Kolumne von Thomas Rausch

Fed und EZB bereiten massive Gold-Rallye vor

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

die aktuelle Entwicklung an den Märkten spitzt sich dramatisch zu. Mario Draghi hat seit Oktober immer wieder massive Interventionen für die Sitzung am 03.12.2015 angekündigt, angeblich um die gefährlich niedrige Preisinflation in der Euro-Zone zu beschleunigen. Tatsächlich ist die Kerninflationsrate (ohne Lebensmittel und Energie) im Oktober auf 1,1 Prozent und damit auf dem höchsten Wert seit 2013 gestiegen. In Österreich, Luxemburg und Malta stiegen die Preise ohne Energie im Sommer sogar um fast 2 Prozent. Hinzu kommt, dass immer mehr Unternehmen der Euro-Zone Kredite nachfragen. Mit anderen Worten: das Anleihekaufprogramm der EZB entfaltet bereits seine Wirkung. Warum also der Alarmismus der EZB?

Kerninflationsrate Euro-Zone.

Jens Weidmann erklärte letzte Woche, was er vom Kurs der EZB hält: nichts!

"Je länger wir die extrem lockere Geldpolitik beibehalten, umso weniger effektiv ist sie." Die sehr niedrigen Zinsen könnten zudem die Bereitschaft der Euro-Länder erlahmen lassen, ihre Haushalte zu konsolidieren. Deshalb "sollten wir auch nicht das Risiko ignorieren, dass sich die Fiskalpolitik an die sehr niedrigen Zinsen gewöhnt", so Weidmann. Schon jetzt sieht er aufgrund der extrem niedrigen Zinsen akute Gefahren sowohl für die Versicherungswirtschaft als auch für die Finanzmarktstabilität. Auch betont er, dass der Rückgang der Inflationsrate auf 0,1 Prozent vor allem dem gesunkenen Ölpreis geschuldet sei. Ohne diesen Faktor läge die Teuerungsrate bei über 1 Prozent. Tendenz steigend, denn der Ölpreisverfall dürfte sich nach Ansicht der Bundesbank positiv auf die weitere konjunkturelle Entwicklung auswirken. Mit anderen Worten: Darghis Argument, die niedrige Inflation sei Ausdruck der schwachen Wirtschaftsentwicklung in der Euro-Zone, ist schlicht falsch. Vor zwei Wochen noch behauptet er sogar: "Die Anzeichen für eine nachhaltige Wende bei der Kerninflation haben sich etwas abgeschwächt." Genau das Gegenteil ist der Fall.

Das belegt auch der Blick auf die aktuellen ifo-Daten. Der ifo-Geschäftsklimaindex ist im November von 108,2 auf 109 Punkte gestiegen ist; trotz VW-Skandal und den Terroranschlägen in Paris.

Quelle: ifo-Institut.

Ja, das Weltwirtschaftsklima kühlt sich ab. In den USA ist das Wachstum nur durchschnittlich, in Asien deutlich rückläufig, aber in Europa liegt es deutlich über dem langfristigen Durchschnitt.

Quelle: ifo-Institut.

Der Markt ist sich sicher: Draghi wird die geldpolitischen Zügel noch weiter lockern. Es wird vermutet, dass er das Anleihekaufprogramm nicht nur zeitlich über 2016 hinaus ausdehnen, sondern auch die monatliche Rate von 60 Mrd. Euro auf ca. 72 Mrd. Euro ausweiten wird. Außerdem könnte er die Strafzinsen für Bankeinlagen bei der EZB weiter anheben. Am Markt für Optionen steht die Wahrscheinlichkeit für einen signifikanten Einbruch des Euro gegenüber dem US-Dollar auf ein 12-Jahrestief bei 70 Prozent. Im Oktober lag sie noch bei 18 Prozent. Entsprechend massiv sind die Wetten der Devisenspekulanten auf einen fallenden Euro gestiegen.

Der tatsächliche Grund für die weiteren Interventionen dürften die faulen Kredite vor allem italiensicher und spanischer Banken sein. Die EU-Bankenaufsichtsbehörde EBA warten am Dienstag, dass etwa 6 Prozent aller Darlehen in den Bilanzen der europäischen Banken ausfallgefährdet seien. Bei Firmenkrediten seien es sogar 10 Prozent. Insgesamt belaufen sich die faulen Kredite auf 1 Billion Euro. Die Banken stehen unter Stress. Es wird für sie zum Beispiel immer schwieriger, US-Dollar-Kredite zu erhalten, wie die Cross Currency Basis Swaps zeigen.

Cross Currency Basis Swaps

Wenn die EZB auch nur einen Teil dieser Kredite in ihre Bilanz aufnimmt und auf diese Weise die Ausfallrisiken über die Bürger der Euro-Zone sozialisiert, wird der Aufkauf solcher faulen Kredite durch andere Banken ein lukratives und risikoloses Geschäft. Die Risiken liegen letztlich beim Sparer. Aber machen Sie sich bitte keine Sorgen, denn die EU-Kommission hat bereits eine einheitliche Einlagensicherung vorgeschlagen. Europa ist eine Solidargemeinschaft. Das heißt: Sie haften für die Versäumnisse der anderen und ernten dafür Frieden.

Eine tödliche Mischung

Ich wäre mir mit den Wetten auf einen dauerhaft fallenden Euro nicht so sicher. Draghi müsste die bereits schon sehr hohen Erwartungen des Marktes deutlich toppen, um den Euro wirklich unter US$1,00 in die Knie zu zwingen. Wie wahrscheinlich ist das? Schon Anfang November erhielt Weidmann Unterstützung von seinen Kollegen Ardo Hansson von der Notenbank in Estland und Bostjan Jazbec aus Slowenien. "Von dem ausgehend, was ich aktuell weiß, denke ich nicht, dass die EZB handeln sollte", sagte Hanssons. "Die europäische Wirtschaft zeigt Zeichen der Erholung und ich werde diese Position auf der Dezember-Sitzung präsentieren", so Jazbec. Wie es aussieht, ist Weidmann längst nicht mehr der einzige Querulant im EZB-Rat. Es dürfte Draghi zunehmend schwerer fallen, die Geschlossenheit des Rates darzustellen. Möglich, dass der Euro kurzfristig die Parität mit dem US-Dollar erreicht. Aber wird der Euro dann weiter fallen?

Zinserhöhungen des Fed und Verlauf des US-Dollar-Index.

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist das Fed, das am 16.12. über die Zinswende entscheiden wird. Die Preise für die Fed Fund Futures zeigen eine Wahrscheinlichkeit von 77,5 Prozent für einen 0,5 Prozent-Zinsschritt an. Wenn sowohl die EZB als auch das Fed liefern, dürfte der US-Dollarindex zunächst durch die Decke gehen. Aber wie lange? Je schneller der Dollar steigt, desto mehr erhöht sich der Druck auf die Schwellenländer und auf die US-Exportwirtschaft. Zudem wirkt sich schon jetzt die bloße Zinswende-Fantasie negativ auf die hochverzinslichen US-Unternehmensanleihen aus. Je höher die Zinsen steigen, mit desto mehr Unternehmenspleiten ist zu rechnen. Und auch der Aktienmarkt bleibt nicht verschont. Eine seiner großen Stützen sind die Aktienrückkaufprogramme der Unternehmen. Doch die sind zum großen Teil über Kredite finanziert, die sich verteuern werden.

Ihre historische Chance

Die zunehmende Gegenläufigkeit der Geldpolitik der EZB und des Fed setzten die Rohstoffpreise bereits massiv unter Druck. Entsprechend hat auch Gold ein neues Jahrestief markiert. Der Druck wird sich in den nächsten Tagen vermutlich noch verstärken. Aber je schneller der US-Dollar-Index steigt, desto wahrscheinlicher wird das Fed die Zinsen nicht senken bzw. desto schneller wird die US-Notenbank QE5 auflegen. Wenn das geschieht, wird der US-Dollar einbrechen, der Goldpreis massiv anziehen und Goldminenaktien werden explodieren.

Viel Erfolg wünscht Ihnen

Ihr Thomas Rausch
Der BörsenExplorer

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