Bergbau und seine Folgen

Bergbau und seine Folgen Enrico Di Cino - Fotolia

Die meisten Investoren im Bereich Bergbau denken an den Abbau von Erz, an die Produktion und den Verkauf von Konzentraten oder Metallen. Und meist wird dabei in vergleichsweise kurzen Zeiträumen auf einen maximal möglichen Gewinn geachtet, langfristige Projekte oder auch große Unternehmen mit einer Vielzahl an Minen sind meistens eher uninteressant.

Doch gerade weil diese Unternehmen aufgrund ihrer Struktur besondere Verpflichtungen eingehen, sollten sich Investoren und Anleger darüber im Klaren sein, dass Bergbau eben doch mehr ist, als nur Erz und letztendlich Metall aus dem Boden zu holen.

Das Unglück des Dammbruches des Schlammbeckens von Samarco (ein Joint-Venture von Vale und BHP Billiton) in Brasilien im November diesen Jahres möchte ich zum Anlass nehmen, einen weiteren Aspekt des Bergbaus etwas näher zu betrachten, der oftmals ignoriert wird: Abraum.

Je niedriger die Gehalte an Wertmetallen im Gestein sind, desto größer ist der Anteil an Abraum, der aufgrund der Aufbereitung meist hohe Wassergehalte besitzt und deshalb in großen Becken gelagert werden muss (sog. Tailings-Ponds).

Doch eben diese Becken, die oftmals durch Dämme oder vergleichbare Bauwerke geschützt sind, schaffen es unglücklicherweise immer wieder in die Nachrichten.

Der Bruch des Dammes von Samarco im brasilianischen Bundesstaat Minais Gerais bedeutet eine Katastrophe für das ökologische System von Flüssen im abstromigen Bereich und kostet mindestens 16 Menschen das Leben, nachem geschätzte 60 Millionen Kubikmeter Schlamm und verschmutztes Wasser freigesetzt wurden. Zusätzlich sind in der Folge des Dammbruches und der daraus resultierenden Überschwemmungen und Verschmutzung viele hundert Menschen obdachlos, deutlich mehr als 200.000 Menschen fehlt die grundlegende Versorgung mit Wasser, das bis dato aus den Flüssen entnommen werden konnte.

Erste Strafzahlungen an Samarco scheinen im Bereich von 500 Mio USD angesiedelt zu sein, die Schäden (und damit mögliche weitere folgende Strafzahlungen) liegen wahrscheinlich über 5 Mrd USD.

Insbesondere die Größenordnung möglicher Strafen sollte jeden langfristig orientierten Investor aufhorchen lassen. Grundlegend stellt sich dabei die Frage, wie oft vergleichbare Ereignisse auftreten.

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Abb. 1 – Größere Dammbrüche in Bergbauoperationen seit 1965, die ausgetretene Menge an Wasser und Schlamm (in m³) ist in logarithmischer Skala dargestellt.

Seit 1965 gab es weltweit mehr als 64 Dämme von Schlammteichen verschiedener Bergbauoperationen, die aufgrund von Leckagen oder strukturellem Versagen (teilweise durch Erdbeben bedingt) den Austritt von teilweise giftigem Wasser und/oder Schlamm ermöglicht haben (siehe Abb. 1).

Auch das Unglück in der ungarischen Gemeinde Kolontár vom 04. Oktober 2010, als bis zu über eine Million Kubimeter Rotschlamm aus einem Absetzbecken einer Aluminiumhütte ausgetreten waren, stellt ein Beispiel für die möglichen Risiken derartiger Projekte dar.

Doch welche technischen Möglichkeiten gibt es, um entsprechende Becken richtig und angemessen zu sichern?

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Abb. 2 – Verschiedene Möglichkeiten von Dammbauwerken.

Die in Abbildung 2 schematisch dargestellten Dammbauwerke zeigen verschiedene Arten von Sicherungsmechanismen. Teilbild A zeigt einen Erdwall, der auf das bestehende G elände aufgeschüttet wurde, in Teilbild B ist ein betoniertes Bauwerk ohne weitere Gründung abgebildet.

Die Abbildungen C und D zeigen verstärkte bzw. aufgrund von lokalen Gegebenheiten angepasste Bauwerke. Abbildung C zeigt einen Erdwall, der durch einen Bodenaustausch ein stabileres Fundament erhalten hat, sowie durch betonierte Schlitzwände statisch verstärkt wurde. Der Damm in Abbildung D ist ebenfalls tiefer gegründet als das vergleichbare Bauwerk in Abbildung B, um eine Unterspülung zu unterbinden.

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Abb. 3 – Verschiedene Dammbauwerke und deren Interaktion mit Wasser.

Abbildung 3 stellt letztendlich das mögliche Zusammenspiel von Bauwerk und Wasser dar. Teilbild A zeigt einen durchfeuchteten Erdwall, der bereits teilweise versagt. Bei zusätzlichen Erschütterungen (z.B. Erdbeben) oder verstärkten äußeren Einlüssen (z.B. mehr Niederschlag) ist ein Versagen dieses Bauwerkes in diesem Zustand nicht mehr auszuschließen. Das Teilbild B zeigt eine Unterspülung des betonierten Dammes, der Eintrag von Schlamm unter das Fundament des Bauwerkes kann statische Instabilität hervorrufen und die gesamte Stabilität des Dammes dauerhaft schwächen.

Die in den Teilbildern C und D dargestellten verstärkten Bauwerke sind durch die zusätzlichen Maßnahmen gegen Durchfeuchtung oder Unterspülung gesichert.

Das Problem der Bergbaukonzerne ist oftmals die Wahl angebrachter Systeme. Je aufwendiger und komplexer ein Bauwerk gestaltet werden kann oder soll, desto teurer ist es in der Regel auch. Um jedoch unnötige Ausgaben zu vermeiden wird oftmals eine Lösung angestrebt, die mit möglichst geringem Aufwand sowohl während der Konstruktion als auch während der laufenden Überwachung ausgeführt werden kann.

Hier liegt es dann zusätzlich an den Staaten und ihren Regierungen, dass sowohl praktikable als auch ausreichende Standards gefordert und umgesetzt werden, um eine entsprechende und langfristige Sicherheit zu gewährleisten.

Technisch stellen diese Dammbauwerke keine große Herausforderung dar, auch der dort deponierte Schlamm könnte im Vorfeld entwässert und z.B. durch Zugabe von Zement oder Branntkalk zusätzlich stabilisiert werden, um ein Austreten und daraus resultierende Schäden zu verhindern.

Doch technische Möglichkeiten stellen oftmals finanzielle Herausforderungen für Staaten und Konzerne dar. Und auch hier kann sich ein Anleger mit der Wahl seiner Investments für einen sinnvollen Umgang mit der Umwelt und einem ausgewogenen Verhältnis von Chance und Risiko selbst entscheiden, welche Konzernphilosophien unterstützt werden sollen.

Letztendlich hat es jeder selbst in der Hand, denn Bergbau muss nicht immer schmutzig sein.