Kupfer unter Druck: US-Regierung befreit veredelte Metalle von neuen Zöllen

Überraschender Kurswechsel in der US-Handelspolitik sorgt für Verunsicherung
Die Ankündigung der US-Regierung, neue Einfuhrzölle von 50 Prozent auf halbfertige Kupferprodukte wie Rohre und Kabel zu erheben, hat die internationalen Kupfermärkte in Aufruhr versetzt. Die Überraschung war jedoch nicht die Einführung der Zölle selbst, sondern vielmehr die explizite Ausnahme raffinierter Vormaterialien wie Kupferkathoden, Erzen und Konzentraten von dieser Regelung. Diese Ausnahmen führten unmittelbar zu einem Kurssturz auf dem US-Kupfermarkt. Der Preis für Kupfer fiel an der Warenterminbörse in New York um etwa 22 Prozent auf rund 4,35 US-Dollar je Pfund – ein erheblicher Rückgang, nachdem die Preise zuvor aufgrund der unklaren Zollpolitik ein Allzeithoch von beinahe 6 US-Dollar erreicht hatten.
Laut Natalie Scott-Gray, leitende Metallanalystin bei StoneX Financial, stellt diese selektive Anwendung der Zölle einen "massiven Marktschock" dar. Insbesondere Marktakteure, die auf einen umfassenden Zoll auf raffinierte Kupferimporte spekuliert hatten, sehen sich mit erheblichen Fehlbewertungen konfrontiert. Bereits im Vorfeld hatten sich große Mengen an Kupferkathoden auf den Weg in die USA gemacht, um einer möglichen Zollbelastung zu entgehen, was die Preisaufschläge gegenüber Londoner Notierungen erheblich steigen ließ.
Importstopp für Schrott könnte globale Angebotslage verschärfen
Zusätzlich zur neuen Zollstruktur kündigte Präsident Trump an, dass ab sofort ein Viertel des im Inland produzierten hochwertigen Kupferschrotts nicht mehr exportiert werden darf. Ab dem Jahr 2027 sollen dann auch 25 Prozent der Kupfereingangsstoffe – einschließlich Erzen, Konzentraten und Anoden – ausschließlich im US-Markt verbleiben. Dieser Anteil soll bis 2029 auf 40 Prozent steigen. Die Maßnahmen werden im Rahmen des "Defense Production Act" (Gesetz zur Verteidigungsproduktion) umgesetzt, der der Regierung weitreichende Befugnisse zur Stärkung der heimischen Industrie einräumt, darunter auch Investitionsanreize und Auflagen für Produktionsprioritäten.
Analysten werten insbesondere den Exportstopp von Kupferschrott als potenziellen Wendepunkt im globalen Kupferangebot. Alastair Munro, Basismetallstratege bei Marex, erklärt: "Ein Exportverbot für Schrott wäre sehr bullisch für die Preise, da es die Versorgung chinesischer Schmelzen unmittelbar beeinträchtigen würde." Die USA gelten bislang als bedeutender Exporteur von Kupferschrott und -konzentraten, da es im Land nur zwei Kupferschmelzen gibt – betrieben von Freeport-McMoRan und Rio Tinto.
Gleichzeitig weist ein Bericht von Macquarie darauf hin, dass die Umstellung auf inländische Verarbeitung keine kurzfristige Lösung sei. Der Aufbau neuer Schmelzkapazitäten benötige mehrere Jahre. Bis dahin sei das dem Export entzogene Material de facto temporär vom Weltmarkt verschwunden – was die Preise stütze, aber auch die Versorgungssicherheit in Asien gefährde.
Wirtschaftspolitischer Kurswechsel mit geopolitischer Signalwirkung
Die Maßnahmen sind Teil einer umfassenderen Strategie der Trump-Administration, die Abhängigkeit von China bei kritischen Rohstoffen zu reduzieren und die Versorgungssicherheit strategisch wichtiger Industrien zu stärken. Dabei wird auf die gezielte Steuerung von Importen und Exporten gesetzt – ein Trend, der bereits unter der Regierung Biden begann und nun weiter verschärft wird. Im internationalen Kontext könnte dies neue Spannungen im Handel mit Industriemetallen auslösen, insbesondere zwischen den USA und China, das einen Großteil des weltweiten Kupfers verarbeitet.
Während einige Branchenvertreter in der USA die Entscheidung begrüßen, da sie potenziell eine Wiederbelebung der heimischen Verarbeitung nach sich ziehen könnte, warnen Analysten vor den kurzfristigen Marktverwerfungen. Der starke Preisverfall in New York spiegelt die Unsicherheit wider, die aus der politischen Volatilität resultiert. Zwar könnten die Maßnahmen langfristig Investitionen in die inländische Infrastruktur anregen, doch für die globalen Kupfermärkte bedeutet die aktuelle Lage zunächst eines: eine Phase hoher Volatilität, in der politische Entscheidungen mehr denn je über Angebot, Nachfrage und Preisentwicklung bestimmen.