Bergbau in Kanada: Die Chancen in der Krise

Seit jeher ist die Bergwerksindustrie ein zyklischer Sektor. Derzeit befindet sich die Branche in einem Tief – zumindest psychologisch. Eine Vielzahl an schlechten Nachrichten ist über den Wirtschaftszweig hereingebrochen, begonnen bei den befürchteten negativen Auswirkungen der Finanzmarktkrisen auf das Wachstum, über Streiks und steigende Kosten bis hin zu knappen Finanzen, hohen Abschreibungen und Investoren, die von den Unternehmen statt Wachstum nun Rendite, Cashflow und Dividende fordern.

Die Parameter haben sich in den vergangenen Jahren massiv verändert. Ironischerweise sind es diesmal nur zum Teil zyklische Faktoren, die die Branche belasten. Sicherlich leiden einige Sparten der Bergwerksbranche unter einer Preisentwicklung, die für die Entwicklungen der Ausgaben nicht ausreichend ist. Besonders hart hat es da zum Beispiel die südafrikanische Platinindustrie getroffen. Viele Rohstoffpreise sind dennoch deutlich teurer als noch vor zehn Jahren. Gold, Kupfer, Silber, selbst Palladium und Platin sind dabei zu nennen.

So überrascht es nicht, dass sich in führenden Rohstoffnationen wie Kanada die Experten, Branchenvertreter und viele andere Verantwortliche auch Gedanken um ganz andere Faktoren als die Preisentwicklung machen. Viele Sorgen bereitet der Branche der seit längerem schwieriger und schwieriger werdende Zugang zum Kapitalmarkt. Während die realwirtschaftlichen Auswirkungen der verschiedenen Krisen vergangener Jahre überwunden wurden und werden, hat sich in den Köpfen der Investoren ein hohes Sicherheitsbedürfnis eingebrannt. Waren früher Kursperspektiven und langfristiges Wachstum entscheidende Kriterien für eine Aktieninvestition, so gucken Kapitalanleger mehr und mehr auf Quartals-Entwicklungen, Dividenden und überschaubare, kurzfristige Zeithorizonte. Für die in langen Entwicklungszyklen arbeitende Bergwerksbranche mit ihren Risiken ist dies äußerst unvorteilhaft.

Hinzu kommt, dass mehr und mehr Projekte in entlegenen Gegenden in Angriff genommen werden müssen. Das gilt vor allem für Länder mit langer Tradition im Bergbau wie zum Beispiel Kanada. Solche Regionen sind wenig erschlossen und damit unter anderem eine logistische Herausforderung, klimatisch häufig problematischer. Tiefer liegende Erzkörper mit geringeren Mineralisierungsgraden sind weitere mögliche Problemquellen für die Explorationsunternehmen. Dazu schwindet oftmals auch die Unterstützung von Regierungen, die finanziell unter Druck stehen. Die Abgaben für Lizenzen und den Abbau von Rohstoffen erhöhen sich in Teilen der Welt. Steigender Kostendruck kommt zudem von immer komplizierter und umfangreicher werdenden Genehmigungsprozessen.

Diese Liste der steigenden Herausforderungen für die Branche ist keinesfalls abschließend, aber schon jetzt fast abschreckend. Doch in jeder Krise liegt eine Chance. Das zeigt der Blick nach Kanada, wo einige Experten aufgewacht sind und laut für bessere Rahmenbedingungen werben. Innovationen und Reformen bieten mögliche Auswege aus der Krise. Es ist also bei Miningscout mal wieder Zeit für eine kleine Serie mit detaillierteren Informationen. Welche Wege für Kanada und seine Bergbauunternehmen gibt es aus der Krise? In den nächsten Tagen wollen wir ihnen diverse Aspekte zeigen, auf die auch sie als Anleger achten sollten.

Die Bergbaubranche steckt in der Klemme, daran gibt es für viele keinen Zweifel. Doch der Wirtschaftszweig war schon immer sehr zyklisch, auch wenn er diesmal vor besonderen Herausforderungen steht. Trotzdem wird es Wege aus der Krise geben. Dass dies ohne Hilfe von außen geht, insbesondere von staatlicher Seite, muss man allerdings ganz klar verneinen. Stattdessen wartet auf Regierungen viel Arbeit.

Nirgendwo wird dies besser sichtbar als beim Arbeitsmarkt, der für die Unternehmen der Branche eine Schlüsselrolle spielt. Einer der wesentlichen Kostenfaktoren ist das Personal. Qualifizierte Leute sind rar und entsprechend schwer zu finden, was vor allem die kleinen Juniors der Minenbranche belastet. Es treibt die Ausgaben für Explorationen in die Höhe, doch die Gesellschaften können dagegen wenig machen. Das Ausbildungssystem ist weitgehend in staatlicher Hand.

Es zeigt sich, dass sowohl Staat als auch Wirtschaft von einer verstärkten Zusammenarbeit profitieren könnten. Das war zuletzt nicht immer der Fall, wie vor allem der Blick nach Australien zeigt. Neue Abgaben und immer neue regulatorische Hürden haben das Klima zwischen Politik und Bergbaubranche dort stark belastet. Solche Entwicklungen sind aber auch in anderen Regionen der Welt zu sehen, zum Beispiel in Kanada.

Dabei wäre eine stärkere Unterstützung der Bergbauwirtschaft für Länder wie Kanada von Vorteil. Die Branche hat eine große Bedeutung für den Export und für die Wirtschaft des Landes. Das streicht auch Pierre Gratton heraus, Chef des Branchenverbandes "Mining Association of Canada". Er verweist auf landesweit rund 140 Milliarden Dollar Investitionsausgaben, die die Branche binnen einer Dekade in Kanada stemmen will. Das ist auch für Kanada eine nicht zu unterschätzende Summe Geld, die oft in entlegenen und damit strukturschwachen Gebieten Arbeitsplätze sichert und schafft.

Und so fordert Gratton vom Staat stärkere Aktivitäten. Eine besondere Betonung legt er auf Investitionen in den Bildungssektor und in die Infrastruktur. Gerade letztere ist in den unendlichen Weiten des kanadischen Nordens eine sehr wichtige Größe für den Erfolg eines Projektes. Angesichts immer größerer Probleme junger Unternehmen, Ausgaben für den Bau neuer Bergwerksprojekte zu finanzieren, ist hier eine verstärkte staatliche Unterstützung beim Bau von Straßen und anderen Infrastrukturprojekten vonnöten. Gratton mahnt langfristige Planungen aller Beteiligten hierfür an.

Hinzu kommen sich abzeichnende Personalprobleme, denen sich der Staat widmen muss. Rund zwei Drittel der Geowissenschaftler werden sich, so Gratton, in den nächsten zehn Jahren zur Ruhe setzen. Hier muss rechtzeitig Nachwuchs ausgebildet werden, was seine Zeit brauchen wird und eine stärkere Kooperation des Staates mit den Unternehmen erfordert.

Auch bei der Regulierung sieht Gratton Verbesserungspotenzial, national wie international. Außerhalb Kanadas bereiten ihm unter anderem protektionistische Maßnahmen und stärker werdende Nationalisierungstendenzen Sorge. Eine größere Zahl bilateraler Investment- und Handelsabkommen könnte hier Abhilfe schaffen, glaubt Gratton. In Kanada selbst sei vor allem von Bedeutung, wie jüngste Veränderungen bei gesetzlichen Vorschriften tatsächlich umgesetzt werden. Die Branche ist derzeit noch verunsichert, ob die neuen Paragraphen tatsächlich erhoffte Vereinfachungen unter anderem der Genehmigungsprozesse bringen werden.

Doch nicht nur von staatlicher Seite gibt es Verbesserungsbedarf, der abgearbeitet werden muss. Auch die Unternehmen selbst können den Weg aus der Krise frei räumen, indem sie innovative Wege gehen.

Von Seiten der Landes- und nationalen Regierungen könnte die Branche einiges an Unterstützung bekommen, was die Wirtschaft des Landes stützen dürfte. Doch die Unternehmen müssen auch selbst ihre Hausaufgaben erledigen.

Dabei sind vor allem zwei Dinge zu nennen: Kostenkontrolle und Finanzierung. Gerade im Rahmen der zurzeit extrem schwierigen Finanzierungsbedingungen an den Märkten müssen sich die Manager flexibel zeigen und mitunter etablierte Wege verlassen. Einige Konzerne reagieren auf die Probleme, Geld vom Kapitalmarkt zu bekommen, mit Kürzungen von Investitionsbudgets. Neue Projekte werden mit kleineren Kapazitäten aufgebaut, ein Ausbau soll dann zu einem späteren Zeitpunkt bei besseren Bedingungen erfolgen.

Doch Kanada bietet hier noch mehr Möglichkeiten. "Flow-through" Aktien sind eine solche Variante. Die hierzulande kaum bekannte Finanzierungsart ist in Kanada nichts Neues, sie gibt es in der Gesetzgebung schon seit mehr als einer Generation. Bei den Anteilsscheinen handelt es sich um "normale" Aktien, hinzu kommt eine Vereinbarung zwischen Unternehmen und Investor über den "flow-through" der Kosten. Grob beschrieben, können Unternehmen damit Kosten zum Beispiel aus Explorationen an Investoren weiterleiten. Allerdings müssen die Gelder binnen 24 Monaten durch die Gesellschaften ausgegeben werden, was dem Einsatz solcher Vereinbarungen in der Praxis Grenzen setzt. Rund 2,5 Milliarden Dollar sollen über "flow-through"-Deals in den letzten fünf Jahren von Investoren an Unternehmen gegangen sein.

Dennoch ist das Instrument durchaus attraktiv für beide Seiten: Während Juniors solche Kosten steuerlich mangels Profitabilität kaum nutzen können, sieht dies bei den meisten Investoren anders aus: Diese können die Ausgaben zur Milderung ihrer Steuerlast nutzen. Mit einer solchen Konstruktion gibt es also neue Anreize für Investoren, Explorationsinvestitionen zu finanzieren und damit auch Risiken in Kauf zu nehmen. Der Staat verzichtet zwar zunächst auf Steuereinnahmen, kann aber andererseits von den Investitionseffekten unter anderem auf dem Arbeitsmarkt und damit indirekt auch wieder über Steuereinnahmen profitieren.

Jetzt, wo es vor allem den Juniors der Branche fast schon unmöglich ist, an Explorationsfinanzierungen zu kommen, könnten sie aber stark an Bedeutung gewinnen. Erkundungen der Bodenschätze sind längst nicht immer erfolgreich, was gerade in einer Zeit mit risikoaversen Geldgebern den Bergbausektor vor immense Probleme stellt: Derzeit will sich kaum jemand die hohen Risiken solcher Finanzierungen ans Bein binden. Die Aussichten auf Steuerminderungen bilden hier in einem solchen Umfeld nicht nur einen zusätzlichen Verdienstanreiz, wenn die Explorationen Erfolg haben, sondern im negativen Fall auch einen Puffer für die dann möglichen Verluste.

Neben alternativen Finanzierungswegen verlangt der Markt von Unternehmen aber auch eine striktere Kostenkontrolle. Wurde in der zurückliegenden Zeit, wo vor allem Wachstum zählte, beim Controlling noch im Zweifel ein Auge zugedrückt, so hat sich dies nun gründlich geändert. Investoren, die auf Optimierung von Cashflows und Dividenden durch die Unternehmen drängen, haben an einer effizienten Kostenkontrolle ein starkes Interesse. Dem müssen die Gesellschaften gerecht werden.