Das Dilemma mit den amerikanischen Rohstoff- und Wirtschaftsanalysen
Als interessierter Investor ist es immer wichtig ein aktuelles Bild über die Entwicklung der Märkte zu erhalten. Volkswirtschaften, Rohstoffe und Währungen sind heute enger miteinander verknüpft denn je. Es ist daher vorteilhaft wenn man genügend unterschiedliche Expertisen liest, um sich ein Bild über die Chancen, Risiken und Entwicklungen der eigenen Investments machen zu können.
Auffällig ist, dass es einige wenige solide Analystenhäuser im deutschsprachigen Raum gibt, so gut wie nichts aus dem australischen Raum bis zu uns vordringt, aber man mit einer schier unglaublicher Fülle von amerikanischen Bankenanalysen und Expertisen von unabhängigen Unternehmen überhäuft wird. Als Analyst von Miningscout ist es meine Pflicht, Entwicklungen, Trends und wichtige Nachrichten für unsere Leser zu verarbeiten. Und da ich annehme, dass auch viele Leser solche Studien lesen, möchte ich an dieser Stelle einmal die Realität ein wenig zurecht rücken.
Ständig sind Begründungen zu lesen, die einfach nicht ganz der Wahrheit entsprechen, aber herangezogen werden, um wirtschaftspolitische Entscheidungen, Entwicklungen der Märkte und allgemeine Aussagen über die Lage der Nation (USA) zu begründen.
Hier einige wenige Fakten, damit sie sehen können, was ich meine: Der US-Dollar gewinnt immer mehr an Stärke weil die US-Wirtschaft laufend stärker wird.
Ich denke nicht dass sich die Analysten, die diese Begründung veröffentlichten, mal die Mühe gemacht haben, die Entwicklung der US-Währung zu untersuchen. Hier einige Vergleiche des US-Dollars seit Jahresanfang 2016 mit anderen wichtigen Währungen.
- USD – Euro: +/-0
- USD – Can$: -7%
- USD – JPY: -22%
- USD – Austr.$: -6%
Zugegeben, gegenüber dem südafrikanischen Rand und dem mexikanischen Peso wurden seit Jahresbeginn Kurssteigerungen verzeichnet. Vom nicht notierten chinesischen Yuan liegen leider keine Vergleichsziffern vor. Aber von einer generellen Stärkung des US-Dollars kann wohl kaum die Rede sein.
Teil 2 der Aussage: Beobachtet man wie ich täglich die Veröffentlichungen des Wirtschaftskalenders über einen längeren Zeitraum, so ist auffällig, dass bis auf ein paar Nebenthemen so gut wie alle wichtigen Indizes, Statistiken und Monats-/Quartalsergebnisse der wesentlichen Wirtschaftsbereiche in den USA einen leichten, aber stetigen Abwärtstrend dokumentieren. Woraus die Analysten auf eine sich positiv entwickelnde Wirtschaft in den Staaten schließen ist, mit Ausnahme dass sie es schreiben, nicht wirklich erkennbar.
Anhand der stetig sinkenden Arbeitslosenzahl zeigt sich das Erstarken der US-Wirtschaft.
Wohl so ziemlich die schärfste Verdrehung der Realität. Auch amerikanische Analysten – und nicht einfache Schreiberlinge – sollten bereits Kenntnis darüber haben, dass die Statistiken über die Entwicklung der Arbeitslosenrate von Zeit zu Zeit "Anpassungen" unterzogen werden, um bessere Zahlen veröffentlichen zu können. Und trotz aller Anpassungsbemühungen stehen wir heute immer noch näher den offiziellen 5% als den ersehnten 4%. Schattenstatistiken, die ehrlicher aufgebaut sind, sprechen von weit höheren Prozentsätzen, die ich jedoch hier nicht wiedergeben möchte. Nur die als bekannt unwahren offiziellen Statistiken als Begründung für eine erstarkende Wirtschaftsleistung des Landes heranzuziehen, erachte ich einfach für realitätsfremd und für ausländische Leser irreführend.
Die politische Entscheidung zur Anhebung des Zinssatzes ist längst überfällig. Mit dieser Aussage, die mir bereits mehrfach zu Gesicht kam, soll wohl suggeriert werden, dass alles im Lot ist, alle Maßnahmen der Politik gegriffen haben und es daher an der Zeit wäre an der Zinsschraube zu drehen. Man hat fast den Eindruck dass durch die Bank die Analystenhäuser blind politischen Vorgaben folgen und selbst nur wenig Einblick in die Entwicklung der amerikanischen Unternehmen nehmen. Wenn ein Großteil der börsengelisteten amerikanischen Unternehmen seit langer Zeit mit schwindenden Erträgen zu kämpfen hat, sich das positive Bild nur aus den hochgepushten Aktienkursen durch missbräuchliche Verwendung von billigen Krediten für Aktienrückkäufe bildet, dann stehe ich den Aussagen über eine gesunde Wirtschaft und dadurch begründeter Zinsentscheidung mit starker Skepsis gegenüber.
Ich könnte die Liste der oft irrationalen Bekanntgaben noch um einige Facetten ergänzen, möchte es aber auf die gemachten Beispiele begrenzen. Sie zeigen eindeutig auf, dass all die Ergebnisse von Untersuchungen, Analysen von Banken und Analysenhäuser mit extremer Vorsicht zu genießen sind. Egal, ob es jetzt Aussagen über die US-Wirtschaft, globale Währungen oder Rohstoffe sind, sie scheinen alle nach einem Blick durch eine rosarote amerikanische Brille entstanden zu sein.
Am Miningscout führen wir unter der Rubrik Kolumnen laufend aktuelle Beiträge namhafter europäischer Wirtschaftsexperten, Fondsmanager, Wirtschaftstreuhänder und anderer Fachleute, die Rohstoffe allgemein, Edelmetalle, Währungen und internationale wirtschaftliche Zusammenhänge und Trends wesentlich realitätsnaher sehen und sachlich fundiert begründen. Aus meiner Sicht können sie die mit vielen Grafiken und bunten Charts versehenen amerikanischen Versionen der Marktbeobachtung getrost ungelesen ablegen. Ich möchte die Branche der Analysten nicht verdammen, nur aufzeigen, dass bei Weitem nicht alles Gold ist, was über den Teich auf uns losgelassen wird und vielleicht doch den einen oder anderen Leser verunsichern könnte.