Kolumne von Florian Grummes

Silber: Die Luft wird schon wieder dünn

Silber in USD

Rückblick:

In den letzten vier Wochen musste der Silberpreis erwartungsgemäß zunächst noch einmal einen Rücksetzer hinnehmen. Allerdings wurde das "dip" tatsächlich gekauft. Silber konnte ausgehend von 14,36US$ deutlich haussieren und erreichte am vergangenen Donnerstag mit 16,19US$ den höchsten Stand seit Mitte Juni. Sowohl der Goldpreis als auch die Minenaktien konnten ebenfalls deutlich zulegen und bestätigen damit die angekündigte Erholung. Erfreulich ist dabei vor allem die Tatsache, dass Gold und Silber jeweils ihre 200-Tagelinien erreicht haben, ohne von dieser sofort abzuprallen.

Silber Monatschart:

Auf dem logarithmischen Monatschart ist die aktuelle Kerze für den laufenden Monat Oktober beeindruckend. Seit Monatsbeginn steht ein Plus von 10,67% zu Buche. Erfahrungsgemäß wird dieser Zugewinn nicht bis zum Monatsende gehalten werden können. Positiv ist aber vor allem, dass die wichtige Unterstützungszone zwischen 14,00US$ und 15,00US$ damit letztlich fulminant verlassen wurde. Kurzfristig trifft der Silberpreis allerdings bereits auf eine Parallellinie des immer noch gültigen Abwärtstrendkanals. Kann er in den nächsten Tagen diese Hürde überwinden, dürfte der eigentliche Abwärtstrendkanal allerspätestens bei ca. 17,50US$ für einen Rücksetzer sorgen.

Die Indikatoren MACD und Stochastik senden erste positive Signale, welche aber noch deutlich mehr Zeit zur Entfaltung benötigen. Bei einem Anstieg bis oder über 16,92US$ würde zudem der Parabolic Sar Indikator nach langer Zeit endlich wieder ein Kaufsignal geben. Auf dem Monatschart für den Goldpreis ist dieses Signal vor zwei Handelstagen bereits eingetreten – und das erstmals nach fast vier Jahren! Das große Bild hellt sich also langsam auf!

Solange der Silberpreis seinen Abwärtstrendkanal nicht verlässt, bleibt der Monatschart insgesamt aber immer noch leicht bärisch. Erst ein Monatsschlusskurs oberhalb von 17,00US$ würde die Lage weiter zugunsten der Bullen verbessern.

Silber Wochenchart:

Auf dem logarithmischen Wochenchart ist die erwähnte Parallellinie innerhalb des Abwärtstrendkanals noch besser zu erkennen. Wie stark dieser Widerstand ist, wird sich vermutlich schon in den nächsten Handelstagen zeigen.

Mittelfristig bullisch bleiben die Divergenzen beim MACD und RSI. Während der MACD gerade erst ein neues Kaufsignal erzeugt hat, ist die Stochastik jedoch bereits in der überkauften Zone angelangt. Die Stochastik müsste in der kommenden Woche unbedingt noch eine Schippe drauflegen, um eine potentielle negative Divergenz zu vermeiden. Mit dem laufenden Momentum könnte der Silberpreis aber genug Kraft besitzen, um zumindest noch bis zum übergeordneten Abwärtstrendkanal bei ca. 16,70US$ anzusteigen.

Zusammengefasst ist auch der Wochenchart immer noch leicht negativ zu interpretieren. Ein Ausbruch aus dem Abwärtstrendkanal ist wohl erst in 2016 realistisch.

Silber Tageschart:

Auf dem logarithmischen Tagechart konnten die Silberbullen zuletzt ein Kursfeuerwerk entfachen. Ausgehend von 14,36US$ wurde direkt die 200-Tagelinie (15,97US$) erreicht und überschritten. Seit einigen Handelstagen konsolidiert der Silberpreis um diese wichtige Durchschnittslinie, ohne dass es bisher zu größeren Rücksetzern gekommen wäre. Bis zur nächsten Widerstandslinie (ca. 16,75US$) fehlt nun nicht mehr viel.

Das Maß aller Dinge ist auf Sicht der nächsten Handelstage der "embedded Status" der Stochastik. Der Aufwärtstrend ist damit festgezurrt und die Bullen sind ganz klar am Drücker. Erst wenn die rote Signallinie wieder unter 80 fällt, ist das bullische Momentum gebrochen. Dann wechselt der Indikator in den überkauften Zustand und würde dadurch ein Verkaufssignal erzeugen. Dazu wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit in den nächsten 1-2 Wochen auch kommen, ganz kurzfristig ist der Tageschart aber noch super bullisch und es spricht so ziemlich alles dafür, dass Silber kurzfristig noch bis ca. 16,70US$ übertreiben wird.

Im Anschluss müsste es ab Ende Oktober eine Korrektur bzw. einen Rücksetzer bis mindestens ca. 15,50US$ bzw. bis zur steigenden 50-Tagelinie (15,06US$) geben. Im schlechtesten Fall testet der Silberpreis aber auch noch einmal die neue Aufwärtstrendlinie klar unterhalb von 15,00US$. Hier wird sich dann im November vermutlich entscheiden, ob die jüngste Erholung an den Edelmetallmärkten nur eine Bärenmarktrally ist, oder ob sich nun zunehmend die "buy the dips" Mentalität am Markt durchsetzt. Ich vermute letzteres und könnte mir daher nach einem scharfen ABC-Rücksetzer im November bis zum Frühjahr 2016 eine weitere Aufwärtsbewegung an den Edelmetallmärkten vorstellen.

Gold/Silber Ratio:

Auch wenn das Gold/Silber-Ratio zuletzt von 81,39 bis auf 71,11 deutlich gefallen ist, bewegt es sich übergeordnet weiterhin ohne klaren Trend in der Seitwärtszone zwischen 70 und 77 Punkten. Immerhin dreht nun auch die 200-Tagelinie (73,75) langsam nach unten, so dass mittelfristig ein Ausbruch nach unten immer wahrscheinlicher wird. Bis dahin bleibt die Aussagekraft des Ratios aber beschränkt.

Silberminen ETF:

Die Minenaktien sind den Edelmetallen zuletzt erfreulicherweise vorneweg gelaufen. Wie vor vier Wochen vermutet, handelte es sich also um eine zweimonatige Bodenbildung, wobei der Tiefstkurs Anfang September bei 6,04US$ gesehen wurde. Mittlerweile hat der Silberminen ETF (Symbol: SIL) fast seine 200-Tagelinie (8,40US$) erreicht und damit den Großteil der sommerlichen Verluste wieder aufgeholt. Das Momentum ist zweifelsohne auf Seiten der Bullen und sollte die Notierungen kurzfristig noch bis 8,20 – 8,40US$ voranbringen können. Natürlich ist die Lage aber nach dem deutlichen Kursanstieg bereits etwas überhitzt und ein Rücksetzer zurück bis an die 50-Tagelinie (6,87US$) wird in der letzten Oktoberwoche immer wahrscheinlicher. Ab Mitte/Ende November müsste diese Rücksetzer dann aber ausgestanden sein.

Investierte Anleger sollten den Stoppkurs nun knapp unterhalb der 50-Tagelinie hinterherziehen und somit vermeiden dass die Position noch einmal ins Minus laufen kann. Gewinnmitnahmen bieten sich zwischen 8,20 und 8,40US$ an.

CoT-Report:

Auch dieses Mal haben sich die Daten vom Terminmarkt (CoT-Report) in bekannter Art und Weise nach den steilen Kursanstiegen deutlich verschlechtert. Mit Stand vom letzten Dienstag betrug die kumulierte Shortposition der kommerziellen Händler 58.626 leerverkaufte Kontrakte auf den Silberfuture an der COMEX. Damit liefert dieser Analysebaustein ein erstes deutliches Warnsignal. Wirklich gefährlich wird es, sobald diese Shortposition die Marke von 70.000 Kontrakten überschritten hat. Ein deutlicher Rücksetzer ist in den kommenden Wochen also absehbar geworden.

Auch am Goldmarkt sehen die Positionierungen nicht mehr so günstig aus, sondern präsentieren sich aktuell neutral. Für den Silbermarkt geben sie jedoch bereits ein Verkaufssignal.

Sentiment:

Saisonalität:

Gemäß der durchschnittlichen Kursentwicklung über die letzten 40 Jahre ist die relativ günstige Sommerphase am Silbermarkt nun beendet. Mit einem durchschnittlichen Kursverlust in Höhe von -1,2% ist der Oktober der zweitschlechteste Monat des Jahres. Ab Mitte/Ende Oktober müsste es also typischerweise einen deutlichen Rücksetzer geben, bevor dann im November eine mehrwöchige Jahresendrally starten sollte.

Silber in EUR

Rückblick:

In Euro gerechnet setzte der Silberpreis zunächst noch einmal bis 12,81€ zurück. An der neuen Aufwärtstrendlinie angekommen, übernahmen jedoch die Bullen wieder die Kontrolle. Innerhalb weniger Handelstage verteuerte sich so die Feinunze Silber um fast 12% und erreichte mit 14,34€ erstmals seit Anfang Juli wieder die 200-Tagelinie. Dieser gleitende Durchschnitt stellt jedoch eine ernsthafte Hürde dar, so dass der Silberpreis zunächst wieder leicht unter die Marke von 14,00€ zurücksetzte und auch in den letzten Handelstagen unterhalb der 200-Tagelinie verblieb.

In jedem Fall wurde in den letzten zwei Monaten eine Serie höherer Tiefs und höherer Hochs etabliert.

Euro-Silber Wochenchart:

Trotz der Erholung in den letzten Wochen bestimmt auf dem logarithmischen Wochenchart der übergeordnete Abwärtstrendkanal nach wie vor das Kursgeschehen. Gut sichtbar ist aber auch, dass das Tief in diesem Sommer mit 12,40€ klar über dem Tief vom letzten Dezember bei 11,50€ lag. Das höhere Tief liefert natürlich Argumente für eine mögliche übergeordnete Trendwende. Dennoch bringt erst ein Ausbruch aus dem Abwärtstrendkanal (aktuell ca. 16,50€ – 17,00€) mehr Gewissheit. Ebenfalls für eine Trendwende spricht die positive Divergenz beim MACD als auch beim RSI. Beide Indikatoren haben in den letzten zwei Jahren die tieferen Kurse nicht bestätigt, sondern drehten jeweils auf höheren Niveaus wieder nach oben. Der MACD hat zudem erst kürzlich ein neues Kaufsignal gegeben, welches sich auf dem Wochenchart naturgemäß erst mittelfristig auswirken wird.

Die vor vier Wochen erwartete Erholung ist also tatsächlich eingetreten. Gleichzeitig fällt aber das obere Bollinger Band (15,00€) und kommt zunehmend in Sichtweite. D.h. das maximal verbleibende Anstiegspotential ist auf Sicht der kommenden Wochen fast ausgereizt. Der im Anschluss folgende Rücksetzer sollte dann die neue Aufwärtstrendlinie aber nicht mehr unterschreiten. Im November sind daher nochmals Kurse um 12,70€ denkbar.

In der Summe bleibt der Wochenchart im Abwärtstrend. Die erwartete erste Erholung ist größtenteils bereits gelaufen. In den kommenden Wochen wird daher ein Rücksetzer immer wahrscheinlicher. Je nachdem wie tief er ausfällt, lassen sich dann Rückschlüsse darauf ziehen, ob die Erholung der letzten Woche lediglich eine neuerliche Bärenmarktrally war oder tatsächlich der Beginn einer neuen Hausse.

Euro-Silber Tageschart:

Auf dem logarithmischen Tageschart oszilliert der Silberpreis seit neun Handelstagen um seine 200-Tagelinie (14,32€). Die Widerstandszone um 14,00€ konnte dabei leicht, aber noch nicht nachhaltig überwunden werden. Das Kursgeschehen hat eher den Charakter einer bullischen Konsolidierung. Sollte in den nächsten Tagen ein weiterer Anstieg gelingen, wäre spätestens bei knapp 15,00€ zunächst Endstation. Hier verläuft die Abwärtstrendlinie des Jahres 2015. Auch die überkaufte Stochastik dürfte in den nächsten Wochen eher einen Rücksetzer in Richtung der 50-Tagelinie (13,40€) oder bis zur Aufwärtstrendlinie (ca. 13,25€) erzwingen. Noch ist es aber nicht soweit und die Bullen haben zunächst noch alle Trümpfe in der Hand.

Zusammengefasst ist der Tageschart bullisch. Das Ende der laufenden Aufwärtsbewegung wird aber zunehmend absehbar und sollte ab Ende Oktober/Anfang November zu einem Rücksetzer führen.

Handelsempfehlung:

Erneut wurde mein Nachkauflimit leider verpasst. Dieses Mal genau um 1 Cent! Um beim nächsten Rücksetzer zum Zuge zu kommen, erhöhe ich das Nachkauflimit auf 13,30€. Langfristig bleibt Silber stark unterbewertet und hat enormes Anstiegspotential. Kurzfristig ist die Luft aber bereits etwas dünn geworden.