Kolumne von JFD Research

Rohstoff-Preisverfall: Genug ist genug!

Einer der größten Rohstoffproduzenten und Rohstoffhändler der Welt sagt: "Es reicht!" Glencore gehört zu den ersten Produzenten, die ihre Fördermengen substantiell kürzen. Der Markt ist außer Rand und Band. Rohstoffpreise schnellen in die Höhe. Ist das nachhaltig? Lohnt es sich für Anleger noch auf diesen Zug aufzuspringen?

Produzenten machen Ernst

Glencore hat von allen Rohstoffproduzenten die bisher größten Förderkürzungen angekündigt. Das geschieht nicht so sehr aus einer Position der Stärke als aus einer Position der Schwäche heraus. Glencore ist hoch verschuldet. Die Kreditwürdigkeit ist gefährdet.

Die großen Ratingagenturen bewerten das Unternehmen noch im Investment Grade Bereich. Eine Abstufung würde vor allem den Rohstoffhandel empfindlich treffen. Ein Rating im Investment Grade Bereich ist essentiell. Um eine Herabstufung zu verhindern, hat Glencore einen Plan präsentiert, der die Schulden um 10 Mrd. senken soll.

Die Schuldenreduktion soll durch Veräußerungen von Geschäftsteilen und Kürzungen im Tagesgeschäft gelingen. Glencore kürzt unter anderem die Produktion in derzeit unprofitablen Minen. Zwei Produktionsstätten in Afrika wurden unlängst für einen Zeitraum von 18 Monaten geschlossen.

Die Produktionskürzungen musste Glencore beschließen, um Kosten zu sparen. Gleichzeitig haben die Kürzungen einen positiven Effekt auf die Rohstoffpreise selbst. Als einer der größten Produzenten von Kupfer, Zink und Kohle kann Glencore den gesamten Markt bewegen. Besonders medienwirksam wurde in der vergangenen Woche die Kürzung der Zinkproduktion bekannt gegeben. Das sorgte weltweit für Aufsehen und ließ den Zinkpreis allein am vergangenen Freitag um 10% steigen. Die Marktreaktion ist verständlich, wenn man bedenkt welchen Weltmarktanteil Glencore hat.

Grafik 1 zeigt die größten Zinkproduzenten und ihren Weltmarktanteil. Auf Glencore allein dürften ca. 11% Marktanteil entfallen. Die Ankündigung, die Fördermenge um 500.000 Tonnen pro Jahr zu senken, bedeutet für den Gesamtmarkt nicht weniger als eine Kürzung des weltweiten Outputs von 3 bis 4%.

131015-Zink

Vorausgesetzt andere Produzenten beginnen jetzt nicht mit der Ausweitung ihrer Förderung, könnte das Zinkangebot unter die Zinknachfrage zurückfallen. Für 2015 wird bisher von einem Unterangebot von 150.000 Tonnen ausgegangen. Gemessen an den gut gefüllten Lagern ist das noch nicht ausreichend, um die Preise nachhaltig zu stabilisieren. Mit der nun angekündigten Kürzung und gleichbleibendem Weltverbrauch würde die Nachfrage das Angebot im kommenden Jahr um 5% übersteigen. Das ist mehr als genug, um den Preis zu stabilisieren. Für Glencore ist nicht nur der Zinkpreis von Bedeutung. Ratingagenturen knüpfen ihr Rating unter anderem auch an den Kupferpreis. Auch hier kürzt Glencore seine Förderung. Mit einem Weltmarktanteil von 7% fällt das jedoch etwas weniger ins Gewicht als bei Zink. JFD Brokers Live und hautnah via JFD Desktop (exklusive Analysen und Live Trading TV) erleben.

Grafik 2 zeigt die größten Kupferproduzenten. Auf Platz 1 steht Codelco. Das Unternehmen ist im chilenischen Staatsbesitz. Dahinter folgt Freeport-McMoRan, der größte private Produzent. Freeport hatte bereits eine Produktionskürzung von 65.000 Tonnen angekündigt, doch eine Reduktion der Produktion um diese Menge ist für den Weltmarkt lediglich von symbolischer Bedeutung.

131015-Kupfer

Für viele Produzenten und Rohstoffhändler ist ein Kupferpreis von 2,4 bis 2,5 USD pro Pfund eine Notwendigkeit, um ihr Investment Grade Rating zu erhalten. Kupfer steht derzeit an der unteren Grenze dieser Preisspanne. Viele Produzenten haben einen enormen Anreiz die Preise zu stützen, koste es, was es wolle.

Ein Einzelunternehmen kann den Weltmarkt nicht ausreichend beeinflussen, um für nachhaltig steigende Preise zu sorgen. Die drohenden Abstufungen und der große Druck Kosten zu sparen dürften nicht nur Glencore und Freeport zu Kürzungen veranlassen. Das spricht für eine Stabilisierung der Preise.

Langfristiger Boden?

Rohstoffproduzenten und Anleger dürften gleichermaßen die Hoffnung auf einen langfristigen Boden hegen. Die Hoffnungen sind nicht vollkommen unbegründet, nachdem viele Rohstoffe seit den Hochs 2011 über 50% an Wert verloren haben.

Ein Preisrückgang von 50% allein macht noch keinen Boden. Nachdem z.B. Silber um 50% gefallen war, verlor der Preis noch einmal 40%. Im Gegensatz zu vielen anderen Rohstoffen war Silber nach der Halbierung des Preises kaum unterstützt. Bei vielen anderen Rohstoffen ist das heute anders. Charttechnisch sehen die meisten Werte interessant aus.

Wie es um den Gesamtmarkt steht zeigt Grafik 3. Abgebildet ist ein Rohstoffindex, der alle Rohstoffe – von Agrarprodukten über Energie bis hin zu Industriemetallen – beinhaltet. Die Rohstoffe sind dabei gleichgewichtet, um nicht dem wichtigsten Rohstoff (Öl) ein zu hohes Gewicht zu geben.

131015-RS-Index

Sowohl auf nominaler als auch auf realer Basis stehen Rohstoffe nahe ihrer Tiefs aus dem Jahr 2009. Wer etwas länger zurückblickt, der sieht, dass damit das Tief noch nicht gefunden sein muss. Um die Tiefs des letzten Rohstoff-Superzyklus (Bärenmarkt von 1981/82 bis 2000/01) auf realer Basis zu erreichen, müssten die Preise nochmals um 30% nachgeben. Sollen die nominalen Tiefs erreicht werden, steht nochmals eine Halbierung an.

Es ist keine Notwendigkeit, dass Rohstoffe diese Tiefs wieder erreichen. Sie könnten die Tiefs substantiell unterschreiten. Das klingt nicht besonders realistisch, bedenkt man, dass viele Produzenten ums Überleben kämpfen. Doch ein Blick auf die ultralange Preishistorie von Kupfer zeigt, wieso man ein solches Szenario nicht abschreiben darf.

Grafik 4 zeigt die Historie von Kupfer von 1800 bis 2015. Die großen zyklischen Tiefs seit Beginn der Zeitreihe zeigten immer wieder neue, tiefere Tiefs – zumindest auf realer Basis. Nominal zeigt sich seit 1932 ein großer Aufwärtstrend. Doch auch hier gilt: Kupfer hätte noch einmal 40% Luft nach unten und würde selbst dann noch im großen Aufwärtstrend seit 1932 laufen.

131015-Kupfer seit 1800

Noch ist ein solches Szenario nicht abzusehen. Es würde sich allerdings "anbieten." Der Comex Kupfer Preis erreicht den Aufwärtstrend bei ungefähr 1,20. Das entspricht auch dem Hoch aus dem Jahr 1988.

In diesen Tagen herrscht auf dem Rohstoffmarkt Aufbruchsstimmung. Das ist berechtigt. Kurzfristig sind Rohstoffe überverkauft. Die derzeit laufende Rallye kann mit größeren Rücksetzern noch eine ganze Weile andauern. Langfristig ist der Bärenmarkt noch nicht beendet. Anleger können trotzdem auf steigende Kurse bei Minenaktien und Rohstoffen setzen. Der Markt ist auf Sicht von Tagen heiß gelaufen. Größere Rücksetzer sind jedoch Kaufgelegenheiten. Denkbar wäre, dass wir eine große Bärenmarktrallye wie 1987/88 erleben (siehe Grafik 3). Rohstoffpreise haben demnach im Durchschnitt ein Aufwärtspotential von bis zu 50%.

Lars Gottwik

Partner & COO JFD Brokers
JFD Brokers – Just FAIR and DIRECT
www.jfdbrokers.com

Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse nicht investiert.