Kolumne von JFD Research

2016: Das Jahr des Inflationsschocks?

Die Inflation ist niedrig – zu niedrig. Das wird inzwischen seit zwei Jahren in Endlosschleife von Notenbanken und Medien wiederholt. Inzwischen gibt es kaum noch jemanden, der daran nicht glaubt. Wenn etwas oft genug wiederholt wird, wirkt es wahrer. Auch wenn es dadurch nicht richtiger wird.

Die offiziellen Daten, die derzeit eine leicht negative Inflationsrate ausweisen, täuschen über mehrere Aspekte hinweg. Fragt man Menschen, die in München eine Wohnung kaufen wollen, dann werden diese viel erzählen. Nur eines sicher nicht: Dass die Preise fallen!

Inflationsraten sind alles andere als perfekt und sie spiegeln die Realität nicht für jeden wider. Das wird schon allein dadurch offensichtlich, dass es nicht nur eine Inflationsrate gibt, sondern mehrere. Die Inflationsrate, die den Notenbanken Sorgen bereitet, ist jene Rate, die einen weit umfassenden Warenkorb widerspiegelt. Dazu gehören auch Preise für Energie (Strom, Benzin) und Nahrungsmittel.

Die Inflationsrate, die Energie- und Nahrungsmittelpreise beinhaltet, ist derzeit negativ – ob in der Eurozone oder den USA spielt dabei keine Rolle. Die negativen Teuerungsraten sind leicht nachvollziehbar, da vor allem Rohstoffpreise in den letzten 12 Monaten massiv gesunken sind. Der Ölpreis steht heute 50% tiefer als vor einem Jahr. Der Gaspreis liegt 40% unter Vorjahr.

Wie groß der Einfluss von Rohstoffpreisen auf die Inflation ist zeigt die folgende Grafik 1. Dargestellt ist die Inflationsrate in den USA und die Ölpreisentwicklung. Beide Zeitreihen zeigen die Entwicklung auf Sicht von 12 Monaten. So liegt das allgemeine Preisniveau heute 0,2% unter dem Vorjahreswert aus September 2014. Der Ölpreis steht im Vergleich zum September 2014 gut 50% tiefer.

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Der enge Zusammenhang zwischen Ölpreisentwicklung (stellvertretend für alle Rohstoffe) und Inflation lässt sich kaum bestreiten. Beides geht Hand in Hand. Die Korrelation liegt nahe 1. Das ist auch nicht erst seit gestern so, sondern lässt sich seit Jahrzehnten beobachten. Daran ändert auch die Wandlung der Wirtschaft hin zu mehr Dienstleistungen bisher wenig. Der Einfluss der Rohstoffpreisentwicklung ist heute etwas geringer als vor 30 oder 40 Jahren, doch die Korrelation ist immer noch extrem hoch.

Solange Rohstoffpreise fallen, muss man sich um steigende Inflation keine Sorgen machen. Was aber, wenn Rohstoffpreise nicht weiter fallen oder sogar wieder zu steigen beginnen? In einem solchen Fall droht ein schneller Anstieg der Inflation. Es ist ein Szenario, welches die wenigsten auf dem Radar haben. Das ist ein Fehler.

Grafik 2 zeigt den Vergleich der Kerninflation und der Inflationsrate für die USA. Die Inflation ist leicht negativ. Die Kerninflationsrate liegt hingegen bei 1,9%. Teuerung gibt es zur Genüge. Sie zeigt sich nur nicht in der Inflationsrate, die öffentlich diskutiert wird. Die Kerninflation schließt Energie- und Nahrungsmittelpreise aus. Hier zeigen sich vor allem Preissteigerungen bei Dienstleistungen, Gesundheitskosten und Freizeit.

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In den USA liegt die Kerninflationsrate in der Nähe des 2%-Ziels der Notenbank. In Europa liegt die Kerninflation bei knapp einem Prozent. Das liegt noch deutlich unterhalb des Ziels der EZB, doch immerhin zeigt sich hier alles andere, nur keine Deflation. Was geschieht nun, wenn die Rohstoffpreise aufhören zu fallen? – Die Inflationsrate nähert sich sehr schnell der Kerninflation an. Die Inflationsrate wird nicht mehr durch fallende Energiepreise gedrückt. Die Inflationsrate ist dann fast gleich der Kerninflation.

Derzeit sieht es so aus, als würden viele Rohstoffe zumindest mittelfristig wieder teurer werden. Steigen die Rohstoffpreise um 10% an, dann würde die Inflationsrate in den USA relativ schnell auf 2,5% steigen. Ein Preisanstieg bei Rohstoffen um 20% kann die Inflation auf über 3% katapultieren. In Europa könnten 2% erreicht werden.

Derzeit hat kaum jemand ein Szenario auf dem Radar, welches eine Inflationsrate von 3% vorsieht. Wenn die Teuerungsrate dann von 0% auf 2% oder 3% steigt, wird das Entsetzen groß sein. Auch für die Wirtschaft ist das alles andere als ein Segen. Grafik 3 zeigt die zwei Inflationsraten und das Wirtschaftswachstum der USA. Je höher die Inflation war, desto geringer war das Wirtschaftswachstum.

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Vor allem schnell ansteigende Inflation ist für das Wirtschaftswachstum Gift. Schnell steigende Preise senken die Kaufkraft von Verbrauchern. Bis gestiegene Preise über Lohnerhöhungen kompensiert werden, vergehen oft ein bis zwei Jahre. Schnell ansteigende Inflation dämpft den Konsum erheblich. Gleichzeitig haben viele Unternehmen Probleme, gestiegene Preise eins zu eins an die Konsumenten weiterzugeben. Die Margen sinken kurzfristig, Unternehmensgewinne sinken. Steigende Inflation ist – entgegen des allgemeinen Glaubens – schlecht für Aktien.

Anleger haben in Zeiten ansteigender Inflation vor allem mit Aktien des Energiesektors, des Gesundheitswesens, mit Versorgeraktien und Aktien von Produzenten langlebiger Wirtschaftsgüter Freude. Schlecht laufen Aktien der Baubranche, Industrie-, Technologie- und Bankaktien. Für Anleger macht es Sinn sich zu überlegen, ob sie nicht mittelfristig einen Teil der Anlagen in defensive Sektoren umschichten.

Lars Gottwik

Partner & COO JFD Brokers

JFD Brokers – Just FAIR and DIRECT

www.jfdbrokers.com

Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse nicht investiert.