Leitende Materialien – Kupfer, Aluminium, Silber oder Gold?
Mit der Elektrifizierung unseres Alltags im 20 Jahrhundert hat sich unsere Umwelt dramatisch verändert. Ob im Haushalt, bei der Mobilität oder der industriellen Produktion, ohne elektrische Maschinen wäre unser Alltag kaum noch vorstellbar. Neben der Frage der Energiegewinnung stellt sich immer wieder die Frage, wie der Strom vom Ort der Erzeugung zum Einsatzort gelangen soll, und wie elektrische Maschinen gleichzeitig effizient, kompakt und kostengünstig ausgeführt werden können.
Wenn es darum geht, elektrischen Strom zu leiten, dann kommen vor allem vier Elemente in Frage: Silber, Kupfer, Gold und Aluminium, wobei die Leitfähigkeit in der Reihe der Aufzählung hier abnimmt. Auch wenn es supraleitende Materialien gibt, bei denen den elektrische Widerstand bei unterschreiten einer Grenztemperatur auf Null fällt, so spielen diese im Alltag ein sehr untergeordnete Rolle, da selbst der aktuell beste Hochtemperatursupraleiter erst unterhalb von ca. -135°C supraleitend wird. Auch Aluminium besitzt supraleitfähige Eigenschaften, allerdings erst bei Temperaturen unterhalb von -272°C, was im Alltag unbedeutend ist.
Die Auswahl für einen leitenden Werkstoff hängt nicht nur von der Leitfähigkeit, sondern natürlich auch vom Preis und vom Gewicht des Materials ab. Aluminium ist das kostengünstigste der genannten Elemente und weist als Leichtmetall nur etwa 35% der Dichte von Kupfer aus. Trotzdem findet man Aluminium als Leiterwerkstoff nur relativ selten, insbesondere bei Hochspannungsleitungen, wie man sie in Überlandleitungen findet. Hier sind das geringe Gewicht und auch der Preis von Aluminium entscheidend. Zudem können Leitungsverluste vermindert werden, je höher die elektrische Spannung ist. Bei Überlandleitungen beträgt der Leitungsverlust ca. 1% pro 100km Leitungslänge, dies scheint ein akzeptabler Wert. In Deutschland gehen ca. 6% der eingespeisten Kraftwerksleistung aufgrund von Leitungsverlusten verloren.
Im Maschinen und Anlagenbau dominiert Kupfer, ebenso wie in der Gebäudetechnik. Neben den höhern Leitungsverlusten hat Aluminium nämlich andere gravierende Nachteile, insbesondere wenn es um die Verbindung von Aluminiumleitungen geht. Aluminium neigt ebenso wie Kupfer und Silber dazu, durch Oxidation eine Anlaufschicht zu bilden. Während die Kupfer- und Silberoxide jedoch ebenfalls Strom leiten, ist Aluminiumoxid ein Isolator. Durch die Oxidschicht können Widerstände entstehen, die zu einer starken Erwärmung des Leiters führen und damit potenzielle Brandgefahr verursachen. Ferner ist Aluminium nicht ganz so duktil wie die anderen Werkstoffe, so dass die Gefahr von Schwächungen der Leitung durch Knicken deutlich größer ist als beispielsweise beim Kupfer. Eine solche Knickstelle bildet für den Leiter eine Engstelle mit erhöhtem Leitungswiderstand. Hier kann es im Betrieb ebenfalls zu einer starken Erhitzung kommen, die bis zum Durchschmelzen des Leiters führen kann, was ebenfalls Brandgefahr oder im günstiges Fall lediglich einen Ausfall des Leiters bedeutet.
Um technisch gleich leistungsfähige Maschinen mit Aluminiumdrähten zu wickeln, müssten die Stromdichten um ca. ein Drittel gegenüber Kupfer gesenkt werden, als die Leitungsquerschnitte entsprechend erhöht. Durch den Mehreinsatz an Leiter- und Isolationsmaterial wird der Kostenvorteil weitestgehend aufgezehrt, dazu kommt, das gleich leistungsstarke Maschinen weniger kompakt ausgeführt werden können, und größere Maschinen bedeuten mehr Platzbedarf, größere Gehäuse, mehr Gewicht.
Dazu kommt, dass aus Sicherheitsgründen teilweise durch gesetzliche Normen der Einsatz von Aluminiumkabeln untersagt ist. Beispielsweise aus hochwertigen Musikanlagen sind Stecker mit Goldkontakten bekannt. Hier geht es nicht nur um die Optik, sondern schlicht darum, dass die Goldkontakte nicht oxidieren und somit der Übergangswiderstand konstant und sehr niedrig bleibt, ein Vorteil gegenüber Kupfer, Silber und Gold. Silber hat zwar günstige physikalische Eigenschaften, ist gegenüber Kupfer als Leitungsmaterial schlich zu teuer. Kupfer wird wohl auf absehbare Zeit weiterhin das dominierende Element sein, wenn es um das Material für elektrische Leiter geht. Dabei steigt der weltweite Kupferbedarf kontinuierlich an, und ein deutlicher Rückgang ist hier nicht zu erwarten. Als ein Beispiel darf der Einsatz von Kupfer in einem Automobil genannt sein. Vor ca. 30 Jahren wurden bei der Produktion eines Automobils ca. 3 kg Kupfer benötigt, wobei dies fast ausschließlich im Anlasser und in den Zündspulen zu finden war. Heutzutage liegt der Bedarf bei ca. 20-30 kg, die Vielzahl von elektrischen Stellmotoren, ob Fensterheber, elektrische Spiegel, Navigationssysteme, elektronische Regelsysteme wie beispielsweise ESP haben hier ihre Spuren hinterlassen. Mit der weiteren Elektrifizierung der Fahrzeuge und dem Weg über das Hybrid-Auto zum Elektroauto wird der Bedarf von Kupfer pro Fahrzeug weiter steigen.
Ihr Manuel Giesen