Warum eine sinkende Öl-Nachfrage kein Problem ist

Dass die Nachfrage nach Öl irgendwann einmal sinken wird, gilt als ausgemachte Sache. Zwar hat die Welt während der vergangenen 150 Jahre kontinuierlich mehr Öl verbraucht, doch gibt es nicht wenige Stimmen und Prognosen, die davon ausgehen, dass es in den nächsten Jahrzehnten zu einer Nachfragespitze ("Peak Oil")kommen wird. Doch Studien haben ihre Tücken. Vieles spricht dafür, dass "Peak Demand" weitaus früher Tatsache sein wird, als Rechenmodelle heute vorhersagen.
Der Markt ist immer in Bewegung. Angebot und Nachfrage sollte man nie statisch begreifen. Es sind Ungleichgewichte, die den Markt beeinflussen: Hohe Angebotsdefizite lassen den Preis steigen und machen es rentabel, neue Vorkommen zu erschließen und diese zu fördern, um das Angebotsdefizit auszugleichen. Doch die Mechanismen des Marktes laufen nicht innerhalb eines Labors ab. Tatsächlich dauern sie über Monate und Jahre an und bedingen sich wechselseitig. Doch Angebot und Nachfrage funktionieren auf unterschiedlichen Zeitebenen und mit verschiedenen Trägheiten. Während die Nachfrage schnell steigen kann, dauert es eine Weile, bis das Angebot Schritt hält. Dies führt dazu, dass es am Ölmarkt immer wieder Verwerfungen gibt. Auf einen starken Nachfrage-Überhang folgt mit zeitlicher Verzögerung nicht selten ein Überangebot. Bis das Gleichgewicht des Marktes erreicht ist, dauert es mitunter eine Weile – Marktverwerfungen und schwankende Preise inklusive.
Nachfrageprognosen sind vor allem eines: ungenau!
Die bis vor einigen Jahren anhaltenden hohen Ölpreise haben dazu geführt, dass die Ölindustrie in den USA einige neue Fördermethoden entwickelt und vergleichsweise kostenintensive Projekte in Betrieb genommen hat. Zeitgleich wurden Klimaabkommen geschlossen und der Verbrauch von CO2 stark eingedämmt. Energiesparen wurde en vogue. Sprecher der OPEC argumentierten bereits vor einigen Jahren, dass diese Gemengelage dazu führen wird, dass die weltweite Nachfrage nach Öl schon bald ihren Hochpunkt erreichen wird. Auch Vertreter der Förderindustrie, wie beispielsweise Shell, glauben mittlerweile daran, dass "Peak Demand" ein drängenderes Thema ist als Peak Oil.
Dennoch zeigen aktuelle ökonometrische Modelle, dass die weltweite Nachfrage nach Öl noch bis 2040 anhalten wird. Hintergrund ist die Annahme, dass vor allem Schwellenländer künftig mehr Öl verbrauchen werden. Doch kann diese Nachfrage angesichts der Maßnahmen gegen den weltweiten Verbrauch fossiler Brennstoffe ausreichen? Die Länder der OECD fragen bereits seit 2007 weniger Öl nach. Auch sind Prognosen, wie der Blick in die Geschichte zeigt, in der Regel ungenau. Vergleicht Nachfrageprognosen der EIA aus den Jahren 2003, 2008 und aus dem Jahr 2016, so sieht man, dass diese sich stark unterscheiden. Mit der tatsächlichen Entwicklung haben die vorhergesagten Nachfragekurven der Jahre 2003 und 2008 wenig zu tun. Sie waren jeweils zu optimistisch und erwarteten eine zu hohe Nachfrage.
Der Markt funktioniert trotz "Peak Demand"
Die Erfahrung zeigt, dass Prognosen besonders schlecht darin sind, Wendepunkte vorauszusagen – starke Richtungswechsel finden sich in den vorhergesagten Nachfragekurven in der Regel nicht. Zwar sieht es nicht danach aus, als dass es zu einem drastischen Abfall der weltweiten Nachfrage nach Öl kommen wird, doch ist es wahrscheinlich, dass wir dem, was viele "Peak Demand" nennen, näher sind, als dies aktuelle Vorhersagen andeuten. Doch für den Ölmarkt ist das kein schlechtes Zeichen: Wie schon in der Vergangenheit wird diese Entwicklung zu einer Marktreaktion führen, an deren Ende ein mehr oder minder ausgeprägtes Gleichgewicht stehen wird.