewahrt werden. Rechtlich soll eine Übertragung von PGI eine Übertragung von Bruchteilsrechten an den zugrunde liegenden, getrennt verwahrten Goldbarren bewirken.
PGI sollen in einem digitalen Register erfasst werden, das vom Betreiber des Ökosystems geführt wird. Die rechtliche Konstruktion soll technische Neutralität ermöglichen. Kernteilnehmer "emittieren" PGI, indem sie ihre gesetzliche Eigentumsbeteiligung an den zugrunde liegenden getrennten Goldbarren als Verwahrer für die PGI-Inhaber halten.
PGI werden also gegen den Anteil eines Kernteilnehmers an den Goldbarren ausgegeben. Dabei soll der von einem Kernteilnehmer ausgegebene PGI keinen Anspruch auf Miteigentumsanteile anderer Kernteilnehmer begründen – auch nicht dann, wenn sich beide Ansprüche auf denselben Goldbarren beziehen. Hält ein Marktteilnehmer PGI, besitzt er vertragliche und treuhänderische persönliche Rechte gegenüber dem PGU-ausgebenden Kernteilnehmer.
Banken könnten "eine Menge Geld verdienen"
David Tait, Geschäftsführer des World Gold Council, sieht bei institutionellen Kunden großes Potenzial. "Wir versuchen, diese digitale Ebene des Goldes zu standardisieren, so dass die verschiedenen Finanzprodukte, die auf anderen Märkten verwendet werden, künftig auch auf dem Goldmarkt eingesetzt werden können." Könne Gold z.B. im Collateral Management flexibler eingesetzt werden, könnten Banken mit den Beständen in ihre Bilanzen "eine Menge Geld verdienen."
Der Schritt kommt nicht ganz überraschend: Der WGC arbeitet bereits seit Jahren an der Digitalisierung des Goldmarktes. Das Programm "Gold247" besteht aus drei Hauptsäulen: Goldbarrenintegrität (GBI), Großhandel mit digitalem Gold und die Standard Gold Unit.
Die LBMA und der World Gold Council schlossen im März 2022 eine Partnerschaft mit dem Startup Axedras. Dessen auf der Blockchain R3 Corda basierter Bullion Integrity Ledger kommt bei der im Januar gestarteten Goldbarren-Integritätsdatenbank (GBI) zum Einsatz. Die Datenbank standardisiert und zentralisiert Daten über die Herkunft des Goldes.
Der World Gold Council hat außerdem das Konzept der Standard-Goldeinheit entwickelt, um alle Goldbarren in einem digitalen Ökosystem abzubilden. Diese Standard-Goldeinheit berücksichtigt Reinheit, Gewicht und Standort.