Der Kampf um den Nordpol

Der geographische Südpol liegt auf dem Antarktischen Festland und wurde 1911 zuerst von einer Expeditionsgruppe um norwegischen Amundsen erreicht. Etwa einen Monat erreichte auch eine konkurrierende Expeditionstruppe um den Engländer Scott den Südpol. Heutzutage sind die Interessenlagen am Südpol weitestgehend durch den im Dezember 1959 unterzeichneten Antarktisvertrag geregelt. Dabei umfasst der Vertrag sämtliche Landgebiete südlich des 60° Breitengrades. In der Antarktis werden größere Mengen an Rohstoffen, unter anderem Erdöl, Erdgas, Titan, Chrom, Eisenerz und Kupfer vermutet.

Mit dem Umweltschutzprotokoll aus dem Jahre 1989 als Ergänzung zum Antarktisvertrag wurde jedoch der Bergbau sowie die sonstige Ausbeutung von Rohstoffen auf dem Vertragsgebiet untersagt. Auch wenn Norwegen, Großbritannien, Argentinien, Chile, Australien, Neuseeland und Frankreich formal jeweils auf Teilgebiete der Antarktis Gebietsansprüche richten, so sind diese Ansprüche mit dem Antarktisvertrag eingefroren und quasi außer Kraft gesetzt.

Für die Nordpolarregion besteht kein entsprechender Vertrag. Dementsprechend heiß wird aktuell um diese Region gerungen, schließlich vermutet man auch in der Arktis große Rohstoffvorkommen. Neben großen Vorkommen an Erdöl und Erdgas vermutet man in der Arktis größere Mengen an Gold, Platin, Rohdiamanten sowie Metalle der seltenen Erde und weitere Industriemetalle.

Da sich der geographische Nordpol nicht auf dem Festland befindet, ist das Abstecken von Claims und deren Besitznahme doppelt schwierig. Selbst die Frage, wer denn nun zu erst am Nordpol war, lässt sich nicht abschließend beantworten. Weitgehend wir die Expedition um den Amerikaner Peary im Jahr 1909 als Gruppe genannt, die zuerst den Nordpol erreicht hat, jedoch hegen sich Zweifel, ob die Gruppe das Ziel tatsächlich erreicht hat. Gesichert scheint ein erster Überflug des Nordpols durch eine Gruppe um den Norweger Amundsen aus dem Jahr 1926 sowie ein sowjetische Gruppe um Papanin, die 1937 zum Nordpol flog und dort das Eis betreten hat. So unklar wie die Frage der ersten Person am Nordpol sind auch die territorialen Ansprüche.

In einem ersten Schritt erweiterte Kanada seine Landesgrenzen im Jahr 1925 bis zum Nordpol und beanspruchte einen Korridor zwischen 60° und 141° westlicher Länge. Es folgten die Sowjetunion (35° östliche bis 170° westliche Länge), die USA (über Alaska) (170° bis 141° westliche Länge), Norwegen (5° bist 35° östlicher Länge), sowie Dänemark (über Grönland, 60° bis 10° westlicher Länge). Der Korridor von 10° westlicher Länge bis 5° östlicher Länge blieb unbeansprucht.

Wie sieht nun die Rechtslage aus? Nach dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen haben Staaten mit ozeanischer Küste das begrenzte Recht auf Kontrolle der Wasserfläche bis zu einer Entfernung von 200 Seemeilen von der Küstenlinie (sogenannte "ausschließliche Wirtschaftszonen"). Dies bedeutet, dass die genannten 5 Staaten (Norwegen, Russland, USA, Kanada und Dänemark) tatsächlich einen Anspruch auf Teile des Gebiets haben. Jedoch gibt es rund um den Nordpol ein Gebiet mit einem Radius von mehr als 300km, welches in keine der jeweiligen 200-Seemeilen-Zonen fällt. Rein Platten-tektonisch liegt der Nordpol auf der Nordamerikanischen Platte, jedoch haben neben Kanada auch Russland, Dänemark und Norwegen ihre Ansprüche auf Gebiete jenseits der jeweiligen 200-Seemeilen-Zone erneuert. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, hat ein russisches Atom-U-Boot 2007 eine russische Flagge auf dem Meeresgrund unter dem Nordpol platziert. Während diese Handlung von den dänischen Vertretern als PR-Gag abgetan wurde, erntete die russische Regierung hierfür scharfe Kritik aus Kanada.

Die mit der globalen Erwärmung verbundene Eisschmelze im Nordpolarmeer öffnet nicht nur den Zugang zu den Rohstoffen, sondern schafft auch neue Schifffahrtsrouten. Sowohl die Nordwestpassage entlang der kanadischen Nordküste, als auch die Nordostpassage entlang der russischen Nordküste werden zeitlich immer länger schiffbar, so dass die Anrainerstaaten ein entsprechendes Interesse an der Kontrolle dieser Seewege haben. Im Arktischen Rat haben die Staaten sich zwar verpflichtet, die Interessenskonflikte um die Arktis nicht mit militärischen Mitteln auszutragen, dennoch hat Russland seine Militärpräsenz im Nordpolarmeer erhöht und Kanada angekündigt, an der Nordküste einen Militärhafen zu bauen, vordergründig, um die Nordwestpassage zu sichern.

Russland sieht sich selbst als Förderer des Friedens und der Freiheit, schafft doch die Nordostpassage einen Seeweg von Ostasien nach Europa, welcher unabhängig von der Route um die Piratengebiete rund um das Horn von Afrika und die Route durch den Suezkanal macht.

Die Vereinten Nationen verfügt über eine Kommission, welche sich mit dem Verlauf von Staatsgrenzen beschäftigt, sofern diese weiter als 200 Seemeilen von der Küste entfernt sind. Aber auch in Gebieten innerhalb der 200-Seemeilen Zonen wie der Barentssee, die sowohl von Norwegen als auch von Russland beansprucht werden, scheint eine endgültige Klärung der Grenzen notwendig. Hier scheint auf die jeweiligen Kommissionen in den nächsten Jahren noch jede Menge Arbeit zuzukommen.

Bis dahin hoffe ich, dass diese Klärung auf dem politischen Verhandlungswege erfolgt.

Ihr Manuel Giesen