Globale Atomoffensive trifft auf Angebotslücke - und setzt Uranproduzenten unter Zugzwang

Globale Atomoffensive trifft auf Angebotslücke - und setzt Uranproduzenten unter Zugzwang bigstockphoto

Politischer und wirtschaftlicher Kurswechsel stärkt Kernenergie

Die weltweite Energiepolitik erfährt derzeit eine grundlegende Neuausrichtung: Immer mehr Staaten sehen in der Kernenergie einen unverzichtbaren Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität. Angetrieben durch geopolitische Unsicherheiten, den Wunsch nach Energiesouveränität und steigende Dekarbonisierungsziele setzen zahlreiche Länder auf einen massiven Ausbau ihrer Nuklearkapazitäten. Beim Diggers and Dealers Mining Forum im australischen Kalgoorlie wurde deutlich, dass dieser Paradigmenwechsel in der Energiepolitik inzwischen auch die Rohstoffmärkte tiefgreifend beeinflusst – insbesondere den Markt für Uran.

Andrew Mirco, Leiter der Geschäftsentwicklung beim australischen Uranunternehmen Deep Yellow (ISIN: AU000000DYL4, WKN: 481592), betonte in seinem Vortrag, dass die Welt vor der größten Neubauwelle von Atomreaktoren in der Geschichte stehe. Die Ergebnisse der Weltklimakonferenz COP28 unterstreichen diese Entwicklung: 31 Länder haben sich verpflichtet, ihre Nuklearkapazitäten bis 2050 zu verdreifachen. Die USA wollen ihre Reaktorflotte bis 2030 um zehn neue Anlagen erweitern und langfristig sogar vervierfachen. Auch internationale Finanzinstitutionen passen sich dieser Entwicklung an: Die Weltbank hat ihre jahrzehntelange Ablehnung der Kernenergie aufgehoben und fördert nun erstmals wieder nukleare Projekte.

Uranangebot kann mit der wachsenden Nachfrage kaum Schritt halten

Während die Nachfrage nach Uran rapide wächst, bleibt die Angebotsseite unter Druck. Derzeit beläuft sich die weltweite Jahresproduktion auf rund 137 Millionen Pfund Uran. Nach Angaben des Analysehauses TradeTech wird sich der Bedarf bis 2030 auf mindestens 185 Millionen Pfund erhöhen – eine Lücke von knapp 50 Millionen Pfund, selbst unter optimistischen Annahmen über neue Produktionsstätten. Noch drastischer fällt die Prognose der UxC aus, die von einem Bedarf zwischen 197 und 248 Millionen Pfund ausgeht. Investmentbanken wie Goldman Sachs (225 Mio. Pfund) und Citibank (233 Mio. Pfund) bewegen sich ebenfalls deutlich über dem TradeTech-Wert.

Mirco wies darauf hin, dass der Bau neuer Uranminen äußerst zeitintensiv sei. In den vergangenen 35 Jahren wurden weltweit lediglich drei konventionelle Minen realisiert. "Fünf Jahre sind in der Bergbauindustrie quasi übermorgen", warnte er. Zudem seien viele der geplanten Projekte technisch anspruchsvoll, genehmigungsintensiv und kostenintensiv – insbesondere in Kanada, wo einige große Vorhaben derzeit nur auf dem Papier bestehen. Besonders kleinere Vorkommen mit einer Jahresleistung unter zwei Millionen Pfund gelten bei den aktuellen Uranpreisen als wirtschaftlich grenzwertig.

Markt reagiert empfindlich auf Kostensteigerung und geologische Unsicherheiten

Ein aktuelles Beispiel für die Herausforderungen auf der Angebotsseite liefert das australische Unternehmen Boss Energy (ISIN: AU000000BOE4, WKN: A0MS65). Trotz eines erfolgreichen Produktionsstarts und positiver Cashflows im ersten Betriebsjahr verlor das Unternehmen innerhalb von nur zwei Handelstagen rund 44 Prozent an Marktwert, nachdem es am 28. Juli 2025 seine aktualisierte Prognose für das Geschäftsjahr 2026 veröffentlicht hatte. Der Aktienkurs fiel von 3,40 AUD auf ein Intraday-Tief von 1,88 AUD und notiert aktuell sogar bei 1,685 AUD.

Der drastische Kursverfall war Folge gestiegener Betriebskosten sowie neuer geologischer Unsicherheiten. So wurden die C1-Betriebskosten für 2026 auf 27 bis 29 US-Dollar pro Pfund Uranoxid (U₃O₈) angehoben – gegenüber ursprünglich 18,46 USD laut Machbarkeitsstudie. Auch die All-In-Sustaining Costs (AISC) stiegen auf 41 bis 45 USD/lb, während frühere Planwerte noch bei rund 25 USD lagen. Zusätzlich wurde bekannt, dass die Bohrergebnisse in neuen Förderzonen wie East Kalkaroo eine geringere Kontinuität der Uranvererzung aufweisen als angenommen. Das Unternehmen hat deshalb eine unabhängige Überprüfung der Produktionsplanung beauftragt, um die Auswirkungen auf die künftige Förderkapazität zu bewerten.

Boss Energy erklärte gegenüber der Börsenaufsicht ASX, dass die neuen Erkenntnisse im Rahmen des jährlichen Budgetprozesses gesammelt und ab Ende Juni 2025 intensiv analysiert worden seien. Die Veröffentlichung am 28. Juli erfolgte laut Unternehmen unmittelbar nach Abschluss der internen Prüfung.

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Australien zwischen Rohstoffpotenzial und politischer Zurückhaltung

Trotz dieser operativen Rückschläge sieht Boss-CEO Duncan Craib im Uranmarkt eine historische Chance für Australien. Das Land besitzt rund ein Drittel der globalen Uranreserven, trägt jedoch bislang nur etwa sieben Prozent zur weltweiten Produktion bei. Boss Energy betreibt mit dem Honeymoon-Projekt die erste neue Uranmine Australiens seit über zehn Jahren. Das Projekt erreichte im ersten Jahr eine Produktion von 873.000 Pfund – mehr als ursprünglich geplant. Für das laufende Jahr peilt Boss Energy eine Steigerung auf 1,6 Millionen Pfund an.

Craib betont, dass Australien durch politische Stabilität und geologische Vorteile gut positioniert sei, um eine Schlüsselrolle in der globalen Energiewende zu übernehmen. Allerdings müsse das Land regulatorisch nachziehen, um Investitionen in neue Projekte zu ermöglichen. Seine eigene Rolle wird Craib im September 2025 nach fast acht Jahren an der Unternehmensspitze niederlegen.

Ausblick: Uranmarkt bleibt unter Spannung

Die Marktteilnehmer sind sich einig, dass die strukturellen Faktoren – wachsende Nachfrage, lange Projektlaufzeiten, regulatorische Hürden – den Uranpreis auf Sicht stützen werden. Derzeit notieren Spotpreise um 70 bis 80 US-Dollar pro Pfund, doch bei anhaltenden Engpässen könnten weitere Anstiege folgen. Für rohstoffreiche Länder wie Australien ergibt sich daraus nicht nur eine wirtschaftliche Chance, sondern auch die Notwendigkeit, eine verlässliche energiepolitische Strategie zu formulieren. Unternehmen wie Boss Energy stehen dabei exemplarisch für das Spannungsfeld zwischen Potenzial und Realität.