Cobalt: Ein Kongo-Krimi
Die Basics eines interessanten Metalls
Es hat die Ordnungszahl 27 im Periodensystem der Elemente, einen Schmelzpunkt von 1.495 Grad, leitet den elektrischen Strom gut, aber längst nicht so gut wie Kupfer und wird bereits seit Jahrtausenden von den Menschen genutzt – so weit einige eher trockene Fakten zu Cobalt, das umgangssprachlich auch Kobalt geschrieben wird. Das Schwermetall haben wenige Leute im Blick, an der Börse zählt es zu den "kleinen" Metallen, die eher ein Nischendasein fristen.
Dennoch gibt es einige sehr interessante Entwicklungen rund um das Cobalt, die einen Blick lohnen. Das Metall wird als strategisch wichtig eingeordnet, was zum einen an der Verwendung des Elementes in der Güterfertigung liegt. Die Jahrtausende alte Nutzung als Farbstoff "Cobaltblau" ist dabei weitgehend bedeutungslos geworden. Vielmehr ist das Metall in einigen Hochtechnologieanwendungen anzutreffen, weshalb es vor allem für Industrienationen enorm wichtig ist.
Ein Blick auf einige Einsatzbereiche zeigt, dass das Metall ein Wachstumsmarkt ist. Beispiele für solche stark wachsenden Anwendungsgebiete gibt es einige. Die bekannteste Nutzung findet sicherlich als Legierungsmetall statt. Cobalt spielt in der Herstellung von stark beanspruchten Werkstoffen eine Rolle, zum Beispiel im Turbinenbau. In den Turbinenschaufeln von Flugzeugtriebwerken findet sich Kobalt, womit man beim ersten Wachstumsmarkt wäre. Der Luftverkehrsbranche wird vor allem aufgrund der Entwicklungen in Asien eine lange Wachstumsperiode vorher gesagt. Die Orderbücher von Flugzeugbauern wie Airbus sind voll, die Fabriken auf lange Sicht ausgelastet. Das hinterlässt seine Spuren bis in den Rohstoffmarkt.
Doch auch andere Gebiete, die weniger im Fokus stehen, sind hoch interessant. Experten sagen einen deutlich steigenden Cobaltbedarf aus der Medizinbranche voraus. Dort findet das Material Verwendung in der Orthopädie für diverse Implantate. Verdrängungseffekte in der Branche könnten die Nachfrage nach dem Rohstoff weiter steigern. Ebenfalls weniger bekannt ist die Nutzung von Cobalt in wiederaufladbaren Akkus. Binnen rund einer Generation könnte sich in dieser Branche der Bedarf verdoppeln – mindestens. Gerade für die Elektromobilität wird Cobalt damit ein kritischer Rohstoff sein.
Wie kritisch die Situation um das Schwermetall werden könnte, zeigt ein Blick in die Bergbaubranche. Cobalt ist relativ selten, es findet sich in der Regel gemeinsam mit anderen Metallen, allen voran Nickel. Trotz dieser Seltenheit ist das Material nicht knapp, zumindest auf den ersten Blick. Ausgehend von den derzeitigen Produktionsraten und den bekannten Ressourcen ist Cobalt theoretisch noch für viele Jahrzehnte ohne Engpässe verfügbar, selbst bei einer deutlich steigenden Produktion.
Tatsächlich aber ergibt sich ein Problem, denn mehr als die Hälfte der weltweiten Förderung des Bodenschatzes kommt aus einer Region, die als politisch höchst instabil eingeordnet werden muss: Aus der Demokratischen Republik Kongo. Länder wie China, Kanada oder Russland, die auf Platz zwei bis vier liegen, kommen lediglich auf Weltmarktanteile im mittleren einstelligen Prozentbereich. Diese Dominanz der Demokratischen Republik Kongo bedroht nun die Versorgung der Weltwirtschaft mit Cobalt.
Ist die Versorgungssicherheit der Industrienationen bedroht?
Wir haben sie bereits auf die besondere Situation bei der Gewinnung des Rohstoffes aufmerksam gemacht. Mehr als die Hälfte der weltweiten Bergwerksförderung des Metalls stammt aus der Demokratischen Republik Kongo, einer politisch höchst instabilen Region. Zugleich, das zeigen die Zahlen zum Beispiel des U.S. Geological Survey, liegen in dem Land die mit Abstand größten bekannten Cobalt-Reserven.
Andere Länder liegen beim Weltmarktanteil weit zurück, keins kommt auf einen zweistelligen Prozentwert. Potenziale hat die Förderung in Australien, wenn man die Reserven mit der jährlichen Förderung vergleicht. Doch noch liegt der Weltmarktanteil der traditionellen Bergbaunation bei lediglich etwas mehr als 4 Prozent.
Weite Teile der Welt sind damit auf die Cobalt-Aktivitäten im Kongo angewiesen. Das gilt vor allem für China, denn im Kongo wird der Rohstoff vor allem abgebaut, während die Weiterverarbeitung der Erze woanders stattfindet. Große Verhüttungskapazitäten finden sich insbesondere in China, aber auch in Finnland. Hier ist die OM Group einer der weltweit wichtigsten Cobaltverarbeiter. Und genau dies scheint den Mächtigen in der Demokratischen Republik Kongo ein Dorn im Auge zu sein.
Das Land ist eigentlich ohnehin reich an Bodenschätzen, die Bevölkerung bekommt davon aber kaum etwas mit. Tatsächlich profitiert lediglich eine kleine Gruppe von Personen von den Bodenschätzen, wie zuletzt wieder Untersuchungen unter anderem des früheren UNO-Generalsekretärs Kofi Annan gezeigt haben. Und genau diese Gruppe scheint Interesse daran zu haben, die Wertschöpfungskette beim Cobalt im Kongo zu verlängern.
Um dies durchzusetzen, plant man aber nicht mit attraktiveren Bedingungen für Unternehmen in dem Land, das unter anderem durch militärische Auseinandersetzungen schwer gebeutelt ist und als politisch höchst fragil gilt. Die Infrastruktur ist mangelhaft und müsste intensiv verbessert werden. Dabei könnten die Bodenschätze eigentlich helfen, doch es passiert wenig. Zumindest bei der Elektrizitätsversorgung könnte ein neues und umstrittenes Mega-Staudammprojekt für Abhilfe sorgen: Ab 2015 soll der Grand-Inga-Staudamm gebaut werden, der mit 40.000 Megawatt Leistung gigantische Mengen Strom aus dem Fluss Kongo gewinnen und große Teile Afrikas versorgen soll.
Seine Position versucht der Kongo statt über sinnvolle Maßnahmen der Wirtschaftsförderung aber völlig anders zu stärken. Man stoppt schlicht und einfach den Export unter anderem von Cobalt. Ab Juli wird nichts mehr geliefert, zunächst soll der Exportbann über zwei Monate laufen. Was danach passieren wird, ist völlig offen und dürfte zu einem großen Teil der Willkür der regierenden Personen ausgesetzt sein. Mit der Maßnahme will die Regierung des afrikanischen Staates Konzerne zwingen, geförderte Erze auch vor Ort zu verarbeiten.
Getroffen wird davon vor allem China, das seine Cobaltimporte 2012 fast ausschließlich aus kongolesischen Minen bezogen hat. Abzuwarten bleibt allerdings, ob dieser Exportstopp wirklich durchgehalten werden kann. Frühere, ähnliche Maßnahmen haben sich als völlig untauglich erwiesen, womit Experten auch diesmal rechnen. Dennoch kann das Risiko Kongo immer wieder für deutlich steigende Cobaltpreise sorgen.