Achtung, Bohrergebnisse!
Nach einer Wartezeit von einigen Wochen bis Monaten nach der Ankündigung eines Bohrprogrammes folgt oftmals die Veröffentlichung der ersten Bohrergebnisse. Für den Investor sollen die Bohrungen das wahre Potential eines Rohstoff-Vorkommens aufdecken und nur zu gerne werden die veröffentlichten Zahlen gefeiert, obwohl eine kritische Betrachtung durchaus angemessen wäre.
Die aktuelle Phase im Markt stellt für Explorationsfirmen eine immense Herausforderung dar. Die Aktienkurse sind oftmals im Keller und freies Kapital zur Fortführung der Erkundungsaktivitäten ist knapp bemessen. Einige kleine Unternehmen haben durchaus Probleme das für das Börsenlisting benötigte Kapital zu beschaffen. Um in diesem Umfeld eine Kapitalerhöhung platzieren zu können, muss meist eine starke Verwässerung hingenommen werden.
Eine der wenigen Möglichkeiten die Verwässerung einzudämmen, besteht darin, den Aktienkurs im Vorfeld der Kapitalerhöhung zu steigern. Und das einfachste Mittel stellt dabei eine öffentlichkeitswirksame Präsentation neuer Bohrergebnisse dar.
Umso wichtiger ist es im aktuellen Umfeld für Investoren und Anleger, die Nachrichten und Ergebnisse genau zu studieren und auch die Rahmenbedingungen des Unternehmens zu beachten.
Mit Blick auf das Unternehmen lässt sich schnell ein Überblick gewinnen:
- Wie steht das Unternehmen finanziell da? Ist ausreichend Kapital für Gehalt und Erkundungsprogramme vorhanden?
- Stehen Übernahmen oder die Rückzahlung von Verbindlichkeiten an?
Auch eine anstehende Kapitalerhöhung muss oder soll kein Ausschlusskriterium für ein Investment sein, es lohnt sich aber, sowohl Zeitpunkt als auch Inhalt der Nachrichten in einem größeren Kontext zu deuten.
Der Inhalt von Nachrichten bietet durchaus mehrere Möglichkeiten, die Ergebnisse auf verschiedene Weise darzustellen und damit auch den Erfolg oder die Ergebnisse der Programme zu präsentieren.
Der Übersichtlichkeit halber soll in diesem Artikel nur auf die einfachsten Überlegungen hingewiesen werden, die ein Investor anstellen sollte, um ohne großen Aufwand mögliche Stolperfallen zu identifizieren.
Wie viele Bohrungen zeigen nennenswerte Gehalte?
So simpel dieser Gedanke ist, so oft wird er missachtet. Wenn ein Bohrprogramm aus 10 Bohrungen im höffigen, also aussichtsreichen Gebiet, besteht und nur in 2 Bohrungen nennenswerte Mineralisierung angetroffen wurde, sollten die Alarmglocken läuten.
Besonders in Zeiten knappen Kapitals sollten Firmen den Fokus auf die guten Ziele ihrer Lizenzen ausrichten, Fehlbohrungen in diesen Bereichen deuten auf unzureichendes Verständnis des Gebietes oder nicht vorhandene Mineralisation hin. Eine genauere Prüfung des Unternehmens sollte folgen.
Welche Gehalte wurden erbohrt und wie verteilen sich diese?
Auf den ersten Blick sehen sowohl die ermittelten Gehalte als auch die erbohrten Abschnitte vieler Meldungen sehr gut aus. Doch hier besteht durchaus die Gefahr einer euphorischen Überreaktion.
Ein Beispiel wird mit den Abbildungen A und B verdeutlicht:
Bei beiden Bohrungen werden mineralisierte Bereiche angetroffen, 10 m @ 10 g/t Au.
10 g/t Gold über eine Bohrkernlänge von 10 m klingt durchaus positiv. Auf den zweiten Blick unterscheiden sich diese Bohrungen jedoch grundlegend:
Bei Bohrung A treten überall mineralisierte Bereiche auf, über die erbohrten 10 m sind durchgehend 10 g/t Au angetroffen worden, in der Pressemitteilung stünde eine Formulierung wie z.B. "Bohrung A hat 10 g/t Au über 10 m erbohrt".
Bohrung B dagegen zeigt einen extrem hoch mineralisierten Bereich sowie schwach mineralisierte Bereiche, die Pressemitteilung wäre z.B. "Bei Bohrung B wurden 10 g/t Au über 10 m, einschließlich 0,1 m @ 900 g/t Au, erbohrt".
Der gesamte mineralisierte Bereich entspricht also dem von Bohrung A. Berechnet man jedoch den Durchschnittsgehalt von Bohrung B exklusive dem hochmineralisierten Bereich ergibt sich ein eher ernüchternder Wert von etwa 1 g/t Au über 9,9 m.
Eine weitere, abgeschwächte Variante von Bohrung B wäre "Bei Bohrung B wurden 10 g/t Au über 10 m, einschließlich 1 m @ 50 g/t Au erbohrt". Exklusive dem hochmineralisierten Bereich ergibt sich für die verbleidenden 9 m ein Durchschnittsgehalt von ca. 5,6 g/t Au.
Besonders bei extrem hohen Werten sollte man als Investor Vorsicht walten lassen. Hier könnte durchaus der "Nugget Effekt" eine Rolle spielen. Bei stark variablen Vorkommen kann sich eine Probe als nicht repräsentativ herausstellen und dadurch zu extremen Schwankungen der Analysen führen. Als verlässliche Grundlage wäre dann eher der Durchschnittsgehalt der längeren Abschnitte zu verwenden.
Vereinfacht dargestellt: Es befindet sich ein Goldnugget in einer Tonne Kies, in eine Waschpfanne passen 20 kg Kies. Beprobt man nun die Tonne Kies mit genau einer Waschpfanne voll (theoretisch repräsentativem) Material, erhält man als Ergebnis entweder 1 Nugget in 20 kg Material oder kein Nugget. Es findet bei einer kleinen und einzelnen Probe damit entweder eine Über- oder eine Unterschätzung des Goldgehaltes statt, erst über eine größere Anzahl Proben lässt sich mit statistischen Ansätzen ein echter Durchschnittsgehalt berechnen.
Bei Bohrkernanalysen sollte man ebenso vorsichtig vorgehen, besonders die Zusammenfassung mehrerer mineralisierter Bereiche ergibt schnell große Mächtigkeiten und daraus resultierend eine zu große Tonnage der möglichen Mineralisation.
Mit welchem Winkel wurde zur Mineralisierung gebohrt? Oder: Wie verhalten sich erbohrte und wahre Mächtigkeit der Mineralisation zueinander?
Die Abbildungen zeigen je zwei Extremfälle von erbohrten mineralisierten Bereichen. Aus tabellarischen Darstellungen der angetroffenen Werte lässt sich nicht unterscheiden, welche Form die Mineralisierung darstellt, Fotos von Bohrkernen werden eher selten in nutzbarem Umfang zur Verfügung gestellt.
Im Idealfall werden mineralisierte Bereiche im rechten Winkel durchbohrt, die erbohrte Mächtigkeit entspricht somit der wahren Mächtigkeit. Ein schleifender Schnitt des Bohrkerns mit der Mineralisierung bringt deutlich längere Abschnitte hervor, im Idealfall folgt in einer Pressemeldung ein Zusatz wie z.B. "die wahre Mächtigkeit entspricht ca. 30% der erbohrten Mächtigkeit".
Die Orientierung der Bohrung relativ zur Mineralisierung ist also unbedingt zu beachten, um eine Überschätzung der möglichen Größe des Vorkommens zu vermeiden.
Welche geologischen Strukturen definieren das mineralisierte Vorkommen?
Hier geht es nun schon einen Schritt weiter in die Materie. Kenntnisse über die geologischen Strukturen, die die mineralisierten Bereiche abgrenzen, sind für weitere Bohrprogramme und deren Erfolg entscheidend. Aber auch als Investor schadet es nicht, zumindest ein grobes Bild des möglichen Vorkommens im Kopf zu haben, um Bohrergebnisse in den Kontext setzen zu können.
In der Abbildung finden sich mehrere Möglichkeiten, um mehrere mineralisierte Bereiche eines Bohrkerns interpretieren zu können. Besonders in Verbindung mit tektonischer Deformation (Bild 3 mit Versatz im mineralisierten Bereich sowie Bild 4 mit Faltung) besteht die Möglichkeit mehrerer mineralisierter Bereiche, obwohl es sich tatsächlich nur um einen mineralisierten Horizont handelt.
Lassen sich diese einfachen Fragen nicht anhand der entsprechenden Pressemitteilung beantworten, ist die Kontaktaufnahme mit der IR-Abteilung des Unternehmens zu empfehlen.
Bohrungen zur Erkundung eines mineralisierten Bereiches und deren Ergebnisse stellen durchaus eine Möglichkeit dar, als Investor fundierte Entscheidungen zu treffen. Im Hinterkopf ist jedoch immer zu behalten, dass obwohl jeder Bohrkern einen tatsächlichen Bereich einer Mineralisierung repräsentiert, durchaus Interpretationsmöglichkeiten und Stolperstricke auftreten können. Besonders in Zeiten knappen Kapitals sind positive Pressemitteilungen mit ein wenig Vorsicht zu genießen, da Inhalt und Zeitpunkt einer entsprechenden Meldung durchaus eine gewollte Überreaktion im Markt bewirken können.
Als Anleger ohne tiefere Kenntnisse der Materie empfiehlt es sich zusätzlich zur Kontaktaufnahme mit der Firma auch Informationen über Foren und Informationsdienste einzuholen, um so ein breiteres Verständnis zu entwickeln. Doch auch hier liegt es im Interesse und in der Verantwortung des Investors die vorhandenen Informationen auf Seriosität und Verlässlichkeit zu hinterfragen.
Und letztendlich lässt sich die gesamte Thematik mit allgemeinen Phrasen erschlagen:
"Vor der Hacke ist es duster" und "Es ist nicht alles Gold was glänzt"